Wegweisende Urteile

Interessante Urteile in alphabetischer Reihenfolge

A
Abnahme - ETW

Probleme mit dem Erstverwalter

Regelt der Bauträger in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), dass der Erstverwalter eines Bauträgerobjektes das Gemeinschaftseigentum abnimmt, so sind diese AGB unwirksam. Das hat der BGH mit Urteil vom 12. September 2013 zum Aktenzeichen VII ZR 308/12 entschieden (Leitsatz 1).

Warum das? Bauen Bauträger Wohneigentumsanlagen, beauftragen sie in der Regel auch den ersten Verwalter. Der Erstverwalter ist also mit dem Bauträger zumindest geschäftlich verbunden. Dadurch könnte seine Objektivität beeinträchtigt sein. Es besteht die Gefahr, dass er die Abnahmefähigkeit des Gemeinschaftseigentums nicht neutral prüft (Randziffer 8). Die Folge: Die durch diesen Erstverwalter erklärte Abnahme wirkt nicht für und gegen die Erwerber der Eigentumswohnungen. Da aber alle davon ausgehen, die Abnahme sei erfolgt, kommt auch keine andere Art der Abnahmeerklärung in Betracht, etwa durch anstandslose Zahlung des Restwerklohns. Ohne Abnahme aber beginnt die Verjährung der Gewährleistungsrechte nicht einmal zu laufen! Solange die Bauträgerfirma existiert, ist das ein sehr vorteilhafter Zustand für die Wohnungseigentümergemeinschaft. 

VPB-Fazit: Viele ähnliche Abnahmeregelungen sind von der Rechtsprechung ebenfalls als unwirksam angesehen worden. Daher lohnt sich für viele Wohnungseigentümer auch nach dem vermeintlichen Ablauf der Verjährungsfrist noch, bei jedem Mangel am Gemeinschaftseigentum nochmal zu prüfen, ob die Abnahme desselben durch einen Vertreter auch tatsächlich eine echte Abnahme war oder nicht. Unter Umständen ist der Bauträger noch lange in der Pflicht - sofern er noch am Markt ist und nicht insolvent.

Abwasserleitungen

Abwasserleitungen über Nachbargrundstück können Mangel darstellen!

Manchmal geht es gar nicht anders, manchmal ist es einfach nur billiger: Der Anschluss eines Hauses an öffentliche Medien wie Frischwasser, Abwasser, Gas, Fernwärme, Strom und Telefon wird nicht immer baulich auf dem Grundstück realisiert, zu dem auch das betreffende Haus gehört.

Das OLG Düsseldorf hat am 9. 7. 2013 im Fall zum Aktenzeichen 21 U 125/12 entschieden, dass die Abwasserleitungsführung über das Nachbargrundstück einen Werkmangel darstelle. Der Bauträger muss nun die Entwässerung so herstellen, dass sie über das eigene Grundstück der Bauherren in das öffentliche Netz führt. Der Fall hatte aber einige Besonderheiten aufzuweisen. Das OLG Düsseldorf weist selbst deutlich darauf hin, dass die Entscheidung wesentlich auf dem Fehlen konkreter vertraglicher Bestimmungen und sonstiger Anhaltspunkte beruhe und grenzt den Fall insofern auch von zwei anderen OLG-Entscheidungen aus München und Koblenz ab.
a) Keine vertragliche Regelung zur Abwasserführung über das Nachbargrundstück erkennbar
Hätte sich aus dem Bauträgervertrag klar ergeben, dass die Abwasserleitung über das Nachbargrundstück geführt werden soll, wäre der Fall womöglich anders entschieden worden.

b) Verlegung der Abwasserleitung über Nachbargrundstück nicht ortsüblich
Wäre die Verlegung über das fremde Grundstück ortsüblich gewesen, hätte immer noch eine vertragsgemäße Leistung vorgelegen; so hatte das OLG München in seinem Fall am 17. 5. 2005 zum Aktenzeichen 9 U 1777/03 für Recht erkannt. Die Ortsüblichkeit verneinte das OLG Düsseldorf hier aber und stützte sich dabei vor allem auf die einschlägige Gemeindesatzung. Diese sah als Regel vor, dass eine Abwasserführung nur auf eigenem Grund zu erfolgen habe; wenn ausnahmnsweise eine über fremden Grund erfolge, müsse diese aber zuerst so weit wie irgend möglich über eigenen Grund laufen.

c) Verlegung der Abwasserleitung über Nachbargrundstück wegen Lage nicht notwendig
Auch ohne deutlichen Vertragshinweis oder Ortsüblichkeit wäre ein Mangel der Werkherstellung noch verneinbar gewesen, wenn klar ersichtlich gewesen wäre, dass nach Lage des Grundstückes dieses nur über ein fremdes Grundstück an das öffentliche Netz hätte angeschlossen werden können. Allerdings hatte das Grundstück der Kläger direkten Straßenanschluss, eine Führung der Abwasserleitungen erst über das Nachbargrundstück und von dort mit zwischengeschalteter Hebeanlage in dieselbe Straße drängte sich daher nicht auf.

d) Grunddienstbarkeit zur Sicherung der Abwasserführung über Nachbargrundstück nicht immer tauglicher Ersatz
Der Bauträger hatte allerdings dafür gesorgt, dass die Leitungsführung über das fremde Grundstück mit einer Grunddienstbarkeit abgesichert worden war. Fehlt eine solche rechtliche Absicherung, liegt ein Mangel vor, so schon das OLG Koblenz mit Urteil vom 26. 2. 2002 zum Aktenzeichen 3 U 498/01. Der Bauträger war der Ansicht, solange eine solche Grunddienstbarkeit vorliege, könne daher von einem Mangel keine Rede sein. Das OLG Düsseldorf folgte dem nicht, denn der Fall wies noch die Besonderheit auf, dass auf dem fremden Grundstück auch noch eine Hebeanlage eingebaut war, die für die ordnungsgemäße Abwasserentsorgung notwendig war. Die Wartung, Instandhaltung und auch die möglicherweise später erforderlich werdende Erweiterung oder Umgestaltung der Hebeanlage, unterlagen aber mangels hinreichender Vereinbarungen dazu hier nicht der hinreichenden Kontrolle und Mitbestimmung der Kläger.

VPB-Fazit: Man muss also sehr genau hinsehen, bevor man eine Leitungsführung über fremde Grundstücke als Mangel einordnet. Vor allem besteht bei Hinterliegergrundstücken ein zwingendes Bedürfnis dafür, aber eine gemeinsame Entsorgung kann auch wirtschaftlich im Betrieb günstiger sein. Wichtig ist bei Gemeinschaftsanlagen aber, dass der reibungslose Betrieb, angefangen von der Wartung bis zur baulichen Veränderung, ebenso wie die Kostentragung dafür klar und rechtswirksam geregelt sind. Das ist aber durchaus nicht immer so. Vor allem, wenn verschiedene Wohnungseigentümergemeinschaften solche Anlagen betreiben, können dann große Schwierigkeiten auftreten, die eine sinnvolle Verwaltung blockieren. Deswegen sollte man ruhig überlegen, ob eine teurere, aber dafür vollständiger der eigenen Kontrolle unterliegende Anlagentechnik nicht den Vorzug verdient. Allerdings bleiben so umweltfreundliche Quartierslösungen auf der Strecke.

Bestätigt sich der Verdacht auf Altlasten, erstreckt sich die Haftung in der Regel auch auf die Altlast selbst

Beim Verkauf gebrauchter Immobilien kann die Gewährleistung für Mängel recht weitgehend ausgeschlossen werden. Das gilt aber nicht, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, § 444 BGB. Bei der zunehmenden Nachverdichtung und Flächenkonversion werden zwangsläufig immer wieder Grundstücke veräußert, in denen Altlasten liegen oder bei denen wenigstens der Verdacht besteht, sie könnten Altlasten enthalten. Gesundheitsgefährdungen und Sanierungskosten können private Bauherren als Erwerber dabei außerordentlich schwer treffen.  Der BGH hat am 22. 11. 2022 mit dem Urteil zum Aktenzeichen V ZR 213/21 seine Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex auf den Stand gebracht.

 

1. Er bestätigt zunächst seine Linie, nach der ein Verkäufer gegenüber Interessenten nicht nur ungefragt sein Wissen um eine Altlast offenbaren muss, sondern auch auch einen bloßen Altlastenverdacht.

