VPB-Experteninterview
Der Bauvertrag
Sie sind entschlossen zu bauen! Die Finanzierung steht! Ein Grundstück haben Sie auch schon oder zumindest in Aussicht. Jetzt heißt es: Loslegen! Aber bevor Sie bauen müssen Sie sich für einen oder mehrere Baupartner entscheiden und dann die entsprechenden Bauverträge unterzeichnen.
Seit Anfang 2018 gibt es das neue Bauvertragsrecht. Es bringt gerade privaten Bauherren Vorteile, die schlüsselfertig bauen, es hat aber auch Haken und Ösen, die Sie kennen sollten. Außerdem halten sich nicht alle Firmen an die neuen Gesetze. Hier erklären wir Ihnen, worauf Sie beim Abschuss Ihres Bauvertrags achten müssen. Bei der Beurteilung des Bauvertrags unterstützt Sie Ihr VPB-Berater. Am besten, Sie beziehen ihn von Anfang an in Ihre Überlegungen mit ein. So vermeiden Sie voreilige Entscheidungen, Missverständnisse und unnötige Mehrausgaben. Lassen Sie Ihren Bauvertrag in jedem Fall vor der Unterschrift von Ihrem Sachverständigen prüfen!
Schlüsselfertig oder mit eigenem Architekten?
Neun von zehn Bauherren entscheiden sich heute für ein schlüsselfertiges Objekt. Das heißt, sie planen und bauen nicht mit dem eigenen freien Architekten, sondern delegieren Ihren Hausbau an eine Baufirma, die ihn schlüsselfertig errichtet. Das A und O des Schlüsselfertigbaus ist der Bauvertrag. Wenn sich ein Verbraucher ein komplettes Haus von einem einzigen Unternehmer bauen lässt, handelt es sich um einen sogenannten Verbraucherbauvertrag.
Vertragsgestaltungsfreiheit meist nur Theorie
Bauherren schließen ihren Bauvertrag mit der Baufirma ihrer Wahl ab. Der Bauvertrag sollte alles beinhalten, was die Bauherren sich wünschen und wie die Baufirma dies umzusetzen gedenkt. Beim Schlüsselfertigbau genießen Bauherren und Baufirmen Vertragsgestaltungsfreiheit. Sie können den Hausbau bis in die Materiealien und Details hinein genau vertraglich festschreiben. Zumindest theoretisch. In der Praxis sieht das dann oft ein bisschen anders aus: Die Baufirmen machen Vorgaben in Form einer Baubeschreibung und die Bauherren sollen diese nach Möglichkeit auch genauso annehmen. Änderungswünsche kosten in der Regel viel Geld. Wer viele individuelle Wünsche hat, sollte erwägen, mit dem eigenen freien Architekten zu bauen.
Beim Architekten bestimmen Sie, was passiert
Und so funktioniert das beim Architektenhaus: Sie suchen sich einen Architekten, der Ihren Hausbau für Sie übernimmt und schließen mit ihm einen Architektenvertrag. Gemeinsam mit Ihrem freien Architekten planen Sie Ihr individuelles Haus. Der Architekt zeichnet die Pläne, gibt die Berechnungen in Auftrag und sorgt dafür, dass die Behörde erforderliche Genehmigungen erteilt. Danach plant er das Haus im Detail und schreibt die einzelnen Gewerke aus. Verschiedene Fachfirmen geben ihre Angebote ab. Sie als Bauherren entscheiden dann, beraten von Ihrem Architekten, welche Firma Sie letzten Endes beauftragen. Ihr Architekt betreut und kontrolliert den Bau für Sie bis zum Einzug und darüber hinaus. Er ist Ihr Sachwalter und vertritt allein Ihre Interessen gegenüber Behörden und Baufirmen.
Beim Schlüsselfertighaus übernimmt in der Regel der Schlüsselfertiganbieter auch die Architektenleistungen jedenfalls bis zur Genehmigungsplanung und diese werden durch angestellte oder von ihm regelmäßig beauftragte Architekten erbracht. Seltener brauchen Sie am Anfang einen freien Architekten, der für Sie Planung bis zur Baugenehmigung übernimmt. Oft wird das Planungsbüro von der Baufirma empfohlen. Sie können es sich aber auch selbst aussuchen, sofern Sie dies mit der Baufirma vereinbaren.
