VPB erklärt wie es geht: Im Winter sorgfältig heizen und lüften
BERLIN. Sollen Haus- und Wohnungsbesitzer im Winter nachts die Temperaturen absenken? Wie warm sollen Wohnräumen mindestens sein? Dürfen Bewohner die Heizung nachts ganz abstellen oder lohnt sich das nicht? Kaum beginnt die Heizperiode, beginnt die Debatte um den richtigen Umgang mit der Wärme. Alle wollen sparen, aber wie funktioniert das am besten?
Ulrich Schiffler, Bausachverständiger des Verbands Privater Bauherren (VPB) weiß, es kommt nicht allein aufs Energiesparen an, sondern darauf, was für das Gebäude am besten ist. Ideal sind Temperaturen, bei denen das Bauwerk keinen Schaden nimmt und Schimmel keine Chance hat. Und ein gesundes Raumklima ist auch das Beste für die Bewohner.
Das Hauptproblem ist der Mensch, denn er verdunstet Wasser, selbst wenn er schläft. Beim Duschen und Kochen kommen noch ein paar Liter hinzu. Experten gehen pro Tag von durchschnittlich drei Litern Wasser aus, die ein Mensch an die Raumluft abgibt. Auch Haustiere, Pflanzen in Hydrokultur und im Wohnraum trocknende Wäsche verschlechtern die Bilanz. Da jeder Kubikmeter Luft im Raum bei 20 Grad nur maximal 17 Gramm Wasser binden kann, lässt sich schnell ausrechnen, wo das Limit liegt: Die Luft in einem normalen Schlafzimmer etwa kann nicht einmal einen Liter Wasser binden. Und zwar bei 20 Grad Raumtemperatur. Wer gerne kalt schläft und eine niedrigere Temperatur einstellt, verschärft das Problem zusätzlich: Das Wasseraufnahmevermögen der Luft sinkt dann nämlich weiter, zum Beispiel auf 13 Gramm bei 15 Grad und auf nur gut neun Gramm bei kühlen 10 Grad Raumtemperatur. Hinzu kommt noch: Selbst direkt nach dem Lüften ist die Raumluft ja auch nicht trocken; wird die Raumluft beim Lüften etwa durch Außenluft von Null Grad und 50 Prozent relativer Feuchte ersetzt, so enthält diese Luft immer noch rund 2,5 Gramm Wasser pro Kubikmeter.
Wohin geht der Rest der Feuchte, den zwei Personen in acht Stunden ausschwitzen und ausatmen und die die Raumluft selbst nicht mehr aufnehmen kann? Zunächst in die Bettwäsche, die Gardinen, die Kleider, die zum Lüften am Haken hängen. Dann geht auch ein Teil in die Böden und Wände, sofern diese offenporig sind und Feuchtigkeit aufnehmen können. "Das ist aber heute oft nicht mehr möglich, denn viele Menschen haben sich mit Kunststoffmöbeln und -oberflächen, Lack- und Latexanstrichen, Vinyltapeten, Laminat- und Vinylböden eingerichtet. Die können kein Wasser speichern."
Unentbehrlich ist daher bei konventionellen Häusern, also Häusern ohne automatische Lüftungsanlagen, das gründliche Lüften am kommenden Morgen. Dann muss die Feuchtigkeit raus. Und es muss geheizt werden, damit sich die Luft wieder erwärmt und die feuchten Bauteile oder die Bettwäsche austrocknen können. Völlig falsch wäre es, morgens nach dem Lüften die Heizung im Schlafzimmer abzustellen. Jetzt muss weiter geheizt werden, sonst bleibt die Feuchte im Raum. Und da braucht es nicht viel, um an kritische Grenzen zu stoßen. Dann kommt es an den Oberflächen in kühlen Bereichen zu Kondensatfeuchte und Schimmel. Dabei muss nicht einmal flüssiges Wasser entstehen. Beträgt die relative Luftfeuchte vor einer kühlen Wandoberfläche nur 80 Prozent, so reichen die Bedingungen für das Auskeimen von Schimmelpilzsporen schon aus.
"Gut für die Bausubstanz und gut für die Bewohner sind 20 Grad, am besten rund um die Uhr", empfiehlt der Bausachverständige, plus regelmäßiges Lüften und zwar mindestens zweimal täglich in großem Zeitabstand bei weit geöffneten Fenstern, mehrere Minuten lang. Querlüften ist optimal, weil dabei viel Luft in kurzer Zeit ausgetauscht wird. Außerdem haben Bausubstanz und Einrichtung beim Querlüften kaum Zeit zum Auskühlen. Das spart Energie, denn das Wiedererwärmen der Luft selbst kostet nur vergleichsweise wenig. Das Dauerkippen von Fenstern ist im Winter dagegen nicht gut: Es bringt kaum Luftaustausch, dafür aber Schimmel an den ausgekühlten Fensterleibungen.
Wie verhält es sich mit der alten Sparempfehlung: Nachts die Heizung runterregeln? "Das geht eigentlich gar nicht mehr", erläutert Bauchsachverständiger Schiffler. "Dazu sind unsere Häuser heute zu dicht. Es gibt kaum noch Feuchteabfuhr auf normalem Wege, also ohne menschlichen oder gar maschinellen Eingriff. Und daher kann die eingesperrte Feuchte bei Abkühlung der Räume zu Schäden führen. Das nächtliche Absenken spart aber auch so gut wie keine Energie. Zwar müssen laut Energieeinsparverordnung die Heizungen nachts automatisch um drei Grad absenken, aber das schlägt sich in massiven Gebäuden kaum oder gar nicht in den Raumtemperaturen nieder. Und weil die Heizung am nächsten Morgen zusätzliche Energie zum Hochfahren benötigt, bleibt auch die Absenkung verbrauchs- und damit kostenneutral."
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