HÄUSER-AWARD 2015 - für die besten Um- und Anbauten

VPB vergibt Bauherrenpreise für individuelle Lösungen im Bestand

"Mit unserem Bauherrenpreis unterstützen wir nun schon im elften Jahr junge Familien auf ihrem Weg ins Eigenheim", erläutert Thomas Penningh, Präsident des Verbands Privater Bauherren (VPB) anlässlich der Verleihung des HÄUSER-Awards 2015. "Noch nie wurden in Deutschland so viele Immobilien aus Altersgründen vererbt und verkauft. Die neuen Besitzer, meist junge Familien, bauen sie um oder aus. Die Bauaufgaben Umbau und Erweiterung gewinnen für diese Bauherrengeneration zunehmend an Bedeutung."

"Die Erschließung immer neuer Baugebiete stößt auf Dauer an Grenzen. Deshalb liegt die Zukunft des privaten Bauens auch in der Erhaltung und Modernisierung des Bestandes. Mit unserem alljährlichen "Bauherrenpreis" möchten wir gerade junge Menschen zu individuellen Umbauten und Erweiterungen ermutigen", erläutert Architekt Thomas Penningh. Der Präsident des Verbands Privater Bauherren (VPB) ist Mitglied der Jury, die den renommierten HÄUSER-Award der Architekturzeitschrift "Häuser" verleiht. Seit 2005 gehört der VPB zu den Auslobern des Preises und vergibt zusätzlich jedes Jahr den mit jeweils 1.000 Euro dotierten VPB-Bauherrenpreis. Diesen Bauherrenpreis bekommen die jeweils ersten drei prämierten Bauherren – sofern sie nicht selbst die Architekten des Hauses sind.

"In einer Zeit, in der neun von zehn Bauherren ein schlüsselfertiges Haus kaufen, wollen wir zeigen, wie es anders und besser geht. Statt auf Standardlösungen zu setzen, sollten Bauherren den Mut haben, ihre Wohnträume mit dem eigenen Architekten zu realisieren und dazu dessen Know-how und individuelle Beratung nutzen. Mit dem HÄUSER-Award zeigen wir: Individuelles Bauen ist möglich, gerade im Bestand", erklärt Thomas Penningh.

Zum ersten Mal werden in diesem Jahr drei gleichrangige Sieger geehrt. Sie erhalten jeweils 5.000 Euro Preisgeld. Zusätzlich zeichnet der Verband Privater Bauherren jedes preisgekrönte Haus mit einer Prämie von 1.000 Euro aus, bei dem der Bauherr nicht zugleich Architekt ist.


Stadthaus in Heidelberg

Die Architekten Dea Ecker und Robert Piotrowski verwandelten ein Heidelberger Café aus den Fünfzigern in ein lichtes, großzügiges Stadthaus mit Platz zum Wohnen und Arbeiten, mit Hofgarten und Dachterrasse. Jedes Haus verdient eine zweite Chance, manches sogar eine dritte. Als die Architektin Dea Ecker vor einigen Jahren das ehemalige Café der Urgroßeltern in der Heidelberger Weststadt übernahm, stand sie vor einer riesigen Herausforderung: "Das Haus war in schlechter Verfassung und hatte kaum noch Ähnlichkeit mit den strahlenden Fotos aus der Erbauungszeit."

Dennoch entschlossen sich Ecker und ihr Partner Robert Piotrowski zum nochmaligen Umbau. Die Architekten dachten dabei an die perfekte zentrale Lage und sahen sofort das Potenzial des einstigen Gewerbebaus. "Wir wollten unser Architekturbüro im Vorderhaus unterbringen, zum ruhigen Hof hin aber als Familie ungestört wohnen."

Wie gut öffentliches und privates bei diesem Projekt tatsächlich zusammengehen, lässt sich bereits am schmalen Eingang in der Heidelberger Römerstraße ahnen. Durch ein kleines Schaufenster blicken wir ins Architekturbüro und gelangen durch einen schlauchartigen Raum, in dem früher Kuchen und Pralinen verkauft wurden, in den Besprechungsbereich und dann ins Hinterhaus. Schon an der Schwelle zwischen den Bauteilen zeigt sich die wunderbare Verwandlung des Wohntrakts. Wir sehen uns in Küche und Essbereich wieder der zweigeschossig in Glas aufgelösten Hoffassade gegenüber, die schon die historischen Fotos aus dem Familienalbum zierte. Und wir nehmen die wiederhergestellte Galerie wahr, den beachtlichen Luftraum, der gen Osten fast sechs Meter hohe Großzügigkeit schafft.

