Baumängel: Wo lauern die typischen Mängel am Bau?
BERLIN. Rund 25.000 Euro müssen Bauherren zusätzlich berappen, wenn sie ihren Hausbau nicht von Beginn an vom versierten Sachverständigen betreuen lassen. Diese stattliche Summe hat der Verband Privater Bauherren (VPB) bei seinen jährlichen Umfragen unter seinen Regionalbüros ermittelt. Dabei handelt es sich um die - durchschnittlichen - Kosten zur Beseitigung von Baumängeln, die durch Lässigkeit und mangelnde Baukontrolle entstanden sind. Viele Bauherren verlassen sich beim schlüsselfertigen Bauen allzu sehr auf ihr Glück, beobachten die Experten des VPB. Sie vertrauen auf den firmeneigenen Bauleiter, statt sich einen eigenen und unabhängigen Sachverständigen zu nehmen. Der Bauleiter aber steht im Dienste des Bauunternehmers - nicht der Bauherren. Entsprechend gering ist sein Interesse, durch häufige Kontrollen den Bau zu verzögern. Viele kleine Mängel bleiben deshalb beim schlüsselfertigen Bauen unentdeckt und offenbaren sich erst nach Jahren - mitunter erst nach Ende der Gewährleistungsfrist.
Was sind die gravierendsten Mängel? Wo führen Lässigkeit, Unachtsamkeit und schlechte Bauaufsicht zu Pfusch auf der Baustelle? Bei der Auswertung der VPB-Umfragen rangiert das Problem "Abdichtung" weit vorne. Die VPB-Berater haben praktisch auf jeder Baustelle mit dem Problem zu tun. Oft merken sie es bereits bei der Vertragsprüfung: Der Schlüsselfertiganbieter hat gar kein Baugrundgutachten vorgesehen! Ohne Baugrundgutachten sind aber Bodenverhältnisse nicht bekannt, und die sind entscheidend für die Planung und technische Ausführung des Kellers, also dafür, wie der Keller gegen Feuchtigkeit, vielleicht sogar drückendes Grundwasser geschützt werden muss. Fehlt das Bodengutachten, empfehlen VPB-Bausachverständige ihren Bauherren, es auf eigene Rechnung machen zu lassen. Es kostet im Schnitt 1.000 Euro, kann aber später viele tausend Euro an überraschenden Kosten sparen.
Wie ein Bauwerk, speziell Keller, Flachdach und Balkone, abgedichtet werden muss, das definiert unter anderem die Abdichtungs-Normenreihe 18531 bis 18535. Dabei gilt stets der alte Grundsatz: Die Abdichtung erfolgt immer auf Rohbauebene. Das heißt, die heute gebräuchliche kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung, kurz KMB, muss direkt aufs Mauerwerk aufgetragen werden. Oft finden VPB-Berater, die zu spät auf die Baustelle gerufen werden, die Perimeterdämmung auf den Steinen und die Beschichtung außen drauf. Das ist technisch verkehrt und muss korrigiert werden. Ein klassisches Beispiel, warum laufende Baukontrolle so wichtig ist.
Die VPB-Sachverständigen beobachten weitere Probleme: Technisch korrekt wird die Bodenplatte mit einer Schweißbahn abgedeckt. Darauf kommen dann die Installation und schließlich der schwimmende Estrich. Auf vielen Baustellen liegt die Schweißbahn monatelang offen. Jeder läuft drüber, lässt Nägel und Schrauben fallen, die sich festtreten. So entstehen Risse und Löcher. Die werden aber oft nicht entdeckt, weil niemand mehr zum Schluss die Folie säubert und prüft. Das muss aber gemacht werden!
Klar technisch geregelt ist auch, wie bodengleiche Terrassen- oder Balkontüren abgedichtet werden müssen. Werden diese Details falsch ausgeführt, die Abdichtung nicht hoch genug gezogen, dann sickert gerade im Winter schnell Tauwasser unter der Tür hindurch in den Wohnbereich. Solche Schäden werden nur bei laufender Baukontrolle rechtzeitig erkannt.
Mangelhaft ist an vielen Neubauten auch die Luftdichtigkeit. Das zeigt sich spätestens beim Blower-Door-Test mit Thermografie - sofern diese Untersuchung allerspätestens zum Schluss auch tatsächlich durchgeführt wird. Auch mit Wärmedämmverbundsystemen können längst nicht alle Firmen umgehen, kritisieren die VPB-Berater.
Ebenso viele Firmen haben Probleme mit Dampfbremsen. Sie werden oft falsch eingebaut und mit ungeeignetem Klebeband fixiert. Auch klassische Bauaufgaben wie das Mauern stellen offenbar immer mehr Firmen vor unlösbare Probleme - so der Eindruck der VPB-Berater. Ungeschulte Arbeitskräfte hinterlassen Fugen mit wenig oder ganz ohne Mörtel oder verwenden auch schon mal Bauschaum statt Mörtel!
Häufig entdecken VPB-Berater Mauern mit zu geringem Überbindemaß. Das bedeutet: Die Steine in den einzelnen Lagen überlappen nicht ausreichend weit. Damit eine Mauer statisch solide steht, muss aber ein bestimmtes Überbindemaß eingehalten werden, sonst ist die Standfestigkeit der Mauer gefährdet. Die Statik mancher Mauer gefährden auch Installateure, die nach Belieben Mauern schlitzen und Rohre wie Leitungen auch schon mal mit Bauschaum fixieren.
Solche gravierende Baumängel fallen nur auf, wenn die Baustelle regelmäßig kontrolliert wird, und der Kontrolleur auch ein Interesse an der Beseitigung der Mängel hat. Ist erst einmal Putz auf den offenen Fugen oder das Erdreich rings um den Keller beigefüllt, dauert es, bis Mängel offenbar werden. Aber die Mängel sind da - und die Schäden kommen garantiert.
Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon: 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.