Randnummer 41 des Urteils verweist dazu auf entsprechende Entscheidungen: "Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein offenbarungspflichtiger Sachmangel bereits dann gegeben, wenn ein Altlastenverdacht besteht. Ein altlastenverdächtiges Grundstück weist unabhängig von dem mit dem Kauf verfolgten Zweck in aller Regel schon wegen des Risikos der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme und wegen der mit einem Altlastenverdacht verbundenen Wertminderung nicht die übliche Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB aF auf (Senat, Urteil vom 21. Juli 2017 - V ZR 250/15, ZfIR 2018, 55 Rn. 6; Urteil vom 8. Juli 2016 - V ZR 35/15, ZfIR 2016, 783 Rn. 11)."

2. Zudem wird klar, dass an eine ausreichende Aufklärung über einen solchen Verdacht hohe Anforderungen gestellt werden.

In Randnummer 72 des Urteils wird dazu ausgeführt wie folgt: "In den ab dem 29. Mai 2013 geschlossenen Kaufverträgen hat die Beklagte zwar auf die Altlastenproblematik hingewiesen. Auch insoweit bejaht das Berufungsgericht das Vorliegen der Arglist aber zu Recht. Wenn dem Verkäufer offenbarungspflichtige Tatsachen bekannt sind, ist ein arglistiges Verschweigen auch dann gegeben, wenn der wahre Umfang der aufklärungspflichtigen Tatsache nicht angegeben, sondern bagatellisiert wird (vgl. nur BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 - VIII ZR 345/85, NJW-RR 1987, 436, 437). So liegt es hier auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen. Das betrifft zunächst den Außenbereich, der weder in den Kaufverträgen noch in der Altlastenauskunft des RGU [die zuständige Umweltbehörde, Einschub v. VPB] vom 21. Mai 2013 erwähnt wurde, obwohl in diesem Bereich Werte festgestellt wurden, die zum Teil über dem Prüfwert der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung lagen; weitere Maßnahmen unterblieben nur deshalb, weil die Fläche durch einen Zaun vor dem Zutritt geschützt war und bei gärtnerischen Pflegearbeiten besondere Vorsichtsmaßnahmen zu beachten waren. Das hätte unabhängig von der Einschätzung der Behörde offenbart werden müssen. Auch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts betreffend die Belastung im Innenhof weisen keine Rechtsfehler auf. In der Altlastenerklärung der Beklagten wird der ihr bekannte Umfang der Bodenbelastung nicht offenbart, sondern lediglich auf die Altlastenauskunft des RGU Bezug genommen. Aus dieser ergibt sich aber nur ein insgesamt allgemein gehaltener Verdacht. Durch die Bezugnahme auf die Oberbodenuntersuchung in der Auskunft und die vertragliche Übernahme des behördlich angeordneten Austauschs nur des Oberbodens durch die Beklagte wird der Eindruck erweckt, dass die Altlastenproblematik durch die von der Beklagten übernommenen Sicherungsmaßnahmen gelöst würde und lediglich ein Restrisiko verbleibe. Dass die tiefer gelegenen Bodenschichten das eigentliche - nicht geklärte - Problem darstellten, deren Untersuchung nur im Hinblick auf die ursprünglich geplante Tiefgarage unterblieben ist, wird gerade nicht offenbart."

3. Außerdem wird am beschränkten Umfang der Nachbesserung festgehalten.

Leitsatz 2 des Urteils lautet: "Die vom Verkäufer wegen eines Altlastenverdachts gem. § 439 Abs. 1 BGB geschuldete Nachbesserung umfasst zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen. Die Beseitigung von Altlasten kann der Käufer erst dann verlangen, wenn sich der Verdacht bestätigt."

4. Schließlich stellt der BGH seine Rechtsprechung zur Frage klar, wie weit die Arglist des Verkäufers bei einem solchen Verdachtsfall reicht, wenn sich dieser bestätigt.

Leitsatz 4 des Urteils lautet: "Verschweigt der Verkäufer arglistig einen ihm bekannten Altlastenverdacht und bestätigt sich später der Verdacht, handelt er in aller Regel auch im Hinblick auf die tatsächlich vorhandenen Altlasten arglistig."

VPB-Fazit: Mängelrechte sind gut, eine gründliche Bodenuntersuchung und notfalls -sanierung vor Kauf viel besser. Statt sich auf die Auskunftswilligkeit des Verkäufers zu verlassen, sollte dieser während der Verhandlungen konkret und gezielt gefragt werden. Eigene Recherchen in öffentlichen Altlastenkatastern dürfen nicht fehlen. Und - wie der BGH-Fall demonstriert - auch gemachte Auskünfte sollten vom eigenen unabhängigen Fachmann kritisch überprüft werden.

 

 

  

Annahmefristen

Annahmefristen für Bauträger begrenzt

Wer beim Bauträger eine Immobilie erwirbt, der sollte auf Bindefristen achten, wenn er ein notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Bauträgervertrages abgibt!

Worum geht es? Altbauten werden oft von Bauträgern saniert, in Wohnungen aufgeteilt und veräußert. Das ist ein lukratives Geschäft für die Investoren. Manche Bauträger räumen sich dann im Angebot eine Annahmefrist ein. Die Firmen sichern sich so zunächst einen Kaufinteressenten, können aber parallel nach noch solventeren Käufern suchen. Wer dann am meisten bietet, der bekommt zum Schluss den Zuschlag des Bauträgers. Andere gehen leer aus, haben aber viel Ärger, weil sie vielleicht schon die Finanzierung angeschoben oder gar die Mietwohnung gekündigt haben. Lange Bindefristen sind nicht im Interesse der Käufer. Beim Bauträgervertrag sollten sie vier Wochen nicht überschreiten. Das sieht auch der Bundesgerichtshof so (Urteile vom 27.09.2013 - Az.: V ZR 52/12 und 17.01.2014 - Az.: V ZR 5/12). Wird diese Frist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauträgers wesentlich überschritten, was ohne besondere Umstände, die für eine Verlängerung zu Gunsten des Bauträgers sprechen, bei sechs Wochen der Fall ist, ist diese Bindefrist unwirksam, so der BGH im Leitsatz der Entscheidung zum Aktenzeichen V 5/12.

VPB-Fazit: Den Kaufvertrag vor der Unterzeichnung vom unabhängigen Experten prüfen lassen, damit solche Fristen nicht unbemerkt bleiben.

B
Baugenehmigung – TA-Lärm

Zu laute Tiefgaragenzufahrt

Wer an seinem Wohnhaus eine Tiefgarage plant, sollte grundsätzlich darauf achten, dass sich der zu erwartende Lärm unter anderem durch deren Zufahrtsrampe – vor allem nachts – im Rahmen der zulässigen Grenzwerte hält. Er läuft ansonsten Gefahr, dass seine Baugenehmigung nachträglich durch die künftigen Nachbarn erfolgreich gerichtlich angegriffen wird.

Worum geht es? Das Verwaltungsgericht Koblenz (VG Koblenz, Urteil vom 13. März 2018, Az.: 1 K 872/17) hat eine Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage aufgehoben, da die Genehmigung das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot verletze, wenn beim Befahren der in die Tiefgarage führenden Rampe nachts Geräuschimmissionen entstehen, die die zulässigen Grenzwerte der TA-Lärm überschreiten.

VPB-Fazit: Daher aufgepasst auch bei der Planung einer Tiefgarage! Ist davon auszugehen, dass beim Nachbarn infolge des Fahrverkehrs zur Tiefgarage durch die Beschaffenheit der geplanten Rampe zur Garage Geräuschimmissionen entstehen, die die Grenzwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) überschreiten, kann die Baugenehmigung durch den Nachbarn erfolgreich angefochten werden.

VG Koblenz, Urteil vom 13. März 2018, Az.: 1 K 872/17

Baukosten
Bindefristen

Bindefristen sollten vier Wochen nicht überschreiten

Wohnungskäufer sollten auf sogenannte Bindefristen im Vertrag achten! Was ist das genau? Es sind vertraglich vereinbarte Fristen, innerhalb derer der Bauträger den Bauvertrag annehmen oder ablehnen kann. Solche Fristen sind nicht im Interesse der Käufer. Sie sollten vier Wochen nicht übersteigen.