Über Terrazzostufen steigen wir hinauf ins Obergeschoss mit der lichtdurchfluteten Bibliotheksgalerie, an die sich kompakte Räume wie Kinder-, Gästezimmer und ein Bad anschließen. Eine feingliedrige Edelstahltreppe mit Oberlicht leitet uns weiter ins Dachgeschoss, das die Architekten mit sanfter Ironie als "Elternsuite" für sich in Anspruch nehmen. "Das Staffelgeschoss haben wir aufgestockt und damit das Quartier nachverdichtet", erklärt Robert Piotrowski. Die Wohnfläche konnte so auf familiengerechte 160 Quadratmeter erweitert werden. Die Eltern freuen sich oben neben Bad und Schlafnische über einen loungeartigen Bereich und die großzügige Dachterrasse.

alle Fotos: © HÄUSER / Zooey Braun

Stadthaus

  • Ecker Architekten, Römerstraße 29, 69115 Heidelberg
    Tel. 06221-32 19 77-0
  • Bauzeit: 2014 (Fertigstellung)
  • Wohnfläche: 160 m2, Nutzfläche: 23 m2, Büro/Archiv: 113 m2
  • Grundstücksgröße: 172 m2
  • Bauweise: massiv
  • Fassade: Putz, gefilzt
  • Dach: Flachdach
  • Raumhöhe: 2,12–5,75 m
  • Decken/Wände: Kalkputz, Holzpaneele, Glasfliesen
  • Fußboden: Terrazzo, Kautschuk, Glasfliesen
  • Energiekonzept: Fernwärme


Grundrisse finden Sie auf der Website der Zeitschrift "Häuser":
http://www.haeuser-award.de/.../downloads/Aufbruch%20statt%20Abbruch.pdf


Stadthaus in Paris: Aus einem Guss und tiefer gelegt

Das "Maison Clone" bei Paris besteht aus einem Alt- und einem Neubau, der sich in zwei Trakte teilt. Doch dank der Verkleidungskünste des Architekten Jacques Moussafir wirkt alles wie aus einem Guss. Der Planer hat bei der Erweiterung eines hundert Jahre alten Einfamilienhauses nordwestlich von Paris dem Altbau eine in Form und Farbe nahe Kopie gegenübergestellt und beide Gebäude zu einer Einheit verschmelzen lassen.

Als das Ehepaar Leguay das Haus mit einer Wohnfläche von 114 Quadratmetern kaufte, trug dieses noch die typischen roten Klinker. Nun sind sie schwarz, und die Wohnfläche hat sich mehr als verdoppelt. Moussafirs wichtigster Kunstgriff: Er senkte einen Großteil des Grundstücks ab und schuf so Platz für zusätzlichen Wohnraum im ehemaligen Keller des würfelförmigen Altbaus. Die Dachformen der drei Trakte wurden aufeinander abgestimmt. Außerdem verband der Architekt alle Teile des Hauses mit vertikalen, bis zum Boden reichenden Glasschlitzen.

Der Altbau mit seiner Grundfläche von sieben mal sieben Metern wurde entkernt, sein Fundament aus Naturstein erhalten, der Dachstuhl verändert und die Deckenhöhe für das Wohnzimmer, das sich dank der Vertiefung des Grundstückes nun quasi in der ersten Etage befindet, verdoppelt. In den beiden Kinderzimmern, die jetzt im Parterre liegen, wurden dagegen die kellertypischen Runddecken erhalten; Fenstertüren öffnen sich jeweils auf ein eigenes Holzdeck mit Blick in den Garten. Das Treppenhaus befindet sich im parallel zur Straße gebauten Quader und führt sowohl in die Räume des Altbaus als auch in die Split Level des Neubaus mit Keller, Küche und Elternschlafzimmer. Zusätzlich zu den Fenstern sorgen bis auf den Boden reichende Glaseinlässe für Tageslicht.

alle Fotos: © HÄUSER / Clément Guillaume

Stadthaus in Paris

  • Architekten: Moussafir Architectes Associés, 5, rue du Verbois, F-75003 Paris
  • Bauzeit:2010/2011 (Altbau 1920)
  • Wohnfläche: 232 m2, zusätzliche Nutzfläche: 118 m2
  • Grundstücksgröße: 300 m2
  • Baukosten: 360.000 Euro
  • Bauweise: Mauerwerk und Holzkonstruktion
  • Fassade: Klinker
  • Dach: Satteldach, zinkgedeckt
  • Decken/Wände: Betonsteine, Klinker, Putz
  • Fußboden: Estrich


