VPB-Experteninterview
Radon im Altbau: Sinnvolle Maßnahmen gegen Radon in belasteten Altbauten
BERLIN. Zum Jahreswechsel am 31.12.2018 ist die Aktualisierung des Strahlenschutzgesetzes in Kraft getreten. Es enthält damit zum ersten Mal verbindliche Regelungen zum Radonschutz in Aufenthaltsräumen und nennt Referenzwerte für die Belastung mit Radon. Ab 300 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m³) im Jahresmittel müssen Maßnahmen zur Reduzierung der Radonkonzentration getroffen werden. "Das Problem Radon an sich ist nicht neu. Neu sind die Grenzwerte, die nun in Wohnräumen und an Arbeitsstätten in Gebäuden (Büroräume / Werkstätten) eingehalten werden müssen", erläutert Dipl.-Ing. Marc Ellinger, Sachverständiger des Verbands Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Büros Freiburg-Südbaden. "An der Radonbelastung selbst hat sich dadurch nichts geändert."
Radon ist ein radioaktives Edelgas und entsteht beim Zerfall von Uran, das in allen Gesteinen und Böden in unterschiedlich hoher Konzentration vorkommt. Das Gas steigt durch die Bodenschichten Richtung Erdoberfläche auf und vermischt sich dort mit der Luft. In der Atmosphäre ist es dann in ungefährlich verdünnter Menge vorhanden. Weil Radon aber in hohen Konzentrationen gesundheitsschädlich ist und als Hauptursache für Lungenkrebserkrankungen bei Nichtrauchern in Deutschland gilt, müssen Gebäude mit Wohn- und Arbeitsstätten jetzt im Hinblick auf die Radonbelastung hin überprüft werden. Bei erhöhter Belastung mit Radon sind Maßnahmen zu treffen, die die Einhaltung der Referenzwerte sicherstellen.
"Während wir Neubauten von vornherein leicht radonsicher konstruieren können, ist es technisch komplizierter, einen Bestandsbau nachträglich gegen Radon abzudichten", erklärt der Experte und fügt hinzu: "Am Anfang steht immer die Klärung der Frage, ob ein Bestandsbau überhaupt über die neuen Grenzwerte hinaus belastet ist und, falls ja, was dagegen sinnvollerweise getan werden kann. Grund zur Panik besteht dabei nicht, denn die vorhandene Radonbelastung, mit der wir alle schon immer leben, hat sich ja durch das Gesetz nicht verändert. Lediglich der Umgang damit." Das neue Gesetz sieht nun zunächst flächendeckende Messungen vor, um die Radonbelastung bundesweit abzuklären. Das übernehmen in den kommenden Jahren die einzelnen Bundesländer. Sie müssen das Risiko neu bewerten und dazu die Radonexposition in Gebäuden mithilfe moderner Messtechnik erfassen. "Private Immobilieneigentümer können auf eigene Faust messen, wenn sie dies möchten, und dabei prüfen, ob ihr Gebäude belastet ist oder nicht. Die Kosten für die Geräte sind gering. Eine aussagekräftige Messung dauert mehrere Monate, im Idealfall wird ein ganzes Jahr gemessen und zwar an mehreren Stellen in den jeweiligen Gebäuden."
Je nachdem, wie die Ergebnisse ausfallen, ergeben sich Empfehlungen für den Bestand. "Liegen die gemessenen Werte unterhalb des Referenzwertes von 300 Bq/m³, besteht nach aktueller Rechtslage kein Handlungsbedarf", erklärt der Fachmann. "Liegen die gemessenen Werte über dem Referenzwert, muss die Radonbelastung in Aufenthaltsräumen und an Arbeitsstätten gesenkt werden. Die Frage ist, welche Maßnahmen dazu sinnvoll und geeignet sind."
"Erste und einfachste Maßnahme - auch schon während der Messphase - ist das Lüften", empfiehlt Bauherrenberater Ellinger. "Regelmäßiges Lüften senkt die Radonkonzentrationen in Räumen." Dies kann durch regelmäßiges Querlüften erfolgen oder durch den nachträglichen Einbau von Lüftungsanlagen, eventuell mit Wärmerückgewinnung. Diese dürfen allerdings keinen Unterdruck in den Innenräumen erzeugen, weil dadurch das Radon ins Haus gesaugt würde. "Wichtig ist ein schlüssiges Lüftungskonzept."
Während ein Neubau durch einen wasserdichten Keller auch verlässlich gegen Radon geschützt werden kann, müssen beim - belasteten - Altbau individuelle Lösungen gefunden werden. Die Möglichkeiten sind mehr oder minder umfangreich und teuer. Wichtig ist immer die Beratung im Vorfeld durch geschulte Sachverständige. Sinnvoll ist beispielsweise immer die Abdichtung der Türen und Leitungsschächte im Innern. Auch wenn Risse im Gebäude geschlossen werden, verringert sich das Radon erheblich. "Je nach Bestandsgebäude und Belastung gibt es verschiedene Maßnahmen bis hin zum technisch sehr aufwändigen Sammeln und Absaugen des Radons unter dem Gebäude über Radonbrunnen oder Radondrainagen", erläutert der VPB-Experte. "In jedem Fall", rät Marc Ellinger, "sollte der Erfolg aller Maßnahmen anschließend durch Messungen kontrolliert werden."
Lesen Sie mehr zum Thema im VPB-Experteninterview mit Dipl.-Ing. Marc Ellinger.
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