VPB: Altbau vor dem Kauf begutachten lassen
BERLIN. Immer mehr junge Familien schätzen ältere Häuser. Diesen Trend beobachten die Sachverständigen des Verbands Privater Bauherren (VPB) bundesweit. VPB-Sachverständiger Frank Gries weiß warum: "Bei Bestandsbauten entfällt die im Vergleich zu Neubauten längere Planungs- und Bauphase. Die Käufer können in der Regel schneller einziehen. Sie sehen, was an Sanierungsaufwand auf sie zukommt und können die Kosten des Projektes verlässlich einschätzen. Allerdings nur, wenn sie sich vorab vom Experten eine Bestandsanalyse machen lassen", schränkt der Leiter des VPB-Büros Karlsruhe ein.
"Kaufinteressenten brauchen meist kein aufwändiges Wertgutachten, sondern eine seriöse Beurteilung der Substanz", erläutert Dipl.-Ing. Frank Gries. Nach einer Ortsbesichtigung und anschließender Einschätzung können Sachverständige den Wert der Immobilie taxieren und klären, welche Sanierungen bald anstehen. Fast immer müssen die Käufer die Nachrüstpflichten gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllen. Dazu gehören beispielsweise die Ummantelung aller Warmwasserleitungen und Armaturen vor allem in ungeheizten Räumen, die Dämmung der obersten Geschossdecke sowie eventuell der Austausch des alten Heizkessels. Da kann einiges auf die Käufer zukommen, denn die bisherigen Besitzer des Hauses konnten sich meist auf den Bestandsschutz berufen und mussten nicht nachrüsten. Solche Sanierungsstaus müssen die Käufer nun beheben.
"Oft wollen die Käufer aber nicht nur energetisch sanieren, sondern auch an- und umbauen. "Wir prüfen beim Ortstermin, was bautechnisch machbar ist. Dann kann untersucht werden, ob das Dach beispielsweise eine weitere Etage trägt oder Zwischenwände abgebrochen werden dürfen. Ob bautechnische Veränderungen auch rechtlich erlaubt sind, das können die Käufer dann mit unserer Hilfe und dem Bauamt leicht klären. Nicht jeder Anbau ist machbar", gibt Frank Gries zu bedenken. Er empfiehlt deshalb vorab grundsätzlich einen Blick in den Bebauungsplan. Dort steht nämlich nicht nur, was der Käufer machen darf, sondern auch, wie hoch sein Nachbar eventuell noch aufstocken kann.
Wird das Haus umfassend saniert oder erheblich erweitert, müssen die neuen Eigentümer energiesparend bauen und, je nach Größe des Baus und nach Bundesland, regenerative Energien einplanen.
Zu den klassischen Problemen bei den Häusern aus den 1970er Jahren gehören die Flachdächer. Sie waren damals weit verbreitet, meist aus Beton gegossen, manchmal auch in Holz konstruiert. "Diese Dächer sind oft unzureichend gedämmt. Vor allem die, die vor 1972 entstanden sind, also vor der ersten Wärmeschutzverordnung", konstatiert VPB-Berater Gries. "Hier lohnt sich die Dämmung fast immer, sollte aber in jedem Fall vom Energieberater durchgerechnet werden." Erst prüfen, dann beauftragen - das gilt auch, wenn Dächer nachträglich begrünt werden sollen. Der Statiker weiß, ob die Konstruktion das Zusatzgewicht trägt.
Zunächst beraten lassen, dann entscheiden hat sich als Prozedere auch für die nachträgliche Fassadendämmung und den Fenstertausch bewährt. Viele Altbauten haben noch Verbundfenster, aus zwei miteinander verschraubten jeweils einfach verglasten Fensterrahmen. "Wenn diese Fenster noch in Ordnung sind, können sie manchmal auch erst in einer zweiten Sanierungsstufe ausgetauscht werden", erklärt Frank Gries. "Die Fenster passen dann nämlich bauphysikalisch noch zum Haus. Werden sie ersetzt, ohne die Fassade vernünftig zu dämmen, beobachten wir oft Schimmel in den Leibungen. Wir bieten deshalb immer an, einen individuellen Sanierungsfahrplan mit den Käufern gemeinsam abzustimmen, der zu ihren finanziellen Möglichkeiten und ihrer Lebensplanung passt und auf die Besonderheiten des Hauses abgestimmt ist. Dann kann man über mehrere Etappen in sinnvollen Schritten sanieren, ohne sich zu überfordern, Bauschäden zu riskieren oder später womöglich dem erstbesten Verkäufer aufzusitzen, der nur sein Produkt absetzen will. Ob und wann sich die Sanierung lohnt, ist immer ein Rechenexempel." Bauherren sollten sich in jedem Fall unabhängig beraten lassen, empfiehlt der Sachverständige - nicht von der Firma, die Fenster oder Dämmung verkauft.
Kellerwände sind bei alten Häusern oft feucht. Der zur Bauzeit außen aufgetragene Bitumenanstrich zersetzt sich im Laufe der Jahrzehnte und blockt das Wasser nicht mehr verlässlich ab. Viele Hausbesitzer versuchen, die Schäden von innen zu sanieren. "Am sichersten ist immer noch die Abdichtung von außen", konstatiert der Experte und präzisiert: "Das heißt, das Haus ringsum bis auf die Kellersohle abgraben, abdichten, dämmen und wieder beifüllen. Solche Arbeiten sollten möglichst vor der Neugestaltung der Wege, Terrassen und Beete erledigt werden."
Nicht ignorieren sollten Käufer auch Schäden an Balkonen oder Garagendächern. Überall, wo Wasser ungehindert in Beton eindringt, rostet der Stahl im Bauteil. Er verliert damit seine Tragkraft und das Bauteil seine Standfestigkeit.
Wer dem Hauskauf näher tritt, der tut auch gut daran, sich alle Pläne und Berechnungen vorlegen zu lassen. Nur so entdecken Kaufinteressierte eventuelle Schwarzbauten, wie etwa ein nicht genehmigtes Vordach oder einen nachträglich angebauten, illegalen Wintergarten. Vorlegen müssen Verkäufer heute auch den Energieausweis. Der zeigt zwar den aktuellen Energiestandard, erlaubt aber noch keine Rückschlüsse auf die Kosten einer energetischen Sanierung. Er ist nur ein Baustein unter vielen zur Beurteilung des gesamten Objekts. Erfahrungsgemäß dauern Ortsbegehungen im Altbau im Schnitt zwischen zwei und drei Stunden. Bei rund hundert Euro Gutachterkosten pro Stunde ein überschaubarer Preis um die Vor- und Nachteile der ins Auge gefassten Immobilie kennenzulernen. Rechtzeitig genug, um eventuell auch vom Kauf wieder Abstand zu nehmen.
Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon: 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.
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