Grundrisse finden Sie auf der Website der Zeitschrift:
http://www.haeuser-award.de/.../downloads/Gemischtes%20Doppel.pdf


Finca wird modernes Landhaus

Mit mutigen Eingriffen machten die Architekten? Bet Capdeferro und Ramon Bosch ein katalanisches Bauernhaus zur modernen Familienresidenz. Der ursprüngliche Charakter aber blieb bewahrt. Beim Umbau des alten Gehöfts nahe dem Dorf Santa Pau zeigt sich dieser Ansatz sowohl in der Form als auch in den Materialien. Der Quader, den die Architekten der Längsseite hinzufügten, spricht mit Zink, Glas und einem Tragwerk aus Metall ganz klar eine zeitgenössische Sprache.

Seine technisch anmutende Sachlichkeit kontrastiert mit den unregelmäßigen Natursteinmauern, die fast unangetastet blieben. Denn die neue Glasfront flutet den bestehenden Baukörper so üppig mit Sonne und Licht, dass die Eingriffe an den restlichen Außenwänden auf ein Minimum reduziert werden konnten. Sie wirken so trutzig wie vor 250 Jahren, als das Gehöft Pachtbauern Schutz vor Wetter und Wind bot.

Altbau gekonnt und dezent ergänzt

Das baufällige Dach hat man so erneuert, dass die alten Klosterziegel zuoberst, die neuen zuunterst liegen. Den ursprünglichen Charakter der Masía zu erhalten war aber nicht nur Auflage des Denkmalschutzes, sondern auch ein Herzensanliegen. Lediglich einen sichtbaren Kunstgriff gestatteten sich die Architekten im Originalbestand: Sie setzten schwarze Zinkleibungen in die Fensterhöhlen, sodass die Masía von weitem verlassen wirkt – was sie jahrzehntelang auch war.

Umbau bietet mehr Komfort
Auf die Idee, Gartenwege oder eine Zufahrt anzulegen, kamen weder Besitzer noch Architekten. "In der Garrotxa lebt man in der Natur: Das Grün ist hier üppig, der Wechsel der Jahreszeiten sehr eindrucksvoll – dem wollten wir so wenig Architektur wie möglich entgegensetzen", sagt Bet Capdeferro.

Bei allem Bekenntnis zur Reduktion: Auf zeitgenössischen Komfort mochten die Bewohner nicht verzichten. Im Innern sorgt eine Fußbodenheizung auch in kalten Winternächten für ein angenehmes Raumklima; Einbauschränke an der Nordwand dämmen das Gebäude zusätzlich und schaffen Platz, ebenso wie die in die Zwischenwände integrierten Regale. Ein einheitlicher Boden aus poliertem Beton, viel Weiß und warmes Eichenholz vermitteln ein unaufdringlich modernes Wohnambiente.

alle Fotos: © HÄUSER / Gunnar Knechtel

Modernes Landhaus

  • Architekten: Bosch.Capdeferro Arquitectures, Bet Capdeferro, Ramon Bosch, Carrer de la Força 19 1r 2a, E-17004 Girona
  • Bauzeit: 2010–11, Bestandsbau von 1769
  • Wohnfläche: 310 m2, Grundstücksgröße: 36 ha
  • Grundstücksgröße: 95 m2
  • Baukosten: 360.000 Euro
  • Bauweise: massiv (Bestand), Stahlkonstruktion (Anbau)
  • Fassade: Natursteinmauerwerk, Zinkverkleidung
  • Dach: Pult- und Flachdächer
  • Decken/Wände: Putz, Holzverkleidungen
  • Fußboden: polierter Beton
  • Energiekonzept: Ölheizung, Fußbodenheizung, thermische Solarkollektoren
  • Jahresheizwärmebedarf (Qh): 50 kWh/m2a
  • Jahresprimärenergiebedarf (Qp): 10 kWh/m2a


Grundrisse finden Sie auf der Website der Zeitschrift:
http://www.haeuser-award.de/.../downloads/Den%20Rahmen%20gesprengt.pdf


Leserpreis: Altbau in Köln

Der Leserpreis ging in diesem Jahr an einen geretteten Altbau in Köln

Blindwütige Modernisierungen hatten dem Haus des Kölner Architekten Johannes Götz zugesetzt. Wie der Planer mit Sorgfalt und Sensibilität einen Klassiker rettete, honorierten die HÄUSER-Leser.
http:/www.haeuser-award.de/content/geretteter-altbau-k%C3%B6ln

Der Interior-Preis wurde einer umgebauten Scheune in der Schweiz verliehen.
http://www.haeuser-award.de/content/umgebaute-scheune-der-schweiz