VPB-Sommerserie 2012 || "Damit Bauen nicht zum Albtraum wird" - Teil 2

VPB: Wer ist eigentlich wer am Bau?

BERLIN. Bauen ist ein emotionales Thema, dabei sollte es nüchtern betrachtet werden: Wer bauen will, braucht starke Nerven, ausreichend Kapital und vor allem gute Berater! Eines ist so wichtig wie das andere, denn beim Bauen geht immer etwas schief. Das liegt in der Natur der Sache. Ein Haus besteht aus tausenden von Einzelteilen, die hunderten von Vorschriften entsprechen müssen. Das geht nicht ohne Probleme! Aber zwischen dem echten "Pfusch" und dem Mangel, der passiert und anderentags wieder behoben wird, klaffen Welten. Schwerer Pfusch ist nach VPB-Erfahrung selten. Die kleinen Mängel, die die meisten Bauherren gar nicht bemerken, die verursachen den Ärger – sofern sie nicht beseitigt werden. Rechtzeitig erkannt und behoben werden Mängel aber nur, wenn jemand sich darum kümmert! Der Bauherr ist Laie und braucht deshalb seriöse, erfahrene und vor allem unabhängige Berater.

Freischaffende Architekten

Unabhängige Helfer am Bau sind die sogenannten freischaffenden Architekten, nicht zu verwechseln mit gewerblichen oder angestellten Planern, die oft im Dienst von Behörden oder auch Schlüsselfertigfirmen stehen. "Architekt" oder "Architektin" darf sich nur nennen, wer ein Fachstudium absolviert und praktische Erfahrung gesammelt hat. Danach kann er die Mitgliedschaft in der Architektenkammer beantragen und, sofern er zugelassen wird, die geschützte Berufsbezeichnung führen. Die Kammern kontrollieren die Planer und sorgen für deren Fortbildung. Freischaffende Architekten und beratende Ingenieure müssen sich auch haftpflichtversichern.

Schlüsselfertiganbieter

Aus Sorge ums Geld, oder weil sie in ihrer Kommune als private Bauherren kein Neubauland angeboten bekommen, entscheiden sich viele Bauherren heute für ein Schlüsselfertigobjekt. Die Anbieter solcher Häuser werben mit "Festpreisen" und festen Einzugsterminen. Nahezu drei Viertel aller Neubauten heute sind Schlüsselfertighäuser. Die Schlüsselfertiganbieter unterteilen sich in drei Gruppen: Die Bauträger (BT), die Generalunternehmen (GU) und die Generalübernehmer(GÜ).

Was viele nicht wissen: Als Schlüsselfertigerwerber haben sie nicht die gleichen Möglichkeiten wie ein Bauherr, der auf eigenem Grundstück mit eigenem Architekten baut. Der Erwerber kann beispielsweise keinen direkten Einfluss auf den Bauablauf nehmen. Stellt er bei einem Besuch auf der Baustelle fest, dass die Fenster falsch montiert wurden oder der verkehrte Dämmstoff eingebaut wird, so kann er die Handwerker und Subunternehmer nicht einfach anweisen, den Mangel zu beheben, sondern er muss sich an den Schlüsselfertiganbieter wenden, der dann – hoffentlich – alles weitere veranlasst.

Auch der "Bauleiter", der von Rechts wegen den Bau betreut und für die Sicherheit der Baustelle Verantwortung trägt, steht im Dienst und Lohn des Schlüsselfertiganbieters und nimmt vom Käufer keine Anweisungen entgegen.

Bauträger

Bauträger stellen innerhalb der Schlüsselfertiganbieter eine eigene Gruppe dar. Typisch für ihr Geschäftsmodell: Sie verkaufen stets Grund und Objekt aus einer Hand, also immer Grundstück, schlüsselfertigen Neubau, sanierten Altbau oder Eigentumswohnung zusammen. Bauträger unterliegen der sogenannten Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) und Bauträgerverträge müssen notariell beurkundet werden. Der Bauträger übernimmt sämtliche Arbeiten, von der Planung über die Einholung aller Genehmigungen bis hin zum schlüsselfertigen Objekt. Der Käufer zahlt von Beginn an Abschläge gemäß einem vertraglich vereinbarten Zahlungsplan und wird erst nach Fertigstellung und Bezahlung des Objekts dessen Eigentümer. Wichtig ist dabei: eine Insolvenz des Schlüsselfertiganbieters ist immer teuer und kompliziert, eine Bauträgerinsolvenz kann aber zum völligen finanziellen Desaster führen. Deshalb: keinesfalls Vorkasse leisten, denn wenn der Unternehmer insolvent wird, ist das bereits gezahlte Geld verloren.

Wie bei allen Schlüsselfertiganbietern kommt es darauf an, was im Bauvertrag vereinbart wird. Dies schuldet der Bauträger – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Da der Bauträger auf seinem eigenen Grundstück baut - im Gegensatz zu GÜ und GU, die auf den Grundstück des Kunden bauen - ist der Bauträger auch offiziell der Bauherr. Das bedeutet: Im schlimmsten Fall kann der Bauträger dem Käufer sogar das Betreten der Baustelle verbieten – und zwar bis zur offiziellen Übergabe an den Käufer.