Was steckt dahinter? Größere Altbauten werden oft von Bauträgern saniert, in Wohnungen aufgeteilt und veräußert. Zum Kauf der Wohnung müssen die Käufer einen entsprechenden Kaufvertrag beim Notar abschließen. Diesen Vertrag sollten sie vor der Unterzeichnung prüfen lassen, denn Bauträger vereinbaren oft eine Zustimmungsfrist, die sogenannte Bindefrist, innerhalb derer sie den Vertrag annehmen oder ablehnen können. Die Firmen sichern sich so zunächst einen Kaufinteressenten, suchen aber parallel nach noch solventeren Käufern. Wer am meisten bietet, der bekommt zum Schluss den Zuschlag des Bauträgers. Der andere geht leer aus, hat aber viel Ärger, weil er vielleicht schon die Mietwohnung gekündigt und die Finanzierung angeschoben hat. Lange Bindefristen sind also nicht im Interesse der Käufer; sie halten den Käufer hin. Bindefristen sollten beim Kauf einer finanzierten Immobilie vier Wochen nicht überschreiten. Dazu hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) verschiedene Urteile gefällt (Urteile vom 27.09.2013 - Az.: V ZR 52/12 und 17.01.2014 - Az.: V ZR 5/12).

VPB-Fazit: Käufer sollten den Kaufvertrag vor der Unterzeichnung vom unabhängigen Experten prüfen lassen, damit unter anderem solche Bindefristen nicht unbemerkt bleiben - und der Käufer weiß, dass er selbst bei notarieller Beurkundung seines Angebotes immer noch leer ausgehen kann, falls der Bauträger innerhalb der Bindefrist einen solventeren Käufer findet.

Brandmauer

Fenster in Brandmauern nicht völlig ausgeschlossen

Brandwände dienen, wie der Name nahelegt, dem Brandschutz. Folglich dürfen in Brandschutzmauern normalerweise auch keine Fenster eingebaut werden. Ausnahmen bestätigen die Regel: Nach dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. März 2012 (Az. 3 A 398/11) können ausnahmsweise auch in Brandwänden Fensteröffnungen zugelassen werden. Dazu ist allerdings eine Abweichungsentscheidung des zuständigen Bauaufsichtsamts nötig. Der Brandschutz muss natürlich gewährleistet sein: Das sah das Gericht bei einer sogenannten F90-Verglasung und einem eingebauten Selbstschließmechanismus im Fall als gegeben an. Vor allem in den Innenstädten, so der VPB, kann sich so mancher Bewohner dank dieser Entscheidung mehr Licht ins Haus holen. Der hohe Aufwand kann sich durchaus lohnen, wenn damit Flur, Bad oder WC Tageslicht bekommen.

Budget
D
DIN
E
Eigenbedarfskündigung - WEG

Eigenbedarfskündigung sehr sorgfältig formulieren

Wer seine vermietete Immobilie in Zukunft für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen möchte, muss die Eigenbedarfskündigung sehr sorgfältig formulieren, sonst ist sie unwirksam. Das Amtsgericht Düsseldorf hat das in seinem Urteil deutlich formuliert: Eine wirksame Eigenbedarfskündigung liegt nur bei hinreichender Angabe der Personen und deren Eigennutzungsinteresse vor (AG Düsseldorf, Urteil vom 7. August 2017, Az.: 25 C447/16).

Worum geht es? Das Amtsgericht Düsseldorf hat die eine Räumungsklage eines Vermieters abgewiesen, weil dieser das berechtigte Interesse an der (vorzeitigen) Beendigung des Mietverhältnisses dem Mieter gegenüber nicht ausreichend dargelegt hat. Eine Eigenbedarfskündigung setzt nach Ansicht des Gerichts immer voraus, dass ausdrücklich die Gründe für das berechtigte Interesse im Rahmen des Kündigungsschreibens angegeben werden. Das sieht auch § 573 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vor. Der Mieter solle grundsätzlich Klarheit über seine Rechtsposition haben und die Möglichkeit, alles Erforderliche für die Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.

Konkret verlangt das Amtsgericht Düsseldorf im Kündigungsschreiben folgende Informationen: Zum einen die konkrete Angabe und Anzahl der Personen, für die die Immobilie benötigt wird. Zum anderen eine Darlegung des Interesses der Personen an der eigenen Verwendung der Immobilie, mit Hinweisen, zum Beispiel, inwieweit sich die aktuelle Wohnort- und Arbeitssituation des Vermieters durch einen Einzug verbessert oder ändert.

Als nicht ausreichend sieht das Amtsgericht die pauschale Formulierung des Vermieters an, das Haus für sich und seine Kinder nutzen zu wollen.

VPB-Fazit: Wer schon vor der Vermietung weiß, dass er seine Immobilie in absehbarer Zeit einmal selbst nutzen möchte, der sollte versuchen, den passenden Mieter zu finden und einen entsprechenden Vertrag zu vereinbaren. Der VPB hat dazu den Leitfaden "Mietrecht für Bauherren: Damit sich Vermieten lohnt" herausgegeben. Sie bekommen ihn hier.

AG Düsseldorf, Urteil vom 7. August 2017, Az.: 25 C447/16

Einzugstermin

Bauherren müssen wissen, wann sie einziehen können

Ein Werkunternehmer hat mit der Werkleistung bald nach Vertragsschluss zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies aus einem Großkommentar zum BGB zitiert in seiner Begründung des Urteils zum Aktenzeichen VII ZR 470/99 vom 8. März 2001.

Was steckt dahinter? Bauherr und Unternehmer hatten im Vertrag keine Regelung zur Bauzeit getroffen. Nachdem der Werkunternehmer erst nach einer ganzen Weile mit der Bauausführung angefangen hatte, schleppte sich der Bau auch im Weiteren langsam dahin. Der Bauherr machte Ansprüche geltend, für die es darauf ankam, ob der Bauunternehmer das Haus nicht schon hätte fertiggestellt haben müssen. Dabei kam es auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Bauleistung an. Wenn dazu im Vertrag nichts geregelt ist, dann gibt das BGB mit § 271 BGB nur eine allgemeine Bestimmung, deren Auslegung in Bezug auf den Werkvertrag lautet: Ein Werkunternehmer hat mit der Werkleistung im Zweifel alsbald nach Vertragsschluss zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen. Damit ist klar: Auch Profis können gar nicht mit Sicherheit sagen, wann genau das der Fall ist.

VPB-Fazit: Private Bauherren müssen wissen, wann sie einziehen können. Schließlich hängt viel vom Einzugstermin ab, wie etwa die Kündigung der Mietwohnung, die Zahlung von Bereitstellungszinsen oder die Umschulung der Kinder und anderes mehr. Private Bauherren sollten deshalb diese Rechtsunsicherheit ausschalten, indem sie klare vertragliche Vereinbarungen treffen.

Erstverwalter
G
GEMA

siehe auch Gemeinschaftsantenne - ETW

Gemeinschaftsantenne - ETW

Weiterleitung der TV-Signale von Gemeinschaftsantenne innerhalb der WEG ohne GEMA-Gebühren

Der BGH hat mit Urteil vom 17. September 2015 zum Aktenzeichen I ZR 228/14 klargestellt, dass die bloße Weiterverteilung von Fernseh- und Radioprogrammen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach Empfang über die Gemeinschaftsantenne keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtsgesetzes ist. Die Konsequenz: für die Weiterleitung muss dann auch kein Wertersatz an die Urheber gezahlt werden. Die GEMA war anderer Rechtsauffassung, hat aber in allen drei Instanzen verloren.

Gemeinschaftseigentum - ETW

Eigentumswohnung umfasst weit mehr als die eigenen vier Wände

Nicht meine Baustelle? Wer so denkt und handelt, der kann erhebliche Probleme bekommen. Dann nämlich, wenn notwendige Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum unterbleiben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 17. Oktober 2014 zum Aktenzeichen V ZR 9/14 einem Miteigentümer - vorbehaltlich unterinstanzlicher weiterer Aufklärung - in so einem Fall nicht nur einen Anspruch auf entsprechende Beschlussfassungen der Miteigentümer auf Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums samt einer dazu erforderlichen Sonderumlage, sondern auch einen Schadensersatzanspruch wegen der verzögerten Beschlussfassung zugesprochen. Denn mittlerweile war auch das Sondereigentum des Miteigentümers beschädigt worden.

