VPB rät zu Energieausweis und Sanierungsgutachten
Interview mit Dipl.-Ing. Reimund Stewen, Vorstandsmitglied des Verbands Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Regionalbüros in Köln.
Frage:
Herr Stewen, der Energieausweis kommt und wird für Vermieter und Verkäufer von Bestandsimmobilien ab 30. Juni 2008 Zug um Zug Pflicht. Wer braucht den Ausweis und ab wann?
Antwort:
Bis 30. Juni 2008 benötigt niemand einen Ausweis. Danach brauchen grundsätzlich nur jene Hausbesitzer einen Energieausweis, die ihre Immobilie vermieten oder verkaufen möchten. Und zwar wird der Ausweis ab 1. Juli 2008 Pflicht für alle Hausbesitzer, deren Gebäude vor 1965 fertig gestellt wurde, und ab 1. Januar 2009 brauchen alle Eigentümer einen Energieausweis, deren Immobilie ab 1965 gebaut wurde.
Frage:
Und wer nicht vermieten oder verkaufen möchte?
Antwort:
Wer sein altes Haus selbst bewohnt, es weder vermieten noch verkaufen möchte, der braucht auch keinen Energieausweis. Auch Besitzer von ausgewiesenen Baudenkmälern benötigen das Dokument übrigens nicht, selbst wenn sie vermieten oder verkaufen möchten. Ziel des Ausweises ist die Sensibilisierung für die energetische Sanierung - die auch für Eigennutzer sinnvoll ist.
Frage:
Es gibt so genannte verbrauchsorientierte und bedarfsorientierte Energieausweise. Was ist was?
Antwort:
Der verbrauchsorientierte Ausweis ist ein recht einfaches Dokument, in dem nur der durchschnittliche Verbrauch der vergangenen Jahre dokumentiert wird. Das sagt wenig aus, denn je nach Belegung eines Hauses entweder mit einer Großfamilie oder zwei ganztags Berufstätigen, fällt der Energiebedarf gravierend unterschiedlich aus. Dasselbe Haus kann mit dem einen Mieter eine scheinbare Energieschleuder sein, mit dem anderen ein veritabler Sparstrumpf. Besser, weil objektiver, ist der bedarfsorientierte Ausweis. Er dokumentiert den tatsächlichen Verbrauch des Hauses und listet auch Sanierungsbedarf und Schwachstellen beziehungsweise energetische Pluspunkte auf.
Frage:
Wer braucht welchen Ausweis und ab wann?
Antwort:
Wie gesagt, wer weder vermietet noch verkauft, der braucht gar keinen Ausweis. Ansonsten haben alle Hausbesitzer bis 1. Oktober 2008 Wahlfreiheit zwischen beiden Ausweisen. Danach müssen Besitzer von Immobilien mit bis zu vier Einheiten aus der Zeit vor dem 1.11.1977 grundsätzlich den Bedarfsausweis vorlegen, alle Besitzer größerer oder jüngerer Einheiten haben die Wahl zwischen beiden Ausweisarten. Bei Neubauten gilt der Energieeinsparausweis als Energieausweis - und zwar für zehn Jahre ab Ausstellungsdatum.
Frage:
Zu welchem Ausweis raten Sie Hausbesitzern?
Antwort:
Das kommt darauf an, was der Eigentümer mit dem Gebäude vorhat. Möchte oder muss er sein altes Haus schnell und um jeden Preis verkaufen, dann reicht jetzt noch der verbrauchsorientierte Energieausweis. Er dokumentiert nur den Verbrauch der vergangenen Jahre, sagt aber wenig aus über den tatsächlichen Energiebedarf des Gebäudes und den daraus resultierenden Sanierungsbedarf am Haus. Dafür ist er preiswert.
Wer dagegen eine gepflegte, vielleicht sogar schon bereits teilweise sanierte Immobilie dauerhaft vermieten oder verkaufen möchte, der sollte sich immer den etwas teureren bedarfsorientierten Energieausweis machen lassen. Der dokumentiert neben den Verbrauchswerten auch den Sanierungszustand des Hauses. Das bringt unter Umständen Pluspunkte bei Käufern und Mietern.
Frage:
Viele Menschen brauchen keinen Energieausweis, möchten aber dennoch Energie sparen. Hilft denen der Energieausweis auch weiter, etwa mit bautechnischen Hinweisen und energetischen Verbesserungsvorschlägen?
Antwort:
Ja, hier sind Sanierungsempfehlungen aufgeführt, jedoch kurz und unkommentiert. Deshalb rate ich eher zu einem gründlichen Altbau- und Sanierungsgutachten.
Frage:
Warum?
Antwort:
Weil beim Altbau meist noch mehr im Argen liegt, als nur die mangelnde Wärmedämmung. Wer technisch richtig sanieren will, der muss sein Haus als Einheit betrachten. Es ist ein komplexes bauphysikalisches Gefüge, an dem man nicht beliebig herumwerkeln kann. Je nach Zustand der Haustechnik, der Fassaden und Fenster, nach Art der verwendeten Baustoffe und nach den Schäden am Altbau, entwickelt der Bausachverständige ein in sich schlüssiges Sanierungskonzept. Darin sind alle Schritte genau aufeinander abgestimmt, die zum Haus passenden Maßnahmen, in der richtigen Reihenfolge und in finanziell überschaubaren Abschnitten.
Frage:
Lässt sich denn aus einem Altbau überhaupt ein Niedrigenergiehaus
machen?
Antwort:
Im Prinzip ja, aber es kann teuer werden. Manchmal helfen schon kleinere Maßnahmen, um die Energiebilanz zu verbessern. Anhand des Sanierungsgutachtens müssen Bausachverständige und Hausherren deshalb genau abwägen, was sinnvoll ist und sich rechnet. Generell gilt: Möglichst erst die energetische Sanierung durchführen – gegebenenfalls schon vor den genannten Terminen – und dann den Energieausweis ausstellen lassen, der dann ja bessere Werte ausweist.
Foto von Dipl.-Ing. Reimund Stewen
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