VPB-Experteninterview
Bodenklassen: Bodenklassen werden in vielen Bauverträgen falsch angesetzt
VPB: Bodenverhältnisse werden in vielen Bauverträgen zu günstig angesetzt
BERLIN. Bauherren beginnen ihre Hausplanung meist mit Überlegungen zur Fassadengestaltung, Dachform und Innenausstattung. Wenig Gedanken machen sie sich nach Erfahrung des Verbands Privater Bauherren (VPB) über den Baugrund. Dabei ist der Boden entscheidend für die Gründung des Hauses. Je problematischer der Baugrund, umso teurer werden Gründung und erst recht ein Keller.
Die Unwissenheit der Bauherren in Sachen Grund und Boden nutzen viele Schlüsselfertiganbieter zur gefälligen Anpassung ihrer Preise: Statt wenigstens durchschnittliche Bodenverhältnisse mit Aushub, Gründung und Abdichtung zu kalkulieren, gehen sie vom Idealfall aus und rechnen in ihr Angebot nur einen günstigen Keller oder eine preiswerte Bodenplatte ein, die in kaum einem Fall ausreichend sein werden. Die Position Aushub2 wird in vielen Baubeschreibungen nicht oder unzureichend definiert. Das bedeutet in der Regel Zusatzkosten.
Oft kalkulieren Firmen nur 40 Zentimeter Aushub ein und legen dabei die Bodenklasse 3 zugrunde, beobachten beispielsweise VPB-Berater. Das reicht aber nicht aus, denn jede Bodenplatte muss frostsicher gegründet werden und auf tragfähigem Grund stehen. In den meisten Regionen Deutschlands liegt die Frostgrenze bei 80 Zentimetern, der tragfähige Grund beginnt in der Regel bei einem Meter Aushubtiefe. Erst auf diesem festen Boden kann dann überhaupt eine solide Bodenplatte betoniert werden.
Das Problem liegt auf der Hand: Weil die im Vertrag festgelegten 40 Zentimeter Aushubtiefe für die sichere Gründung keinesfalls reichen, muss tiefer ausgehoben werden. Das kostet extra und zwar einmal beim Aushub und dann beim Entsorgen des Bodens. Alles in allem kommen da von vornherein 2.000 bis 3.000 Euro an Zusatzkosten auf die Bauherren zu.
Die wenigsten Bauherren kennen den Begriff Bodenklasse. Heutzutage wird der Baugrund in sogenannte Homogenbereiche eingeteilt, aber die alte Begrifflichkeit hält sich noch in vielen Baubeschreibungen. Fachleute unterschieden sieben verschiedene Bodenklassen. Definiert waren sie in der alten Fassung der DIN 18300. Sie reichten vom lockeren Mutterboden bis hin zu solidem Fels. Meistens wird in den Bauverträgen die Bodenklasse 3 angesetzt. Das waren laut Beschreibung leicht lösbare Bodenarten, nichtbindige bis schwachbindige Sande und Kiese: Böden, die sich problemlos mit dem Bagger ausheben, abtransportieren und anderweitig verwenden lassen.
Die bei vielen Baufirmen übliche Praxis, den Boden bewusst preisgünstig zu klassifizieren, geht oft an der Realität vorbei, warnen VPB-Sachverständige. Realistische Werte lassen sich nur mithilfe eines Bodengutachtens kalkulieren, das, je nach Aufwand, zwischen 500 und 1.000 Euro kostet. Das setzt aber zwingend voraus, dass das Baugrundstück vor Abschluss des Bauvertrages festliegt und untersucht wird. Nur wer weiß, auf was er baut und was er vorher wegräumen muss, kann die Kosten für den Aushub ermitteln. Erfahrungsgemäß liegt der Aushub für den Keller eines 80 Quadratmeter großen Hauses mit 300 Kubikmeter Aushubmasse beispielsweise im Bereich Leipzig bei Bodenklasse 4 bis 5 bei rund 9.000 Euro. Das entspricht rund 30 Euro pro Kubikmeter Aushubmasse. In anderen Regionen rangieren die Preise für den Aushub zwischen 30 und 50 Euro pro Kubikmeter (Stand 2018).
Das Weglassen oder möglichst unauffällige Platzieren wichtiger Positionen im Bauvertrag hat Methode, so die VPB-Erfahrung: Weil Aushub und Abtransport des Erdreichs zum Baubeginn zwingend nötig sind, bezahlen die Bauherren sie notgedrungen extra. Und weil auf die Schnelle kein anderer zu finden ist, der den Job übernimmt, beauftragen sie damit meist ihre Schlüsselfertig-Firma. Die steht natürlich bereit - und sichert sich so einen Zusatzauftrag. Gefeit vor diesen Überraschungen ist nur, wer seinen Vertrag frühzeitig vom unabhängigen Sachverständigen prüfen lässt. Bei der Prüfung kommen die versteckten Extras ans Licht.