Was war passiert? Das im Keller liegende Wohnungseigentum wies durch Abdichtungsmangel schwere Feuchteschäden auf. Der Eigentümer der beeinträchtigten Wohnung verlangte von den übrigen Miteigentümern die Zustimmung zu nötigen Beschlüssen zur Sanierung der Abdichtung. Das lehnten die Miteigentümer ab. Einer der Miteigentümer begründete dies durch sein hohes Alter und sein knappes Einkommen. Aus diesen beiden Gründen könne er sich eine Sonderumlage nicht leisten. Nach Ansicht des BGH gibt es aber keine "Opfergrenze" für betagte und finanzschwache WEG-Mitglieder, jedenfalls nicht, wenn es wie im vorliegenden Fall um eine unaufschiebbare Maßnahmen geht, die allein der ordnungsgemäßen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums dient. Den Schaden am Sondereigentum müssen nach dem BGH diejenigen ersetzen, die den notwendigen Beschluss schuldhaft durch Dagegenstimmen oder Enthaltung verhindert haben.

VPB-Fazit: Wer sich in eine Wohnungseigentümergemeinschaft einkaufen möchte, der sollte keine Illusionen haben: Als Miteigentümer ist er nicht nur für sein Sondereigentum verantwortlich, sondern gemeinsam mit den anderen Miteigentümern - für das gesamte Gemeinschaftseigentum. Abdichtungsprobleme in der Kellerwohnung betreffen also nicht nur den Eigentümer der Kellerwohnung, sondern alle Miteigentümer. Die Kosten für die ordnungsgemäße Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums richten sich deshalb auch nicht nach persönlich-faktischer Nutznießung, sondern sie werden nach dem Kostenverteilungsschlüssel auf alle umgelegt. Mängel am Gemeinschaftseigentum mindern den Wert der Anlage und damit des eigenen Wohnungseigentums. Kluge Miteigentümer beschließen und tragen notwendige Maßnahmen deshalb rechtzeitig mit.

Gutachter

Die Bedeutung von Privatgutachten ist nicht zu unterschätzen!

Der Bundesgerichtshof (BGH) fand im Beschluss vom 21. März 2013 zum Aktenzeichen V ZR 204/12 klare Worte zur Bedeutung von Privatgutachten in einem Prozess. Unter Bezugnahme auf wiederholte entsprechende Entscheide des BGH stellt er nochmals klar, dass das Tatgericht (jedenfalls also die erste Instanz) schon von Amts wegen verpflichtet ist, sich mit dem von einer Partei vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen und bei Widersprüchen zwischen diesem und einem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen auch auf eine weitere Sachverhaltsklärung hinzuwirken (Beschluss unter III.1.). Jedenfalls kann das Tatgericht solche Widersprüche nicht ohne weiteres übergehen.

VPB-Fazit: Nicht nur in Prozessen, sondern auch beim Bau kommt viel auf die Sachverständigen an. Daher ist es für private Bauherren wichtig, rechtzeitig kompetente und unabhängige Experten an ihrer Seite zu haben - am besten schon, bevor es Streit gibt. Denn auf Augenhöhe verhandelt es sich auch besser.

H
Haftung

Haftung für Gefahrenquelle "Handwerker"

Leitsatz des Gerichts: Ein Grundstückseigentümer, der einen Handwerker Reparaturarbeiten am Haus vornehmen lässt, ist als Störer [...] verantwortlich, wenn das Haus infolge der Arbeiten in Brand gerät und das Nachbargrundstück beschädigt wird. Dass der Handwerker sorgfältig ausgesucht wurde, ändert daran nichts (BGH, Urteil vom 09.02.2018, Az.: V ZR 311/16).

Worum geht es? (Sachverhalt:) Eigentümer eines Wohnhauses ließen Dacharbeiten durch einen Handwerker an ihrem Dach durchführen. Durch die Dacharbeiten entwickelte sich am Wohnhaus ein Feuer, das auf ein unmittelbar an das brennende Haus angebautes Gebäude übergriff und dieses dadurch erheblich beschädigte. Die Versicherung der betroffenen Hauseigentümerin verlangte infolgedessen Schadensersatz von den Nachbarn für die verursachten Gebäudeschäden.

(Rechtliche Würdigung:) Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Klägerin ein sogenannter verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zusteht. Die Hauseigentümer, von deren Gebäude der Brand ausging, seien für den gefahrenträchtigen Zustand des Grundstücks im Rahmen seiner Nutzung verantwortlich. Dieser Annahme stehe nicht entgegen, dass der Brand auf die Handlung eines Dritten zurückgehe. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob der Handwerker sorgfältig ausgewählt worden sei. Entscheidend sei allein, dass die Hauseigentümer die Dacharbeiten veranlasst und somit eine Gefahrenquelle geschaffen haben. Damit beruhe der verursachte Brand auf Umständen, die ihrem Einflussbereich zuzurechnen seien.

VPB-Fazit: Bauherren und Hauseigentümer sollten vor Baumaßnahmen stets intensiv prüfen, ob und inwiefern sie durch Handwerker möglicherweise Gefahrenquellen für Anlieger und Dritte schaffen. Selbst wenn Schadensereignisse natürlich nie ganz ausgeschlossen werden können, so empfiehlt es sich dennoch, Handwerksbetriebe besonders sorgfältig und mit Blick auf deren Zuverlässigkeit und Qualität, aber auch Solvenz und ihren Versicherungsschutz zu wählen. Nur so kann sichergestellt werden, dass man im Schadensfall nicht auf seinen Kosten sitzen bleibt.

BGH, Urteil vom 09.02.2018, Az.: V ZR 311/16

K
Kostenrahmen

Architekt muss Kostenrahmen seiner Bauherren klären

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 21. März 2013 zum Aktenzeichen VII ZR 230/11 klargestellt, dass ein Architekt, der ein Wohnhaus plant, ohne die wirtschaftlichen Möglichkeiten seines privaten Auftraggebers zu kennen, regelmäßig seine Pflichten aus dem Architektenvertrag verletzt und deshalb auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann.

Was steckt dahinter? Äußern private Bauherren gegenüber dem Architekten ihre Vorstellungen von den Kosten, dann muss der diese bei seinen Planungen beachten. Zumindest muss er das Thema "Kosten" ansprechen und die Frage des Budgets mit den Bauherren klären. Keinesfalls darf er die Äußerungen der Bauherren widerspruchslos hinnehmen und sich dann doch darüber hinwegsetzen. Er muss auch dann die Vorstellungen der Bauherren beachten, wenn sie nicht ganz konkret beziffert sind. VPB-Fazit: Private Bauherren klären und kommunizieren ihr Budget besser gleich zu Anfang ihres Projekts. Je eindeutiger, desto besser. Tun sie das nicht, und der Planer reißt die Latte, ist er zwar schadenersatzpflichtig, aber den Schadensersatz müssen die Bauherren erst einmal vor Gericht erstreiten. Das Verfahren sollte sich niemand zumuten. Besser ist es, gleich am Anfang klare Verhältnisse zu schaffen.

Kredite - WEG

Langfristige und hohe Kreditaufnahmen einer WEG entsprechen nur unter besonderen Voraussetzungen ordnungsgemäßer Verwaltung

Der BGH hat mit Urteil vom 25. September 2015 zum Aktenzeichen V ZR 244/14 entschieden, dass Wohnungseigentümergemeinschaften zwar auch die Aufnahme langfristiger und hoher Kredite im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung beschließen können. Dies aber nur unter der Mindestbedingung, dass die Versammlung vorab das Risiko einer Nachschusspflicht einzelner erörtert hat - und diese Erörterung muss auch ins Protokoll!

Was steckt dahinter? Fallen mehrere Zahler aus der Eigentümergemeinschaft aus, müssen die anderen nachschießen, um die Solvenz der WEG, die der Bank die Raten schuldet, aufrechtzuerhalten. Diese Nachschusspflicht ist theoretisch unbegrenzt. Zwar kann das auch bei Sonderumlagen passieren, aber da sind der Kreis und damit die Bonität der Mitzahler viel überschaubarer. Je länger der Kredit läuft, desto unsicherer wird die Prognose und desto mehr Eigentümerwechsel wird es geben. Im Übrigen bleiben viele Unsicherheiten, weil nach BGH die endgültige Bewertung solcher Beschlüsse "anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen" zu erfolgen hat (Leitsatz 3).

VPB-Fazit: Große KfW-Kredite für energetische Sanierungen sind damit für Wohnungseigentümergemeinschaften zwar zu bekommen, wenn sich aber Probleme abzeichnen, mag eine schrittweise Sanierung mit finanziell jeweils realistischen Sonderumlagen der leichtere Weg sein. Über sinnvolle Schritte sowie Bau- und Sanierungsabschnitte beraten die VPB-Bausachverständigen.

