Bauvertragsrecht: Architektenvertrag klärt Pflichten und Rechte

BERLIN. Das neue Bauvertragsrecht ist am 1. Januar 2018 in Kraft getreten und gilt für alle Verträge, die seit diesem Tag geschlossen werden. Das Bauvertragsrecht ist Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Das BGB behandelte einen Bauvertrag bislang als normalen Werkvertrag. Weil privates Bauen aber erheblich komplexer ist, als beispielsweise eine Schuhreparatur, hat der Gesetzgeber das Werkvertragsrecht neu strukturiert und in den Paragrafen 650a bis 650v "Bauvertrag", "Verbraucherbauvertrag", "Bauträgervertrag" und "Architektenvertrag" erstmals geregelt. Der Verband Privater Bauherren (VPB) informiert in dieser Serie über die Reform und ihre Vor- und Nachteile für private Bauherren.

Das neue Bauvertragsrecht bringt Veränderungen für private Bauherren. Unter anderem steht ab sofort der "Architektenvertrag" im Gesetz – gleichrangig mit dem "Werkvertrag" und dem "Bauträgervertrag" (die bereits in den vorherigen Folgen der Serie ausführlich erläutert wurden). Bauherren, die individuell planen möchten und einen Sachwalter suchen, der sie durch das Baugeschehen lotst und ihre Baustelle überwacht, müssen sich dazu einen freien Architekten suchen. Mit diesem schließen sie einen Architektenvertrag. "Einige problematische Punkte sind nun detaillierter geregelt worden", resümiert VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag.

Bauen mit dem Architekt

Architekt darf sich nur nennen, wer Mitglied einer Architektenkammer ist. Die Berufsbezeichnung ist geschützt. Die "Honorarordnung für Architekten und Ingenieure" (HOAI) unterteilt die Grundleistungen bei Gebäuden in neun sogenannte Leistungsphasen, von der Grundlagenermittlung bis zur Objektbetreuung. Die Honorare dafür sind seit dem Inkrafttreten der Neufassung der HOAI am 1. Januar 2021 frei verhandelbar.

Ist die Neuregelung gut für private Bauherren?

Teils, teils. Zum einen schafft das Gesetz nun Klarheit in verschiedenen Punkten, die in der Vergangenheit oft für Ärger gesorgt hatten, zum Beispiel in der Frage, wann aus unverbindlichen Vorgesprächen ein honorarpflichtiger Auftrag wird. Zum anderen erleichtert das Gesetz auch den Architekten das Leben, denn sie werden in Zukunft als Bauüberwacher bei Mängeln nicht sofort zum Schadensersatz herangezogen. Im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung muss nun erst die Baufirma zur Nachbesserung aufgefordert werden, ehe die Versicherung des Architekten zahlt. "Das spart den Gesamtschuldnern Geld und dürfte für viele Firmen ein Anreiz sein, Nachbesserungen schnell zu erledigen", mutmaßt Holger Freitag. "Das käme den Bauherren zugute."

Bauherren haben in Zukunft auch beim Architektenvertrag ein einseitiges Anordnungsrecht, allerdings kann dessen Ausübung nicht nur Kosten, sondern auch Verzögerungen von bis zu 60 Tagen nach sich ziehen. Das Anordnungsrecht ist (wie in Teil 5 unserer Serie bereits erläutert) für Großprojekte gedacht und nicht für private Hausbauvorhaben geeignet. "Umstritten ist unter Juristen auch die Frage, ob Architekten vom Verbraucher Sicherheiten für noch ausstehendes Honorar verlangen können", erläutert der VPB-Vertrauensanwalt. "Wäre das der Fall, bekämen sicher viele Bauherren Probleme, wenn ihr Planer mitten im Bauablauf plötzlich Sicherheiten für Honorarsummen in fünfstelliger Höhe verlangen würde." Der VPB geht davon aus, dass diese Frage zum Schluss vom BGH geklärt wird. "Wahrscheinlich wird das Recht auf eine Vergütungssicherheit private Bauherren aber kaum tangieren, denn Architekten dürfen ja Abschlagszahlungen verlangen und können so ihr Risiko gering halten."