Generalunternehmer und Generalübernehmer

Wer ein eigenes Grundstück besitzt, aber nicht selbst bauen und Firmen beauftragen will, der beauftragt einen Generalunternehmer (GU) oder einen Generalübernehmer (GÜ). Der GU bietet alle Leistungen aus einer Hand. Meist übernimmt er selbst den Rohbau und vergibt alle weiteren Gewerke an sogenannte Nach- oder Subunternehmer. Der GÜ dagegen versteht sich lediglich als Koordinator, er baut nicht selbst, sondern vergibt und koordiniert sämtliche Bau- und Ausbauarbeiten bis zum schlüsselfertigen Objekt. Meist planen Generalunter- und -übernehmer auch für den Bauherrn. Manche sprechen dann vom Totalunter- und –übernehmer.

Wie bei allen Schlüsselfertigobjekten schulden GU und GÜ dem Bauherrn nur, was die beiden vertraglich vorab vereinbart haben. Kontroversen gibt es bei allen Arten des Schlüsselfertigbaus immer wieder. Klassischer Streitpunkt ist der Begriff "schlüsselfertig". Er ist gesetzlich nicht definiert. Der Bauherr, meist ein Laie, interpretiert den Begriff "schlüsselfertig" in der Regel als "bezugs- und gebrauchsfertig". Tatsächlich schuldet der Schlüsselfertiganbieter aber nur, was im Bauvertrag vereinbart wurde. Da beide Parteien Vertragsgestaltungsfreiheit genießen, können sie festlegen, was der Vertrag enthalten soll.

Damit sind viele Bauherren nach VPB-Erfahrung überfordert. Sie lassen sich deshalb häufig auf die Vertragsentwürfe der Bauunternehmen ein und stellen erst später fest, dass sie nicht nur erhebliche Zusatzzahlungen leisten müssen, sondern auch, dass im Prospekt angepriesene Festpreise und versprochene Einzugstermine reine Werbung waren und mit der Realität nichts zu tun haben. Nach VPB-Erfahrung kommen Schlüsselobjekte im Durchschnitt 25.000 Euro pro Objekt teurer, als im Prospekt versprochen. Und Verzögerungen beim Einzug von 24 Monaten und mehr sind auch keine Seltenheit. Beides kann passieren, wenn der Bauherr sich nicht rechtzeitig Rat holt. Wie bei allen Investments, so muss er auch beim Hausbau und Hauskauf seine Interessen selbst wahrnehmen und prüfen, was er vertraglich vereinbart. Dabei unterstützt ihn der unabhängige Bausachverständige und Bauherrenberater.

Bausachverständige und Bauherrenberater

Bauherrenberater begleiten den Käufer von Beginn an durchs Baugeschehen. Sie unterstützen ihn bereits bei der Vertragskontrolle und den nötigen Vertragsverhandlungen. Sie übernehmen die laufende Qualitätskontrolle auf der Baustelle und prüfen immer wieder bei Ortsterminen, ob das entstehende Gebäude auch tatsächlich den Vorgaben im Bauvertrag wie auch den geltenden Gesetzen und Vorschriften entspricht. Läuft dabei etwas aus dem Ruder, klärt das der Bausachverständige mit dem Schlüsselfertiganbieter und prüft später auch, ob der entdeckte Mängel tatsächlich behoben wurde.

"Baubegleiter" ist keine geschützte Berufsbezeichnung, deshalb gibt es auf diesem Sektor auch selbst ernannte "Experten". Hilfreich für Hausbesitzer und Bauherren ist die Definition, die die KfW vorgibt: Sie bezuschusst sogar die "Baubegleitung" bei bestimmten Programmen, etwa der energetischen Sanierung und dem barrierefreien Umbau. Die KfW akzeptiert als "Baubegleiter" vor allem Architekten und Ingenieure, die gemäß Energieeinsparverordnung EnEV Energieausweise berechnen dürfen, beispielsweise die VPB-Bauherrenberater.

Baubetreuer und Projektsteuerer

Baubetreuer und Projektsteuerer, früher eher Partner von Großinvestoren, umwerben zunehmend auch private Bauherren. Ihr Angebot zur "schlüsselfertigen Erstellung" eines Wohnhauses klingt verlockend, führt aber häufig zu Ärger, weiß der VPB. Ursache dieser Streitigkeiten sind die komplexen Verträge, die Projektsteuerer und Baubetreuer den Bauherren anbieten. Sie bestehen in der Regel aus einer Bauleistungsbeschreibung sowie einem Bauleistungsvertrag, der die verschiedenen Gewerke aufzählt. Vertrags-partner wird allerdings nicht ein Bauträger oder Generalunter- oder -übernehmer, sondern der für das einzelne Gewerk zuständige Handwerker. Der Bauherr kettet sich damit also nicht nur an den Baubetreuer, sondern zusätzlich an eine Vielzahl von Handwerkern, die er nicht einmal selbst ausgesucht hat. Daraus ergeben sich nach VPB-Erfahrung viele und schwerwiegende Probleme: Das ist nicht im Sinne des Bauherrn, der ja Zeit und Nerven sparen und die Arbeit delegieren möchte. Auch hier ist es deshalb wichtig, den unabhängigen Sachverständigen hinzuziehen, der den Vertrag prüft und den Bau laufend überwacht.


Die nächsten Folgen der VPB-Sommerserie 2012 erscheinen am:
Teil 3 am 15. August: Die laufende Baukontrolle
Teil 4 am 29. August: Die Bauabnahme
Teil 5 am 12. September: Die Nachbegehung