L
Luxusmodernisierung - WEG

Eigentümer dürfen Mietobjekte modernisieren und üblichen Standards anpassen

Modernisierungsarbeiten sind nötig, um den Wert einer Immobilie zu erhalten. Das gilt auch für Mietobjekte. Mieter müssen Modernisierungen normalerweise dulden, stellten aber häufig die Frage: Ist die geplante Modernisierung angemessen oder handelt es sich um eine Luxussanierung? Das Amtsgericht München hat in einem solchen Fall entschieden: Eine Modernisierung mittels Anbau eines Balkons, Außenaufzug, Zentralheizung, Isolierverglasung und dreiadriger Stromkabel muss der Mieter dulden. Es handelt sich dabei nicht um eine Luxussanierung. (AG München, Urteil vom 30. Dezember 2017, Az.: 453 C 22061/15)

Worum geht es? Problematisch ist bei Modernisierungen von Mietobjekten immer die Abgrenzung zwischen "angemessen" und "luxuriös". Das AG München hat in seinem Urteil klar Stellung bezogen: Nicht jede Modernisierung ist gleich eine Luxusmodernisierung. Wenn die Modernisierungsmaßnahmen lediglich dazu dienen, die Immobilie an den üblichen Wohnkomfort sowie die technischen und sonstigen nachgefragten Standards anzupassen, damit sie langfristig vermietbar bleibt, dann muss der Mieter diese Baumaßnahmen des Eigentümers grundsätzlich dulden.

Die Modernisierung zur Anpassung einer Immobilie an den Wandel des Fortschritts ist nach Ansicht des Gerichts Ausdruck des grundrechtlich verankerten Eigentumsschutzes.

VPB-Fazit: Den Vorwurf, Wohnungen luxuriös zu sanieren, um anschließend die angestammten Mieter durch erhöhte Mieten zu vertreiben, ist ein oft pauschal geäußerter Verdacht, der nach VPB-Erfahrungen aber an den Realitäten vorbeigeht. In Einzelfällen mag er zutreffen, das Gros der Vermieter erhält mit den Modernisierungen lediglich das Niveau seiner Mietobjekte. In Deutschland sind 80 Prozent aller Wohnungen in Privatbesitz. Gerade Selbstnutzer und Kleinvermieter möchten und müssen ihre Immobilien mit Augenmaß und zu ihrem verfügbaren Budget passend instand halten, denn die Immobilien sind wichtiger Bestandteil der privaten Altersvorsorge. Für überteure Luxusmodernisierungen haben sie ebenso wenig Geld und Verständnis wie für jahrelange Vernachlässigung.

Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung seit 27.09.2017 rechtskräftig. Mit der Entscheidung über die Duldung der Baumaßnahme ist noch keine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angekündigten Mieterhöhung getroffen. AG München, Urteil vom 30. Dezember 2016, Az.: 453 C 22061/15; Entscheidung ist nach Zurückweisung der Berufung seit dem 27. September 2017 rechtskräftig

M
Merkantiler Minderwert

Reparierte Kellerabdichtung ist ein Klassiker des merkantilen Minderwerts

Eine reparierte Kellerabdichtung ist ein Klassiker des merkantilen Minderwerts. Auf diesen Standpunkt stellt sich jedenfalls das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am 10. Mai 2010 gefällten Urteil (Az.: 17 U 92/09). Ein Unternehmer hatte ein Haus errichtet, in dessen Keller Feuchteschäden auftraten, die auf mangelhafte Abdichtung zurückzuführen waren. Der Unternehmer besserte daher die Abdichtung fachgerecht nach, der Mangel war damit behoben. Trotzdem bekam der Bauherr auch noch rund 7.000 Euro Schadensersatz zugesprochen, mit der Begründung, das sei der durch einen Sachverständigen gutachterlich festgestellte merkantile Minderwert der Immobilie.

Was ist der Grund? Der Bauherr hat nach fachgerechter Beseitigung des Mangels einerseits genau das erhalten, was er vertraglich bestellt und bezahlt hat. Ein Minderwert oder Schaden ist so nicht zu begründen. Das aber betrifft nur den technischen Minderwert: dieser ist durch die fachgerechte Nachbesserung voll ausgeglichen. Der merkantile Minderwert fußt auf der Überlegung, dass trotz letztlich objektiv mangelfrei hergestelltem Werk der Verkaufswert einer Immobilie dennoch sinken kann: und zwar weil die maßgeblichen Verkehrskreise den Verdacht hegen, die Immobilie könnte noch weitere derartige Mängel enthalten, die nur noch nicht erkannt worden seien. Allerdings gilt das lange nicht für alle beseitigten Mängel. Das OLG Hamm allerdings sieht jedenfalls die nachgebesserte Kellerabdichtung als klassischen Fall des merkantilen Minderwerts an.

VPB-Fazit: Private Bauherren sollten sich also in solchen Fällen nicht mit der Nachbesserung allein zufrieden geben. Denn bei einem späteren Hausverkauf tauchen solche Dinge als Preisargument in der Verhandlung wieder auf, spätestens auf Nachfrage der Interessenten, die wahrheitsgemäß zu beantworten sind. Dann ist aber der Schadensersatzanspruch in aller Regel schon verjährt. Die benötigten Anknüpfungspunkte für die Schätzung der Schadenshöhe zu liefern ist regelmäßig Sachverständigenfrage.

N
Nachbesserung

Meist keine Nachbesserungspflicht bei nicht vertragsgemäßem Heizkessel, wenn es allein um geringe Energiemehrkosten geht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18. Juli 2013 zum Aktenzeichen VII ZR 231/11 entschieden, dass die Nachbesserungskosten für den Austausch eines Heizkessels in Höhe von circa 11.000 Euro in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem durch die so erfolgte Mängelbeseitigung erzielbaren Erfolg stehen, wenn die dadurch erzielte Energieeinsparung lediglich 1,5 Prozent (Randnummer 11) beträgt.

Was war der Streitpunkt? Vertraglich geschuldet war eine Brennwertheizanlage, eingebaut wurde aber ein Niedrigtemperaturkessel. Revisionsrechtlich war zu unterstellen, dass ein Austausch lediglich eine Energieeinsparung von 1,5 Prozent ausgemacht hätte. Um das endgültig zu klären, musste der BGH die Sache wieder zurückverweisen. Der Prozess ging also quasi in die "4. Instanz".

VPB-Fazit: Bevor man jahrelang prozessiert oder sich Jahrzehnte über falsche und unwirtschaftliche Haustechnik ärgert, sollte man sein Projekt vor Vertragsschluss und während der Bauausführung von unabhängigen Sachverständigen kontrollieren lassen. Mit guter, unabhängiger Beratung wäre das Problem vor dem Einbau entdeckt worden und der Fehler hätte vermieden werden können. Es wäre gar nicht erst zu den unverhältnismäßig hohen Nachbesserungskosten gekommen

Nutzung von Teileigentum – WEG

WEG: Nutzung von Teileigentum gegen Zweck der Gemeinschaftsordnung unzulässig!

Wer sein Teileigentum in einem gemäß der Gemeinschaftsordnung einer WEG ausschließlich zu beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude zu Wohnzwecken nutzen möchte, muss immer erst eine Änderung der Gemeinschaftsordnung erwirken. Bis dahin muss die bestehende Gemeinschaftsordnung beachtet werden und Nutzungen, die den Zweckbestimmungen der Gemeinschaftsordnung widersprechen, müssen unterbleiben (BGH, Urteil vom 23 März 2018, Az.: V ZR 307/16).

Worum geht es? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision eines Mitglieds einer Teileigentümergemeinschaft zurückgewiesen, der sein Teileigentum entgegen der Gemeinschaftsordnung genutzt hatte.

Der Teileigentümergemeinschaft stehe ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Absatz 3 des Wohnungseigentumsgesetzes in alter Fassung (WEG a.F., jetzt §16 Absatz 3 Satz 1 WEG n.F.) zu, da die Gemeinschaftsordnung eine rein berufliche und gewerbliche Nutzung vorsehe, das Mitglied sein Teileigentum aber zu Wohnzwecken vermietet habe. Die Teileigentümer haben, unter andere um Konflikten durch eine Nutzungsmischung vorzubeugen, ein berechtigtes Interesse daran, dass der Zweck der Gemeinschaftsordnung gewahrt werde.

