VPB kritisiert: Bauherren haben kein Recht auf die eigenen Pläne
BERLIN. Neue Häuser müssen der Energieeinsparverordnung (EnEV) entsprechen. Dafür haftet der Bauherr. Er muss sich darum kümmern, dass sein Neubau in jeder Hinsicht geltendem Recht entspricht. Hält er dabei die EnEV nicht ein, drohen ihm hohe Geldbußen. Nach Erfahrung des Verbands Privater Bauherren (VPB) hat der normale Bauherr mit dieser Verantwortung aber enorme Probleme: "Er bekommt nämlich oft die relevanten Pläne und Energieberechnungen gar nicht in die Hand", erläutert VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag. "Damit hat er aber auch keine Möglichkeit, diese wichtigen Unterlagen rechtzeitig vom unabhängigen Sachverständigen prüfen zu lassen."
Das ist aber unentbehrlich, wie die Praxis zeigt. Bausachverständiger Dipl.-Ing. Carsten Clobes, Leiter des VPB-Büros Kassel, entdeckt bei der Prüfung der Baupläne und des Wärmeschutznachweises immer wieder Dinge, die nicht plausibel sind. "Oft werden einfach Wärmeschutznachweise anderer Häuser verwendet und lediglich die Adresse ausgetauscht sowie Maße und Volumen angepasst. Der Rest wird einfach übernommen. Dabei passieren dann auch durchaus auch grobe Schnitzer, etwa wenn der Wärmeerzeuger, also die Heizung, laut Nachweis ‚im Keller‘ aufgestellt werden soll, das Haus aber tatsächlich gar keinen Keller bekommt, sondern lediglich eine Bodenplatte."
Problematisch wird es nach Erfahrung des Energieberaters auch, wenn Tragwerksplaner und Architekten nicht Hand in Hand arbeiten. "Statiker neigen dazu, massive Bauteile, gerne in Beton, zu verwenden. Das ist aber wärmedämmtechnisch nicht optimal, weshalb Planer andere Materialien bevorzugen. Wenn sie sich nicht abstimmen, passen ihre Konzepte später nicht zusammen."
Entscheidend für die Energieeinsparung am Bau ist auch der technisch korrekte Umgang mit Wärmebrücken. "Hier hat der Planer verschiedene Möglichkeiten. Entweder er verbessert die Wärmedämmfähigkeit des Hauses insgesamt um zehn Prozent und kann damit die Berechnung der einzelnen Wärmebrücken sparen. Diese Methode ist allerdings nicht wirtschaftlich und entspricht nicht den KfW-Richtlinien. Oder er berechnet die Wärmebrücken nach DIN 4108 Beiblatt 2. Das Haus muss dann aber auch entsprechend der DIN ausgeführt werden, was wiederum konsequente Baukontrolle voraussetzt", erläutert Carsten Clobes. "Die dritte Möglichkeit ist die tatsächliche Berechnung der einzelnen Wärmebrücken. Der Planer muss dann zu jeder Wärmebrücke auch eine entsprechende Konstruktionszeichnung liefern, wie das Bauteil ausgeführt werden soll. Auch hier erleben wir oft, dass diese Planungsdetails fehlen."
Die Kontrolle der Pläne und des Wärmeschutznachweises funktionieren nur, wenn der Bauherr die Unterlagen vom Bauunternehmer auch tatsächlich und vollständig ausgehändigt bekommt. Hier muss der Gesetzgeber endlich nachbessern, fordert der VPB: Private Bauherren müssen das verbriefte Recht haben, alle Planunterlagen rechtzeitig einzusehen und diese vom Experten prüfen zu lassen. Nur so lassen sich mangelhafte Planungen rechtzeitig entdecken. Nur so erfährt der Bauherr, ob er die vereinbarte Qualität bekommt und auch, ob sein zukünftiges Haus geltendem Recht entspricht.
Ob ein Neubau der EnEV entspricht, müssen die zuständigen Behörden in Zukunft noch öfter prüfen als bisher; die neue EnEV sieht verstärkte Kontrollen ausdrücklich vor. "Stellt sich bei einer solchen Prüfung im Nachhinein heraus, dass die Energieberechnungen nicht korrekt waren, muss der Bauherr als Verantwortlicher energetisch nachbessern. Unter Umständen muss er auch KfW-Mittel zurückzahlen", gibt Holger Freitag zu bedenken.
Zum persönlichen Schaden kommt auch noch ein gesellschaftspolitischer: Energieeffizientes Bauen ist die Voraussetzung, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Das gelingt nur, wenn die Maßnahmen richtig geplant und dann bautechnisch korrekt umgesetzt werden. Dazu muss der Bauherr die Pläne rechtzeitig einsehen und prüfen lassen können. "Selbst wenn der Bauherr bei der Abnahme Unterlagen erhält, er kann dann zum Beispiel nicht mehr prüfen, ob die in der Planung vorgesehenen Dämmmaterialien auch tatsächlich verbaut worden sind", gibt Holger Freitag zu bedenken. Hier hat der Bauherr beim Schlüsselfertiganbieter bisher keine gesetzliche Handhabe. Er kann versuchen, die Herausgabe der Planungsunterlagen in den Bauvertrag hinein zu verhandeln. Erfahrungsgemäß haben die Baufirmen daran aber kein Interesse. Ohne gesetzlich verbrieftes Recht steht der Verbraucher hier auf verlorenem Posten, moniert der VPB.
Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon: 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.
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