VPB-Sommerserie 2016 - Schluss || VPB-Umfrage: Typische Probleme beim Kauf von Neubau-Eigentumswohnungen
BERLIN. Im Augenblick werden bundesweit mehr Eigentumswohnungen gekauft als Einfamilienhäuser. Vor allem in den Städten geht der Trend zum Eigenheim auf der Etage. Die meisten Wohnungsanlagen werden von Bauträgern realisiert. Die wenigsten Bauherren wissen ganz genau, auf was sie sich beim Kauf einer Wohnung einlassen: lückenhafte Bauunterlagen, überzogene Zahlungspläne, vage Termine und möglicherweise noch viele Jahre Ärger durch mangelhafte Bausubstanz zählen zu den ganz realen Gefahren. Der Verband Privater Bauherren (VPB) hat seine Regionalbüros in den großen Städten um eine Einschätzung der Lage gebeten - wie ist die Lage am Neubaumarkt? Welche Erfahrungen machen private Bauherren beispielsweise in Städten wie Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Leipzig, Köln, Stuttgart, Tübingen, Kiel, Regensburg, Bielefeld und Heilbronn?
Größtes Problem sind überall die schlechten Bauunterlagen: 92 Prozent der Unterlagen, die die Sachverständigen für Bauherren geprüft haben, sind lückenhaft. Die Käufer bekommen dann weder alle Pläne noch relevante Berechnungen in die Hand. Hier muss endlich etwas geschehen, fordert der VPB und setzt seine Hoffnung auf das neue Bauvertragsrecht, das laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden soll.
Eine weitere Erfahrung bewahrheitet sich auch bei dieser Umfrage: Der vom Anbieter vorformulierte Vertragsentwurf ist meist nicht mehr verhandelbar. Der Wohneigentumsmarkt ist aktuell ein Verkäufermarkt, das Angebot ist so knapp, die Firmen diktieren die Verträge. Kritische Geister erhalten den Zuschlag regelmäßig nicht.
Mindestens so ärgerlich sind die Fälle, in denen keine Sicherheiten gestellt werden. Und das, obwohl es gesetzlich längst geregelt ist. In Bielefeld, Heilbronn, Kiel, München und Stuttgart werden Sicherheiten mitunter sogar verweigert, in Berlin und Köln ist das kein nennenswertes Problem.
Ärgerlich sind auch Reservierungsgebühren bei bestimmten Objekten: In Hamburg soll, wer vom Kauf einer Wohnung zurücktritt, eventuell eine Bearbeitungsgebühr zwischen 5.000 und 8.000 Euro berappen.
Termine werden beim Bauen nur ungern genannt, 83 Prozent der Baufirmen verzichten darauf oder sie formulieren die Termine vage und mit vielen Vorbehalten. Die Bauherren müssen mit enormen Verzögerungen leben - in Berlin werden Wohnungen aktuell öfter ein halbes Jahr später fertig, als anfangs besprochen. Generell werden Termine nach aktueller Beratererfahrung in neun von zehn Fällen nicht eingehalten. Für Bauherren, die eine Mietwohnung kündigen müssen oder monatelang parallel Miete und Zinsen zahlen, ist das teuer und ärgerlich.
Viele Bauherren fühlen sich von den Bauunternehmen ignoriert und hingehalten. Natürlich kann eine Firma, die 100 Wohnungen hochzieht, nicht ständig mit jedem in Kontakt stehen, auffällig ist aber: Vor allem nach Vertragsabschluss sinkt die Lust am Gespräch mit dem Kunden bei immerhin fast 60 Prozent der Firmen rapide. Wirklich kommunikationsfreudig ist ohnehin selten eine.
Dagegen haben die Baufirmen offenbar verstanden: Je mehr Experten auf einen Bau schauen, umso mehr Mängel werden rechtzeitig entdeckt und können auch bei den Subunternehmern reklamiert werden. Zwei Drittel der Firmen behindern die unabhängigen Baukontrollen nicht, das andere Drittel nur ab und zu.
In den vergangenen Jahren haben manche Baufirmen ein neues Geschäftsfeld etabliert, das nicht im Sinne der privaten Bauherren sein kann: Sie bieten den Bauherren von sich aus Baukontrollen an, sie lassen beispielsweise das Gemeinschaftseigentum von eigenen Leuten abnehmen. Das heißt, die Firmen kontrollieren sich selbst. Das ist nach VPB-Ansicht ein Unding, denn dabei gehen naturgemäß viele Mängel unter, die von Rechts wegen behoben werden müssen. Ohnehin beobachten VPB-Sachverständige etwa in Regensburg: Bei den nur vom Bauträger kontrollierten Abnahmen gehen häufig die Mängelbeanstandungen unter, die während der Bauzeit gerügt wurden.
Können Käufer überhaupt noch Ansprüche durchsetzen? Was ist Ihnen wichtig? Die Beratererfahrung ergibt: Die energetische Qualität der Anlage bewerten 17 Prozent der Bauherren sehr hoch. Geht es um Barrierefreiheit, sind jeweils ein Drittel sehr mäßig oder kaum interessiert. Dagegen spielen Lage und Infrastruktur bei über 80 Prozent der Käufer eine zentrale Rolle. Zwei Drittel halten eine gute Gemeinschaft für wichtig oder zumindest wünschenswert, einem Drittel ist das - seltsamerweise - nicht wichtig. Dafür sind für zwei Drittel der Kaufpreis und der Stellplatz von entscheidender Bedeutung. In Tübingen und Bielefeld fragen Bauherren auch öfter nach der Qualität der Bauausführung. In Hamburg suchen die Käufer bevorzugt bestimmte Wohnungsgrößen: Singles schätzen 60 bis 80 Quadratmeter, Paare suchen um die 100 Quadratmeter Wohnfläche.
Wo liegen die häufigsten Mängel? Im Gemeinschaftseigentum. Vor allem die Abdichtung bei Tiefgaragen, Balkonen und Terrassen ist oft mangelhaft. Die VPB-Berater monieren auch Brand- und Schallschutz. Auch die Haustechnik lässt mitunter zu wünschen übrig. Viele Immobilien werden offenbar schnell hochgezogen. "Wenig dauerhafte Konstruktionen" ist ein Kritikpunkt der Münchner VPB-Sachverständigen. Die Stuttgarter Berater sehen vor allem bei kleinen Objekten mit drei bis zehn Wohnungen die Tendenz zu besonders viele Mängel. In Regensburg liegen manche Objekte an verkehrsreichen Straßen und wären normalerweise kaum verkäuflich.
Was können Käufer von Eigentumswohnungen tun? Der VPB rät, sich im Vorfeld mit den Besonderheiten der Wohnform vertraut zu machen und die Zeit zwischen Kauf und notarieller Beurkundung zur Vertragsprüfung zu nutzen. Käufer sollten schnell zukünftige Nachbarn ansprechen, auch samstags am Bauzaun, und sich mit ihnen zusammenschließen. Gemeinsam sollten sie unabhängige Sachverständige mit der laufenden Baukontrolle beauftragen und auch bei der Abnahme eigene Experten hinzuziehen - und sich nicht auf die Baufirma verlassen.
Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon: 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.
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