Es sei allerdings, so der BGH weiter, unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 2 Satz 3 WEG a. F. (wortgleich nun § 10 Absatz 2 WEG n. F.) möglich, dass Eigentümer eine Änderung der Gemeinschaftsordnung hin zu einer Nutzung zu Wohnzwecken verlangen. So etwa, wenn Eigentümer ansonsten an der wirtschaftlichen Verwertung ihres Teileigentums gehindert würden, zum Beispiel, wenn eine dauerhafte gewerbliche Vermietung aufgrund von Lage und Ausstattung der Immobilie nicht mehr zu erwarten sei.

Eine eigenmächtige Nutzungsänderung sei jedoch grundsätzlich unzulässig. Eine Nutzungsänderung müsse immer entweder durch eine einvernehmliche Anpassung der Gemeinschaftsordnung oder entsprechend im Klagewege erfolgen.

VPB-Fazit: Wer beabsichtigt, sein Teileigentum zum Beispiel als Wohnung zu vermieten, sollte zunächst immer prüfen, ob dies nach der Gemeinschaftsordnung überhaupt zulässig ist. Sieht die Gemeinschaftsordnung eine solche Nutzung nicht vor, sollte die Vermietung als Wohnung vorerst unterbleiben und möglichst eine einvernehmliche Änderung der Gemeinschaftsordnung angestrebt werden. Ist auf diesem Wege eine Nutzungsänderung nicht möglich, aber beispielsweise aus schwerwiegenden wirtschaftlichen Gründen zwingend erforderlich, sollte sie auf dem Klagewege erwirkt werden[; bestmöglich unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts aus dem VPB-Netzwerk.]

BGH, Urteil vom 23 März 2018, Az.: V ZR 307/16

P
Photovoltaikanlagen

Gewährleistungsfrist für Auf-Dach-Photovoltaikanlagen weiter problematisch

Wer auf dem Dach seines Hauses nachträglich eine Photovoltaikanlage installiert hat, hofft auf jahrzehntelangen störungsfreien Betrieb. Wenn aber die Anlage einen Defekt aufweist, ist es nicht leicht zu entscheiden, ob die Verjährung bereits zwei Jahre nach Übergabe beziehungsweise Ablieferung oder Abnahme eingetreten ist oder doch fünf Jahre beträgt. Während der für das Kaufrecht zuständige achte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) eher einer zweijährigen Gewährleistung zuneigt (Urteil vom 9. Oktober 2013, Az. VIII ZR 318/12), scheint der für das Werkvertragsrecht zuständige siebte Zivilsenat des BGH den Anwendungsbereich der fünfjährigen Gewährleistungsfrist etwas großzügiger zu handhaben (Urteil vom 2. Juni 2016, Az. VII ZR 348/13).

VPB-Fazit: Bis über die Abgrenzungskriterien Klarheit herrscht, sollten private Bauherren zur Sicherheit rechtzeitig vor Ablauf einer möglichen Gewährleistungsfrist von nur zwei Jahren ihre Anlage noch einmal vom Fachmann untersuchen lassen.

Privatgutachten

siehe auch Stichwort Gutachter

R
Rollstuhlrampe - WEG

Informationsanspruch der WEG-Mitglieder bei Einbau einer Rollstuhlrampe

Will ein Eigentümer in einer WEG eine Rollstuhlrampe anbauen, haben die Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch darauf, rechtzeitig vor Beschlussfassung über mögliche bauliche Alternativen informiert zu werden. Bekommen sie vorab keine Information, kann ein eventueller Beschluss später anfechtbar sein, weil die WEG-Mitglieder keine ausreichende Entscheidungsgrundlage hatten. Dies geht aus der Entscheidung des Amtsgerichts München (AG München) vom 5. Juli 2017 hervor (Az.: 482 C 26378/16).

Worum geht es? Wohnungseigentümergemeinschaften sollten grundsätzlich bei allen geplanten Bauvorhaben rechtzeitig vor Beschlussfassung potentielle bauliche Alternativen für das jeweilige Vorhaben erörtern. Ansonsten entspricht der Beschluss regelmäßig nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und kann mangels ausreichender Entscheidungsgrundlage gerichtlich anfechtbar sein.

Das Amtsgericht München hat einen nicht ordnungsgemäßen Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft zum Beispiel mit der Begründung aufgehoben, dass die Wohnungseigentümer nicht in der Lage gewesen seien, in einer mehrheitlichen Entscheidung sachgerecht ihr Mitbestimmungsrecht auszuüben, da die Vorstellung und Erörterung verschiedener geeigneter baulicher Maßnahmen im konkreten Fall unterblieben sei.

VPB-Fazit: Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind in der Regel Baulaien. Sie können und müssen nicht wissen, wie sich zum Beispiel Rollstuhlrampen technisch anbauen oder ins Gebäude integrieren lassen. Sie brauchen dazu vorab sachliche Informationen, damit sie das Für und Wider einzelner Vorschläge, beurteilen und entsprechend abstimmen können.

AG München, Urteil vom 5. Juli 2017, Az.: 482 C 26378/16


Anmerkung: mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes zum 1. 12. 2020 hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf barrierereduzierte bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums. Diese muss er selbst bezahlen, wenn er allein sie verlangt. Die Gemeinschaft hat zwar über die Durchführung zu beschließen. In so einem Fall trägt das Kernargument des AG München, das auf die Mitbestimmungsrechte der Wohnungseigentümer abstellt, aber nicht mehr. Es ist daher zweifelhaft, ob die Rechtsprechung für solche Fälle noch greift. Allerdings: wer durch eine sorgfältig ausgearbeitete Beschlussvorlage die Wohnungsgemeinschaft überzeugt, erreicht vielleicht eine für ihn viel kostengünstigere Übernahme der baulichen Veränderung durch die Gemeinschaft selbst.

S
Schadenersatz

Keine Schadensberechnung nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten mehr!
Der Bundesgerichtshof hat eine für Bauherren wichtige Entscheidung zum Schadensersatz im Werkvertragsrecht gefällt: Demnach können keine fiktiven Mangelbeseitigungskosten mehr geltend gemacht werden. Folgendes gilt: Behält ein Bauherr ein mangelhaftes Werk und lässt den Mangel nicht beseitigen, kann er einen möglichen Schadensersatzanspruch gegen den Werkunternehmer nicht mehr nach sogenannten fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen. An dieser Möglichkeit zur Schadensbemessung hält der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 22 Februar 2018 (Az.: VII ZR 46/17) für ab dem 1. Januar 2002 geschlossene Werkverträge ausdrücklich nicht mehr fest.

Worum geht es? Zeigen sich an einem Werk beziehungsweise an einzelnen Gewerken eines Gebäudes nach deren Abnahme und Bezahlung Mängel, hat der Bauherr grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten hierauf rechtlich zu reagieren. Zum Beispiel kann er das mangelhafte Werk behalten und statt einer Mängelbeseitigung durch den ursprünglichen Werkunternehmer von diesem einen Schadensersatz verlangen.

Nach neuer Rechtsprechung des BGH richtet sich die Höhe des Schadens dabei zunächst nach dem ermittelten mangelbedingten Minderwert des Gebäudes. Lasse der Bauherr die Mängel anderweitig beseitigen, bemesse sich die Höhe seines Schadens stattdessen nach den tatsächlichen Kosten der Mängelbeseitigung. Verkaufe der Bauherr sogar das mangelbehaftete Gebäude, orientiere sich die Höhe des Schadens schließlich am konkreten Mindererlös. Nicht mehr möglich sei es hingegen, den Schaden nach sogenannten fiktiven Mangelbeseitigungskosten zu bemessen, da dies häufig zu einer Überkompensation und damit zu einer nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bauherrn geführt haben, so der BGH.

VPB-Fazit: Treten nach Abnahme und Bezahlung an einem Werk oder einzelnen Gewerken Mängel auf, kann es immer gute Gründe dafür geben, warum der Bauherr das mangelhafte Werk als solches behält und auf eine Mangelbeseitigung durch den Werkunternehmer oder Dritte verzichtet.
Gleichzeitig ist es selbstverständlich, dass der Bauherr in einem solchen Fall nicht auf seinen Vermögenseinbußen, etwa in Form eines Minderwerts des Gebäudes oder eines Mindererlöses aus einem Verkauf der Immobilie, sitzen bleiben möchte.