Gut für Architekten und schlecht für Bauherren ist das zukünftig geltende Recht auf Teilabnahme. Damit reduzieren die Planer ihre Haftung von zehn auf fünf Jahre. Allerdings greift es nur, wenn der Architekt sämtliche Leistungen nach HOAI übernommen hat, bis einschließlich Leistungsphase 9, der Objektbetreuung bis zur Schlussbegehung fünf Jahre nach Einzug. Das vereinbaren aber jetzt schon die wenigsten Bauherren. Auch Architekten vereinbaren vertraglich lieber nur die Leistungsphasen 1 bis 8 und verzichten auf die letzten zwei Prozent Honorar, als erst fünf Jahre nach der Schlussbegehung überhaupt mit ihrem - dann nochmals längeren - Haftungsteil zu beginnen. Hat der Planer alle Leistungsphasen übernommen, kann er in Zukunft mit dem Teileabnahmerecht bereits nach der Abnahme der Handwerkerleistungen fordern, dass auch seine bisherigen Leistungen abgenommen werden. "Der Architekt reduziert seine eigene Haftung damit erheblich und kommt gleichzeitig mit den ausführenden Firmen aus der Gewährleistungspflicht", erklärt Holger Freitag den Nachteil für Bauherren. Alle Bauherren sollten deshalb unbedingt rechtzeitig vor Ablauf der Gewährleistungsfristen von einem unabhängigen Sachverständigen eine Baubegehung durchführen lassen, um wirklich alle Mängel zu entdecken, bevor es zu spät ist.

Wo steht das im Gesetz?

Der Untertitel 2 umfasst die §§ 650o – 650s BGB.

So war das bisher ...

Problematisch beim Bauen mit dem Architekten ist die Anfangsphase. Schon bei den ersten Terminen, wenn sich die potenziellen Partner noch gar nicht kennen, wird sehr konkret über das Projekt gesprochen, über Raumprogramm, Bauplatz, Bebauungsplan und Budget. Dabei muss geklärt werden, ob das Bauvorhaben überhaupt so realisiert werden kann, wie sich das die Bauherren vorstellen. Diese Zielfindungsphase sahen manche Bauherren dann gerne noch als Akquisitionsleistung und wollten auch für erste Entwürfe nichts bezahlen. Den Architekten beschert sie schon viel Arbeit. Dafür möchten sie bezahlt werden – und natürlich auch den Auftrag für die Gesamtplanung bekommen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten die Beteiligten miteinander sprechen und klären, welche Aufgaben der Architekt übernehmen soll und welche nicht. Das Gespräch wurde aber meist nicht geführt. Auch der Architekt nahm das Stillschweigen gerne als Zustimmung und damit als Auftrag für die Fortsetzung seiner Arbeit.

Darauf müssen Bauherren in Zukunft achten

Architektenverträge konnten bisher - und können auch in Zukunft - formlos und mündlich geschlossen werden. Sie kommen auch durch schlüssiges, sprich konkludentes Handeln zustande. Damit Bauherren, die sich eigentlich nur einen ersten Entwurf machen lassen wollen, nicht unversehens die Architektenleistung für ein ganzes Haus kaufen müssen, hat ihnen der Gesetzgeber nun ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt. Das funktioniert so: Nach der Zielfindungsphase legt der Planer den Bauherren seine Ideen samt einer Kostenschätzung für die weitere Umsetzung vor. Gleichzeitig muss er die Verbraucher in Textform darüber aufklären, dass sie binnen zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen ein Sonderkündigungsrecht haben. Nutzen sie dieses Recht, müssen sie nur alle bis zur Sonderkündigung erbrachten Leistungen des Architekten bezahlen. Kündigen müssen Bauherren schriftlich. Versäumt der Planer, sie über das Sonderkündigungsrecht zu informieren, besteht es fort – und zwar über die gesamte Bauzeit hinweg.

"Gerade mit dem Sonderkündigungsrecht will der Gesetzgeber die Parteien so früh wie möglich zu Gesprächen über den Umfang der Leistungen motivieren", erläutert Holger Freitag. "Bauherren sollten das nutzen und gezielt beauftragen, was sie wirklich brauchen. Das muss nicht immer die Vollplanung sein, es kann auch die Genehmigungsplanung für ein Haus sein, das sie später vom Schlüsselfertiganbieter bauen lassen. Dann allerdings müssen sich die Bauherren wieder jemanden suchen, der für sie die laufende, unabhängige Baukontrolle übernimmt."

Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon: 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.