So machen es die meisten Bauherren
Die meisten Bauherren suchen sich heute ihr Haus im Katalog, auf einer Musterhausausstellung oder im Internet aus und beauftragen dann das Unternehmen, das Objekt für sie zu bauen. Einmal ganz abgesehen davon, dass es sinnvoller ist, zunächst zu klären, ob das Haus überhaupt auf das eigene Grundstück passt und der gültige Bebauungsplan es zulässt, hat das schlüsselfertige Bauen Vor- und Nachteile. Ein Vorteil: Sie müssen sich nicht mit verschiedenen Fachfirmen auseinander setzen, das macht der Schlüsselfertigunternehmer, der als Generalunternehmer fungiert. Der Nachteil: Sie haben auch keinen Einfluss darauf, welche Subunternehmer Ihr Schlüsselfertigunternehmer für Ihr zukünftiges Haus an Land zieht. Unserer Erfahrung nach nehmen es manche Baufirmen gerade in Bauboom-Zeiten nicht so genau mit der Qualität, Hauptsache, es wird gebaut. Da muss jeder ran, der den sprichwörtlichen Hammer halten kann. Das ist so aber nicht unbedingt in Ihrem Sinne. Sie haben das Recht auf Qualität und ein mängelfreies Haus. Lassen Sie deshalb am Anfang unbedingt den Bauvertrag von Ihrem VPB-Sachverständigen prüfen und später den Baufortschritt regelmäßig kontrollieren.
Am Anfang steht immer die Baubeschreibung!
Nehmen wir an, Sie haben sich für ein Musterhaus oder ein Haus aus dem Katalog entschieden, das Ihnen gefällt. Sie waren außerdem beim Bauamt und sich erkundigt, ob das Haus in seiner Form und Dimension auch auf ihrem Grundstück gebaut werden darf. Mit Ihrer Bank haben Sie verschiedene Finanzierungsmodelle besprochen. Sie wissen auch: Zum Hauspreis kommen noch allerlei Nebenkosten hinzu, wie etwa die Grunderwerbsteuer oder die Gebühren von Notar und Grundbuchamt. Von eventuellen Extras, die Sie noch ordern, ganz zu schweigen.
Lassen Sie sich als nächstes von der Baufirma eine Baubeschreibung des Hauses geben. Seit 1. Januar 2018 schreibt das neue Bauvertragsrecht für alle ab diesem Zeitpunkt geschlossenen Verbraucherbauverträge, bei denen für den Verbraucher kein von ihm beauftragter Architekt die wesentlichen Planungsvorgaben macht diese Baubeschreibung verbindlich vor. Ihre Baufirma kann sich also nicht weigern, Ihnen eine Baubeschreibung zu übergeben. Und zwar vor Vertragsschluss! Schließlich müssen Sie ja wissen, was das Hausangebot alles beinhaltet.
Der Gesetzgeber hat auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ganz klar geregelt, was in der Baubeschreibung alles enthalten sein muss. Dazu gehören neben der Beschreibung des Bauwerks an sich auch Hinweise zu manchen Kostenrisiken und zum Einzugstermin. Auch hier müssen Sie sich nicht mit weniger zufrieden geben. Vor allem sollten Sie sich nicht mit alten Baubeschreibungen abspeisen lassen, die noch aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des neuen Bauvertragsrechts stammen!
Baubeschreibung prüfen lassen!
Die Baubeschreibung ist die Grundlage des Bauvertrags, den Sie mit der Baufirma schließen. Sie sollten also wirklich wissen und auch in allen Konsequenzen verstanden haben, was in der Baubeschreibung steht und was das im Einzelnen für Sie bedeutet. Fragen Sie dazu Ihren VPB-Berater! Die Beurteilung der Baubeschreibung und des Bauvertrags gehören zu den täglichen Aufgaben der VPB-Experten.
Sie müssen wissen, wann Sie einziehen können!
Ganz wichtig ist zum Beispiel der Einzugstermin. Den müssen Sie als Bauherren kennen, schließlich müssen Sie Ihre alte Wohnung rechtzeitig kündigen und den Umzug planen. Da brauchen Sie verlässlich Daten. Mit dem neuen Bauvertragsrecht müssen die Baufirmen nun einen Termin nennen, nicht unbedingt ein konkretes Datum, aber doch zumindest eine bestimmte Bauzeit. Leider versuchen viele Firmen, das auch gleich wieder auszuhebeln, indem sie sich die Verlängerung der Bauzeit unter bestimmten Bedingungen vorbehalten. Das steht in der Regel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also im Kleingedruckten. Laien erkennen solche juristischen Finessen oft nicht. Ein wichtiger Grund also, Ihren VPB-Berater frühzeitig über den Entwurf schauen zu lassen!