Der Bauherr sollte daher die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen den Unternehmer in Erwägung ziehen; eine vorherige Beratung durch einen Rechtsanwalt immer vorausgesetzt. Dabei ist zu beachten, dass sich die Höhe des Schadens anhand der konkreten Umstände und Tatsachen des Einzelfalls bemisst. Das heißt, ersatzfähig ist zum Beispiel der konkret ermittelte Minderwert des Gebäudes oder bei dessen Verkauf der tatsächliche Mindererlös. Darüber hinaus kann er aber keine fiktiven Mangelbeseitigungskosten verlangen.
Entscheidet sich der Bauherr dazu, das mangelhafte Werk zu behalten, aber die Mängel selbst oder durch Dritte beseitigen zu lassen, kann er ebenfalls nur die tatsächlichen Mangelbeseitigungskosten ersetzt verlangen. Auch insoweit sind zusätzliche fiktive Kosten nicht ersatzfähig.

BGH, Urteil vom 22 Februar 2018, Az.: VII ZR 46/17

Die ausführliche Urteilbesprechung lesen Sie hier.


siehe auch zum Thema Schadenersatz:
Eigentümer kann Störer bei Brand durch Handwerker sein

Schadstoffe

Sichere Minimierung der Schadstoffbelastung im eigenen Haus setzt vertragliche Vereinbarungen voraus

Die in der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VwV TB) des Landes Baden-Württemberg geregelten Grenzwerte für VOC-Emissionen aus Span- und OSB (Grobspan-)-Platten sind unwirksam. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 7.10.2020 zum Aktenzeichen 8 S 2959/18 entschieden. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass die Landesbauordnung technische Baubestimmungen nur zur Gefahrenabwehr erlaube. Die strittigen VOC-Grenzwerte dienten jedoch allein zur Vorsorge. Das Urteil ist bundesweit von Bedeutung, da die angegriffenen Regelungen auch in anderen Bundesländern verankert sind.

VOC - volatile organic compounds, zu Deutsch flüchtige organische Verbindungen - sind eine ganze Palette von Stoffen, die auch natürlichen Ursprungs sein können. Sie sind auch in Bauprodukten enthalten und gelangen von dort aus zu den Menschen im Haus. Das Umweltbundesamt führt zu den Auswirkungen auf die Gesundheit aus: „Konzentrationen, die gesundheitliche Beeinträchtigungen bewirken, können unmittelbar nach Bau- und umfangreichen Renovierungsmaßnahmen auftreten, sowie bei unsachgemäßer Verarbeitung und massivem Einsatz wenig geeigneter Produkte." Die Verwendung einzelner VOC, deren Gesundheitsschädlichkeit geklärt ist, ist verboten. Aber bei der Fülle an einzelnen VOC bleibt ein großer Rest mit (noch) ungeklärter Wirkung auf die menschliche Gesundheit.

Der baden-württembergische Vorschriftengeber, das zuständige Landesministerium, hatte mit Blick auf dieses ungeklärte Risiko die Grenzwerte für VOC in Span- und OSB-Platten in seine Verwaltungsvorschrift für technische Baubestimmungen aufgenommen. Nach § 73a Absatz 1 LBO BW sind die technischen Baubestimmungen zu beachten, also rechtlich verbindlich.
Allerdings bestimmt § 73a LBO BW auch: Die Anforderungen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 können durch technische Baubestimmungen konkretisiert werden. Und § 3 Absatz 1 Satz 1 LBO BW verlangt vor allem, dass u. a. bauliche Anlagen so anzuordnen und zu errichten sind, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht bedroht werden und dass sie ihrem Zweck entsprechend ohne Missstände benutzbar sind.

Der VGH Baden-Württemberg schloss daraus, dass technische Bestimmungen nur dann verbindlich Grenzwerte vorgeben können, wenn sie insbesondere eine Gefahr für die Gesundheit bei Bau oder Nutzung eines Hauses abwehren. Bei VOC im Allgemeinen sei aber so eine Gefahr zwar möglich, aber eben nicht ausreichend wissenschaftlich bewiesen, dass sie hinreichend wahrscheinlich eintreten werde. Statt einer Gefahr habe mit den Grenzwerten "Gefahrenvorsorge" (Rz. 50) betrieben werden sollen, weil VOC jenseits dieser Menge "Besorgnispotential" (Rz. 51) hätten. Formelhaft verkürzt: ein solches Risiko ist nicht ausreichend für eine Bedrohung, wie sie § 3 Absatz 1 Satz 1 LBO BW verlangt.
Diese Rechtsprechung hat Bedeutung über Baden-Württemberg hinaus. Denn das Landesrecht hat in diesem Punkt Mustervorschriften der Bundesbauministerkonferenz übernommen. Es ist gut möglich, dass die Spanplattenhersteller des Ausgangsverfahrens oder andere nun auch in anderen Bundesländern gegen solche Grenzwerte vorgehen oder die dortigen Behörden die entsprechenden Vorschriften von sich aus anpassen.

VPB-Fazit: Die aktuelle Rechtsprechung hat für Verbraucherbauherren Auswirkungen. Wer großen Wert auf gesunde Baustoffe und ein gesundes Wohnklima legt, wer über eine besonders sensible Gesundheit verfügt, der kann sich nicht vollumfänglich darauf verlassen, dass die bauordnungsrechtlichen Anforderungen ihn automatisch vor allen Risiken vor Schadstoffen in und aus neu hergestellten Bauprodukten schützen. Hier müssen private Bauherren selbst tätig werden und weitergehende Anforderungen an alle Baustoffe, die zur Verwendung kommen dürfen, im gewünschten Umfang vertraglich fest vereinbaren. Auch dazu notwendige Dokumentationen und Überprüfungen durch neutrale Dritte sollte der Vertrag ins Pflichtenprogramm aufnehmen. So kann eine individuell passende Gefahrenvorsorge für den Neubau verwirklicht werden.

Schneeräumen
Schwarzgeld

"Schwarz" ist voll und ganz nichtig!

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 11. Juni 2015 zum Aktenzeichen 216/14 eine Rechtsprechungsänderung zur sogenannten Schwarzarbeit abgeschlossen. Ergebnis: Schwarzarbeit am Bau genießt keinerlei Rechtsschutz!

Wie war die Vorgeschichte? Ein Dachgeschossausbau sollte etwa 12.500 Euro kosten, Bauherr und Firma einigten sich aber darauf, alles für 10.000 Euro in bar zu machen. Es gab dann noch eine Rechnung, die aber den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes nicht genügte. Am Ende hatte der Bauherr gezahlt, fand das Werk aber mangelhaft und verlangte Schadensersatz in Höhe von rund 8.000 Euro. Der BGH ließ ihn leer ausgehen: nicht nur der Vertrag sei nichtig, es bestünden auch keine Ansprüche auf Rückzahlung des dem Unternehmer übereigneten Geldes, befanden die Richter. Weil der Gesetzgeber die Beteiligten einer solchen Steuerhinterziehung auch zivilrechtlich vollkommen schutzlos stellen will, käme auch kein Rückzahlungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Bauunternehmers infrage, wie das Berufungsgericht in seinem Versuch, den privaten Bauherren doch etwas zu schützen, geurteilt hatte. Für den Bauherrn sind das gezahlte Schwarzgeld und die Prozesskosten dreier Instanzen nun verloren, dazu kommen noch ein nicht nachgebesserter Dachausbau und noch ein Steuerstrafverfahren.

VPB-Fazit: diese Entscheidung trifft den Bauherrn zwar hart, aber Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit sind keine Kavaliersdelikte - denn ohne Steuern ist kein Staat zu machen. Private Bauherren sollten sich daher nicht auf solche Machenschaften einlassen.

T
Trittschalldämmung

Auch DIN-gerechte Ausführung kann Mangel sein!

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 4. Juni 2009 zum Aktenzeichen VII ZR 54/07 entschieden: Auch die DIN-gerechte Ausführung kann ein Mangel sein.

Worum ging es? Im Vertrag war in der vom Unternehmer vorgegebenen Baubeschreibung Trittschallschutz nach der damaligen DIN 4109 vom November 1989 enthalten. Aber auch eine DIN-gerechte Ausführung hätte den vertraglichen Vorgaben zur auszuführenden Schallschutzqualität nicht entsprochen. Denn die geschuldete Leistung ergibt sich aus einer Auslegung des Vertrages. Dafür ist bezüglich des Schallschutzniveaus - so das Urteil in Randziffer 12 - nicht nur der gesamte Vertragstext heranzuziehen, sondern auch erläuternde und präzisierende Erklärungen der Vertragsparteien, sonstige vertragsbegleitende Umstände, die konkreten Verhältnisse von Bauwerk und Umgebung, der qualitative Zuschnitt, der architektonische Anspruch und die Zweckbestimmung des Gebäudes. Ergibt sich daraus ein höherer Qualitätsstandard für den Schallschutz, ist dieser geschuldet.

