VPB-Sommerserie (6) Erste Erfahrungen mit dem neuen Bauvertragsrecht || VPB rät: Bauverträge auch auf Sicherheitsleistungen hin prüfen lassen

BERLIN. Wer baut, braucht Sicherheiten. Bauherren brauchen Sicherheiten, dass ihr bestelltes Haus fristgerecht und mängelfrei fertiggestellt wird. Baufirmen wollen sichergehen, dass sie zum Schluss auch das Geld für ihre Arbeit bekommen. Der Gesetzgeber räumt den am Bau Beteiligten jeweils unterschiedliche Ansprüche ein, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den Paragraphen 631 fortfolgende geregelt sind, erläutert der Verband Privater Bauherren (VPB). Für private Bauherren sind dabei vor allem die Stichworte "Erfüllungssicherheit", "Gewährleistungssicherheit" und "Bauhandwerkersicherung" wichtig.

"Die Materie ist komplex", weiß VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag. "Bauherren müssen hier genau aufpassen, damit sie einerseits ihre Rechte wahren, andererseits nicht selbst durch die Sicherheiten, die die Baufirmen von ihnen verlangen dürfen, in Finanzierungsschwierigkeiten geraten."

Aktuell beobachten die Sachverständigen des VPB, die im Auftrag der privaten Bauherren Bauverträge prüfen, unterschiedliche Probleme. Zum einen werden nach wie vor alte Vertragsmuster mit alten Abschlagszahlungsplänen verwendet. "Sie sehen immer noch eine letzte Rate in Höhe von fünf Prozent des Werklohns oder sogar weniger vor. Das ist nicht mehr gesetzeskonform", erläutert VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag. "Für alle Bauverträge, die seit dem 1. Januar 2018 geschlossen werden, gilt das neue Bauvertragsrecht, und das sieht für Verbraucherbauverträge eine letzte Rate in Höhe von mindestens zehn Prozent vor. Andernfalls sind von Bauunternehmen vorgegebene Abschlagszahlungspläne unwirksam."

Nicht zu verwechseln ist das mit den fünf Prozent Fertigstellungssicherheit: Bei einem Verbraucherbauvertrag und auch bei einem Bauträgervertrag hat der Verbraucher-Bauherr nach wie vor Anspruch auf eine solche Sicherheit in Höhe von fünf Prozent vom Werklohn, wenn Abschlagszahlungen verlangt werden. Die Baufirma darf wählen, in welcher Form sie das tut. Üblich ist eine Bürgschaft. Die Bauherren können das Geld aber nach Wahl der Firma von der ersten Abschlagszahlung bis zum Abschluss des Bauvorhabens einbehalten. "Der Einbehalt ist für die privaten Bauherren die praktischste Lösung", empfiehlt Holger Freitag.

Neu geregelt wurde die Höhe von Werklohnsicherheiten, die sich Bauunternehmer in ihren Vertragsmustern ausbedingen: Statt hundert Prozent Werklohnsicherheit dürfen Baufirmen, die Abschlagszahlungen verlangen, nun nur noch maximal 20 Prozent Sicherheit verlangen. Dies betrifft alle Verbraucherbauverträge, sprich Bauverträge mit nur einem Schlüsselfertigunternehmer. "Schreibt eine Firma nun die 20 Prozent Werklohnsicherung in ihre AGB, dürfte das für viele Bauherren eine unangenehme Überraschung werden, falls die Baufirma diese Sicherheit dann tatsächlich verlangt", gibt der Rechtsanwalt zu bedenken und warnt weiter: "Verzichten die Firmen aber auf Abschlagszahlungen, kommt es eventuell noch ärger, denn dann geht es nicht mehr nur um 20 Prozent, sondern um bis zu 100 Prozent Werklohnsicherheit. Fast niemand kann das aus dem Stand leisten. Denn die Banken betrachten den Kredit für den Hausbau und eine für die Werklohnsicherheit eventuell zu stellende Bürgschaft als zwei voneinander unabhängige Geschäfte. Die Bank nimmt vom Verbraucher als Sicherheit für seinen Hausbaukredit typischerweise eine erstrangige Grundschuld auf sein Eigentum am Baugrund. Welche Sicherheit kann der Verbraucher dann noch für die Werklohnsicherheit stellen?" Der VPB rät deshalb Bauherren, schon frühzeitig mit der Bank zu sprechen, ob diese bereit ist, nicht nur den Bau selbst, sondern auch die Sicherheit zu finanzieren.

Kein Thema für private Bauherren von Einfamilienhäusern mit oder ohne Einliegerwohnung war bis zur Einführung des neuen Bauvertragsrechts die sogenannte Bauhandwerkersicherung. Sie betraf kommerzielle Bauherren. Nun sind auch private Bauherren davon betroffen, und zwar immer dann, wenn sie keinen Verbraucherbauvertrag unterzeichnen, sondern einen normalen Bauvertrag. Also zum Beispiel, sobald Bauherren mit dem eigenen freien Architekten planen und mehrere Baufirmen für verschiedene Gewerke beauftragten. Dazu schließen sie normale Bauverträge und keinen Verbraucherbauvertrag. Bei normalen Bauverträgen kann jeder Unternehmer von den Bauherren eine sogenannte Bauhandwerkersicherung verlangen und zwar als Sicherheit für den noch ausstehenden Werklohn zuzüglich mit zehn Prozent pauschalierter Nebenforderungen, also in Höhe von bis zu 110 Prozent. "Das können Bauherren normalerweise nicht leisten", gibt Holger Freitag zu bedenken", denn sie müssten ja im Extremfall 210 Prozent absichern - einmal den Kredit selbst und dann noch die Sicherheit. "Können Bauherren die Sicherheit nicht aufbringen, räumt das dem Unternehmer ein Kündigungsrecht ein", erklärt der Rechtsanwalt. "In der Praxis nutzen Baufirmen dieses Instrument, um unliebsame Vertragspartner loszuwerden."

"Auf die Stellung von Gewährleistungssicherheiten gibt es auch mit dem neuen Bauvertragsrecht keine gesetzlichen Ansprüche", räumt Rechtsanwalt Freitag ein. "Sie sind weitgehend Verhandlungssache. Allerdings müssen die privaten Bauherren wirtschaftlich betrachtet am Ende die Kosten für die Gewährleistungssicherheit tragen, und die können schon angesichts der Dauer von bis zu fünf Jahren nach der Abnahme fühlbar werden. Daher ist es immer sinnvoll, zugleich in die laufende Bau- und Qualitätsüberwachung durch den eigenen Bausachverständigen zu investieren. Stimmt nämlich die Qualität am Bau, kommt es zu deutlich weniger Gewährleistungsfällen, die Absicherung kann dann deutlich preiswerter ausfallen."

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