Ein weiterer wichtiger Teil des Baubeschreibung sind die sogenannten Unwägbarkeiten. Das können zum Beispiel unbekannte Bodenverhältnisse sein. Meist weiß am Anfang noch niemand, was auf ihn zukommt, wenn er mit dem Aushub beginnt: Fels? Wasser? Sand? Je nach Bodenbeschaffenheit müssen aber Aushub und Gründung ganz unterschiedlich geplant und ausgeführt werden. Die Kosten differieren entsprechend. Drückendes Grundwasser hat schon manche Finanzierungsplanung über den Haufen geworfen. Bauherren müssen als frühzeitig wissen, welche Probleme noch nicht geklärt sind und welche Zusatzkosten eventuell noch auf sie zukommen könnten. Lassen Sie sich von Ihrem VPB-Berater die Unwägbarkeiten, ihre Konsequenzen und mögliche Aufklärungsmaßnahmen wie die Anfertigung eines Bodengutachtens erläutern!
Widerrufsrecht für den Notfall
Da neue Bauvertragsrecht räumt Ihnen als Verbraucher auch ein Widerrufsrecht ein. Es gilt speziell für Verbraucherbauverträge. Der liegt immer dann vor, wenn private Bauherren mit einem Unternehmer einen Vertrag über die Errichtung eines neuen Gebäudes schließen oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude vereinbaren. Das Widerrufsrecht kann auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden! Es soll Sie als Bauherren vor übereilten Vertragsabschlüssen schützen, etwa, wenn Sie erst nach der Unterzeichnung des Bauvertrags feststellen, dass das bestellte Haus doch nicht auf Ihrem Grundstück realisiert werden kann, weil es zum Beispiel mit dem gültigen Bebauungsplan nicht vereinbart ist. Das Widerrufsrecht ist allerdings an Bedingungen und Verfahren geknüpft, die es kompliziert machen. Besonders schwierig wird es, den Vertrag zu widerrufen, wenn die Baufirma schon mit dem Bauen begonnen hat. Dann müssen Sie eventuell Wertersatz leisten. Deshalb rät der VPB dazu, das Widerrufsrecht wirklich nur im Notfall zu nutzen. Besser ist, es von Anfang an alles sorgfältig zu planen, dann ist ein Widerruf auch nicht nötig.
Abschlagszahlungen bei Verbraucherbauverträgen auf 90 Prozent begrenzt
Streit gibt es beim Bauen immer wieder ums Geld. Deshalb werden in den Bauverträgen Zahlungspläne vereinbart, die bestimmte Abschlagszahlungen für bestimmte Bauabschnitte vorsehen. Für Sie als Bauherren ist es wichtig, dass die Zahlungspläne realistisch sind und dem tatsächlichen Baufortschritt entsprechen. Sind die Abschläge am Anfang zu hoch, leisten Sie unfreiwillig Vorkasse. Im Fall einer Insolvenz haben sie dann mehr bezahlt, als der Gegenwert Ihres Rohbaus. Das überzahlte Geld ist dann meist verloren. Davor kann Sie nur die bausachverständige Einschätzung ihres Beraters schützen, der Abschläge und Bautenstände an Hand von Zahlungsplan und Baubeschreibung in Relation setzen kann.
Aber oft sind nicht alle Leistungen zur Abnahme fertig oder mangelfrei erbracht. Damit Sie am Ende des Bauvorhabens nicht schon durch den Zahlungsplan übervorteilt werden, wurden im neuen Bauvertragsrechts die Abschlagszahlungen an den Bauunternehmer auf maximal 90 Prozent des Werklohns begrenzt. Die übrigen zehn Prozent bleiben bei Ihnen als Bauherren, bis der Bau tatsächlich mängelfrei und fertig ist. Und das zusätzlich zur Fertigstellungssicherheit von fünf Prozent, die es nach altem Recht schon gibt und die für den Verbraucherbauvertrag beibehalten wird.
Eigene Bauunterlagen und Pläne sind unentbehrlich!
Das war ein Unding: Bis zur Einführung des neuen Bauvertragsrechts am 1.1.2018 hatten Bauherren kein Recht auf die Herstellung und Übergabe eigener Pläne. Viele standen tatsächlich zum Schluss ohne eigene Bauunterlagen da und konnten nicht einmal gegenüber dem Bauamt belegen, dass ihr Haus geltendem Recht entspricht. Das wurde im neuen Bauvertragsrecht geändert! Sie als Bauherren haben jetzt das Recht auf die Herstellung und Herausgabe von Bauunterlagen. Für alle Verbraucherbauverträge und Bauträgerverträge, die ab dem 1. Januar 2018 geschlossen werden, gilt: Schlüsselfertigfirmen müssen für Bauherren, die keinen eigenen Architekten beauftragt haben, die für den Bau nach öffentlichem Recht nötigen Pläne und Berechnungen erstellen und sie den Bauherren übergeben.
