VPB-Experteninterview
Risse im Haus: Risse mal harmlos, mal gefährlich!
BERLIN. Risse in und am Haus verunsichern viele Eigenheimbesitzer, denn Risse haben sehr unterschiedliche Ursachen, erläutert der Verband Privater Bauherren (VPB). Erschütterungen, sich verändernde Grundwasserspiegel, der Bergbau wie auch problematische Böden können Risse im Haus verursachen. Je nach Größe muss der Riss genauer untersucht werden, und nach dem Befund richten sich dann Art und Umfang der Sanierung.
Harmlos sind sogenannte Haarrisse. Darunter verstehen Bauexperten kleine feine Risse, die sich im Putz bilden. Sie dürfen allerdings nicht breiter werden als 0,2 Millimeter. Alles, was weiter aufklafft, das muss näher begutachtet werden. Haarrisse treten oft schon früh am neuen Gebäude auf. Meist handelt es sich um minimale Setz- oder Spannungsrisse, die entstehen, wenn der Putz austrocknet oder wenn sich aneinander stoßende Bauteile bei Wärme unterschiedlich ausdehnen. Das kann beispielsweise bei eingespannten Treppenstufen passieren. Bei echten Haarrissen muss sich der Hausbesitzer keine Gedanken machen. Sie verändern sich in der Regel über Jahrzehnte nicht und sind allenfalls ein Schönheitsproblem.
Weniger harmlos sind dagegen alle Risse über 0,2 Millimeter Breite. Wer solche Schäden im eigenen Haus entdeckt, der muss handeln. Er sollte umgehend einen Sachverständigen hinzuziehen und die Ursache für den Riss klären lassen, empfiehlt der VPB. Der Experte untersucht den Riss. Dazu muss er den Putz an der Schadensstelle abklopfen und zunächst einmal prüfen, ob der Riss durch die betroffene Konstruktion hindurch geht, was auf gefährliche statische Probleme deuten würde. Weitere Rissursachen können in den unterschiedlichen Spannungen verschiedener Bauteile liegen. Denkbar als Ursachen sind auch Setzungen des Hauses oder die nicht vorgesehene Belastung eines Bauteiles. Klassisches Beispiel ist die sogenannte nichttragende Innenwand. Sie soll zwar die Last der Decke nicht abfangen, trägt aber gelegentlich doch einen Teil des Gewichts ab. Dafür ist sie aber nicht berechnet und bekommt deshalb Risse.
Zur Analyse des Schadens gehört auch die Beobachtung des Risses über eine bestimmte Zeit. Wie entwickelt er sich? Wird er breiter oder bleibt er, wie er ist? Der Bausachverständige setzt dazu eine Gipsmarke auf den Riss. Touristen kennen das von historischen Altstadtfassaden. Dort dokumentieren Gipsmarken mit eingeritztem Datum den schleichenden Verfall vieler Häuser. Der Gips ist starr und reagiert deshalb sofort auf jede Veränderung des Risses. Dann reißt die Markierung und zeigt dem Beobachter: Die Ursache des Problems ist noch nicht behoben. Bleibt die Marke dagegen vier Wochen und länger unversehrt, ist die Bewegung im Haus höchstwahrscheinlich zum Stillstand gekommen, und der Besitzer muss sich zunächst keine weiteren Sorgen mehr machen, beruhigt der VPB.
Schützen vor Rissen können sich die Bauherren nur durch Sorgfalt bei der Planung. So sollte grundsätzlich zwischen unterschiedlichen Materialien in der Oberflächenbeschichtung eine Fuge – eine sogenannte Sollbruchstelle – angeordnet werden. Auch das Baugrundgutachten ist ein Muss, denn es gibt Aufschluss über die Bodenbeschaffenheit und weist frühzeitig auf mögliche Probleme im Untergrund hin, die zur Bildung von Rissen führen können. Natürlich muss der Bauleiter nach dem Ausheben der Baugrube immer noch einmal prüfen, ob die tatsächlichen Bodenverhältnisse auch mit den Ergebnissen des Gutachtens übereinstimmen. Möglicherweise ergeben sich nämlich neue Erkenntnisse, die bei der Kellerkonstruktion oder -abdichtung berücksichtigt werden müssen, um spätere Schäden zu vermeiden. Absolute Sicherheit und eine Garantie gegen Risse gibt es aber nicht.