Wie in ständiger Rechtsprechung kommt der BGH dabei auch hier weiter zum Ergebnis, dass wenigstens die anerkannten Regeln der Technik als Mindeststandard der Bauausführung geschuldet sind. Wenn die DIN-Norm hinter diesen zurückbleiben, insbesondere weil sie veraltet sind, muss daher grundsätzlich mindestens nach den anerkannten Regeln der Technik gebaut werden. Eine bloße Nennung der dahinter zurückbleibenden DIN im Kleingedruckten des Unternehmers ist gegenüber einem Verbraucher nicht ausreichend, um eine vertragliche Vereinbarung der Unterschreitung der anerkannten Regeln der Technik oder des nach sonstigen vertraglichen Vereinbarungen eigentlich geschuldeten Schallschutzniveaus anzunehmen. Dazu müsste der Unternehmer dem BGH zufolge - Leitsatz 2 - vielmehr nicht nur die Unterschreitung deutlich kenntlich machen, sondern auch die negativen Konsequenzen der minderwertigen Ausführung, hier also der Wohnqualität. Und das übrigens so, dass es auch für Baulaien verständlich ist!

VPB-Fazit: Wenn in Bauverträgen von "DIN" die Rede ist, muss der private Bauherr hellhörig werden. Welchen Inhalt diese DIN-Normen haben und ob sie überhaupt aktuell sind, sollte er von seinem unabhängigen Sachverständigen ermitteln lassen. Hinzu kommt: DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern technische Regelungen. Sie sind auch nicht zwingend vorgeschrieben, sondern haben lediglich Empfehlungscharakter. Mehr dazu unter DIN-Normen

Trittschallschutz - WEG, Lärmschutz

Wiederherstellungspflicht des Gemeinschaftseigentums nach Sanierung

Leitsatz der Redaktion: Greift ein Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) im Rahmen einer typischen Sanierungsmaßnahme in das Gemeinschaftseigentum ein, ist er im Grundsatz zu dessen Wiederherstellung, nicht aber zu dessen "Ertüchtigung" verpflichtet (BGH, Urteil vom 16.03.2018, Az.: V ZR 276/16).

Worum geht es? (Sachverhalt:) Der Wohnungseigentümer einer WEG ließ im Rahmen einer Modernisierung seines Badezimmers in einer 1990 errichteten Immobilie den Estrich vollständig entfernen und unter anderem eine Fußbodenheizung einbauen. Der unmittelbar darunter wohnende Nachbar reklamierten im Anschluss an die Modernisierung, dass sich durch die Baumaßnahmen der Schallschutz verschlechtert habe und klagte daraufhin auf Herstellung bestimmter Schallschutzmaßnahmen. Hilfsweise begehrte er die Herstellung eines Schallschutzniveaus, das dem technischen Stand zum Zeitpunkt der Sanierungsmaßnahmen im Bad (2012) entsprach.

Da der Rechtsstreit im Wesentlich in den ersten beiden Instanzen geklärt werden konnte, hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen der Revision nur noch mit der Frage zu befassen, ob der Nachbar darüber hinaus verlangen kann, dass ein besserer Trittschallschutz als der vor den Sanierungsmaßnahmen verbaute, hergestellt werden muss.

(Rechtliche Würdigung:) Dies hat der BGH verneint. Welcher Zeitpunkt für die (Wieder-)Herstellung des Schallschutzes maßgeblich sei, richte sich zunächst im Wesentlichen nach dem Gewicht des jeweiligen Eingriffs in die Gebäudesubstanz. Ein Wohnungseigentümer, der Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum vornehme, sei im Grundsatz zwar zu dessen Wiederherstellung, aber nicht zur einer „Ertüchtigung“ verpflichtet.

Werde in erheblichem Umfang in die Gebäudesubstanz eingegriffen, etwa durch einen nachträglichen Dachgeschossausbau, führen solche Baumaßnahmen bei den übrigen Wohnungseigentümern berechtigterweise regelmäßig zu der Erwartung, dass sie insgesamt nach aktuellen technischen Vorgaben erfolgen. Bei Sanierungsmaßnahmen, die einer üblichen Instandsetzung oder Modernisierung des Sondereigentums dienen, wie zum Beispiel die Modernisierung eines Badezimmers, kann dies hingegen nicht beansprucht werden. Maßgeblich seien dann unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards.

VPB-Fazit: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einer WEG sollten bei der Planung von Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich vorab prüfen, ob durch die Baumaßnahmen über das Sondereigentum hinaus auch in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen wird. Ist dies der Fall und gehen die Maßnahmen über eine ordnungsgemäße Instandhaltung/-setzung des Gemeinschaftseigentums hinaus, muss hierzu vorab grundsätzlich die Zustimmung der hiervon besonders nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer eingeholt werden, wenn also zum Beispiel nachteilig in den Schallschutz eingegriffen wird.

Darüber hinaus sollten sich Wohnungseigentümer bewusst sein, dass beim Eingriff in das Gemeinschaftseigentum zumindest der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden muss, wenn auch nicht zusätzlich ein Zustand nach aktuellen technischen Vorgaben. Ist allerdings sogar geplant, in erheblichem Maße in die Gebäudesubstanz einzugreifen (Dachgeschossausbau), sind dann zusätzlich beim Umbau des Sonder- und Gemeinschaftseigentums doch die aktuellen technischen Vorgaben einzuhalten.

BGH, Urteil vom 16.03.2018, Az.: V ZR 276/16

V
Verkehrssicherungspflichten

Räum- und Streupflicht endet oft an der Grundstücksgrenze

Keine Räum- und Streupflicht über die Grundstücksgrenze hinaus haben Eigentümer und Mieter - sofern die Kommune ihnen nicht die allgemeine Räum- und Streupflicht als Anlieger übertragen hat! Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urteil vom 21. Februar 2018, Az.: VIII ZR 255/16).

Worum geht es? Eigentümer und Vermieter von Immobilien haben grundsätzlich bestimmte Verkehrssicherungspflichten. Dazu gehören auch Räum- und Streupflichten bei Schnee und Eisglätte. Der Eigentümer kann die Verkehrssicherungspflichten vertraglich auf seinen Mieter oder einen professionellen Dienst übertragen, muss sich dann aber regelmäßig davon überzeugen, dass dieser die Pflichten auch ernst nimmt.

Die Räum- und Streupflicht beschränkt sich in der Regel auf den Bereich des Grundstücks. Geräumt werden müssen auch allein die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, so der Bundesgerichtshof (BGH), nicht aber zugleich der angrenzende öffentliche Gehweg selbst. Für diesen ist grundsätzlich die jeweilige Gemeinde verantwortlich. Eine Ausweitung der betreffenden Verkehrssicherungspflicht über die Mietsache beziehungsweise über das Grundstück hinaus kommt laut BGH allenfalls ausnahmsweise bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände in Betracht oder eben dann, wenn die Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde ausdrücklich auf den Eigentümer (Anlieger) übertragen werde.

VPB-Fazit: Wer ein Haus kauft oder eine Eigentumswohnung erwirbt, für den entstehen damit auch Verkehrssicherungspflichten. Das heißt, er muss dafür sorgen, dass von seinem Eigentum keine Gefahren für andere ausgehen. Klassische Verkehrssicherungspflicht ist die Räum- und Streupflicht. In größeren Gemeinden übernimmt sie oft die Kommune selbst, in kleineren delegiert die Kommune sie häufig an die Eigentümer. Die müssen sich dann um alles kümmern - oder die Pflichten ihrerseits delegieren. Der VPB rät Eigentümern, sich frühzeitig zu erkundigen, welche Pflichten sie haben, denn die Verkehrssicherungspflichten greifen ab dem Moment der Eigentumsübertragung. Das heißt, auch wenn das Grundstück noch jahrelang nicht bebaut wird, muss der Eigentümer dort Vorkehrungen treffen und gegebenenfalls schon Schnee schippen!

BGH, Urteil vom 21. Februar 2018, Az.: VIII ZR 255/16

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