Sie brauchen Grundrisse, Ansichten, Schnitte, Details, Statik, Wärmeschutznachweis, Baugrundgutachten und vieles mehr aus zwei Gründen: Zum einen müssen Sie im Vorfeld prüfen (lassen) können, ob Ihr geplantes Haus überhaupt geltendem Recht, den anerkannten Regeln der Technik und auch den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Zum anderen müssen Sie jederzeit, auch noch Jahrzehnte nach dem Einzug, den Behörden gegenüber belegen können, dass Ihre Immobilie geltendem Recht entspricht.
Leider ist auch die an sich verbraucherfreundliche Neuregelung nicht ohne Probleme: zunächst umfasst der Anspruch nur Unterlagen, die Nachweise für die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Anforderungen und – sofern der Unternehmer beim Bauherren berechtigte Erwartungen geweckt hat, das Haus werde Förderbedingungen erfüllen - auch solche Nachweise, die Förderinstitute wie die KfW verlangen. Immer wieder gibt es Streit darüber, welche Pläne nun nötig sind und welche nicht. Mitunter sind im Vertragsentwurf auch nämlich falsche Unterlagen aufgelistet, die die Bauherren gar nicht brauchen, während andere, wichtige, fehlen. Bis das dann geklärt ist, geht viel Zeit verloren. Auch deshalb ist es wichtig, den Bauvertrag vor der Unterschrift vom VPB-Berater prüfen zu lassen! Dabei fallen solche Lücken und Probleme rechtzeitig auf.
Einseitiges Anordnungsrecht – ein zweischneidiger Joker
Das neue Bauvertragsrecht sieht auch ein einseitiges Anordnungsrecht für private Bauherren vor. Weil ein Bau eine Zeit lang dauert, ändern Bauherren manchmal während der Bauzeit ihre Pläne. Neue Ideen entwickeln sich, die schnell noch umgesetzt werden sollen. Schließlich baut man ja nur einmal … Bauherren können jetzt per Anordnung Abweichungen vom Bauvertrag sogar gegen den Willen des Vertragspartners durchsetzen. Das klingt zunächst gut, ist aber ein zweischneidiges Schwert, denn das einseitige Anordnungsrecht wurde nämlich für Großprojekte entwickelt, wo Änderungswünsche an der Tagesordnung sind, und nicht für private Einfamilienhausbaustellen. Es ist komplex und wird sich nach Ansicht vieler Experten wohl zum größten juristischen Kampfplatz bei Großbaustellen entwickeln. Private Bauherren sollten darauf verzichten. Lesen Sie hier, warum das so ist.
Der Bauvertrag ist der wichtigste Vertrag, den Sie beim Bauen abschließen. Er sollte also alles enthalten, was für Sie wichtig ist. Das neue Bauvertragsrecht bringt Ihnen neue Rechte und auch mehr Transparenz, aber es ist keine Garantie für sorgloses Bauen! Schon versuchen erste Firmen, die neuen Verbraucherrechte zu unterlaufen, teils aus Unwissenheit, teils aber auch, weil die Nachfrage so groß ist, dass sie glauben, sich das erlauben zu können. Bleiben Sie als Bauherren wachsam und lassen Sie sich nicht auf faule Kompromisse ein. Wenn eine Firma versucht, Sie zu übervorteilen, dann überlegen Sie genau, ob Sie sich auf solche Praktiken wirklich einlassen wollen! Was ist das für ein Unternehmen, das Ihre Rechte wissentlich ignoriert? Wollen Sie dem Ihr Geld anvertrauen? Wird diese Firma tatsächlich Ihre Wünsche umsetzen? Und selbst wenn Sie sich trotz alle Widrigkeiten zum Vertragsabschluss entschließen, lassen Sie Ihren VPB-Berater den Vertrag vorher genau prüfen, damit Sie wissen, worauf Sie sich im Detail einlassen!
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... zum Hausbau, zum Bauvertrag, der laufenden Baukontrolle, der Sanierung eines Altbaus oder der energetischen Sanierung? Lesen Sie hier, wie Sie Barrieren von vornherein vermeiden oder später gezielt abbauen. Wir unterstützen Sie auch, wenn Sie eine Eigentumswohnung kaufen möchten. Und wir beraten und betreuen Eigentümergemeinschaften während der Bauzeit ebenso wie bei den später anstehenden Sanierungen - schließlich müssen die Wohnanlagen laufend gut in Schuss gehalten werden, damit sie ihren Wert nicht verlieren.