VPB-Experteninterview
VPB-Sommerserie 2011 || "Bauen ist gut, Kontrolle besser!" - Teil 3 (von 4) "Baukontrolle"
BERLIN. "Pfusch am Bau" befürchten viele Bauherren. Zu Recht, weiß der Verband Privater Bauherren (VPB) aus jahrzehntelanger Erfahrung. Allerdings sind wirklich schwere Baumängel eher selten, weitaus häufiger bemängeln Bausachverständige eine gewisse Schludrigkeit und Nachlässigkeit in der Bauausführung. Fehlt dann die laufende, unabhängige Baukontrolle, werden solche Probleme zunächst gar nicht entdeckt. Mitunter erst Monate oder sogar Jahre später fallen sie den Hausbesitzern auf, etwa, wenn das angeblich energiesparende Haus extrem viel Heizkraft verbraucht.
Werden Mängel allerdings erst spät entdeckt, sind sie technisch schwer nachzubessern, wenn überhaupt. Manchmal ist auch die fünfjährige Gewährleistungsfrist schon abgelaufen und der Besitzer muss den bislang unentdeckten Schaden auf eigene Kosten reparieren lassen. Vorbeugen können Bauherren und Hauskäufer grundsätzlich nur durch baubegleitende Qualitätskontrolle während der gesamten Bauzeit. Dann werden kleine Dinge entdeckt und beseitigt, bevor sie eventuell zu großen Schäden werden.
VPB-Sachverständige bemängeln bundesweit immer wieder mangelhafte Abdichtungen der Keller, fehlerhafte Fensteranschlüsse, undichte Türen und die falsche Verarbeitung des Wärmedämmverbundsystems. Ärgerlich sind auch schlechter Schallschutz und die falsche Verlegung des Estrichs. In solchen Fällen kann im Nachhinein fast nichts mehr korrigiert werden.
Gravierende Fehler entdeckten die Bausachverständigen oft, wenn es um die Luftdichtigkeit des Hauses geht. Die Luftdichtigkeit ist das A und O des modernen Hauskonzepts. Nur im luftdichten Gebäude werden die Energiewerte erreicht, die die Energieeinsparverordnung EnEV vorschreibt. Ob ein Haus allerdings luftdicht ist oder ob die Energie durch undichte Fenster, Rollladenkästen, Gauben, Dachflächen und Steckdosen entweicht, das lässt sich nur mit einer Kombination aus Blower-Door-Test (Luftdichtheitsprüfung) und Thermografie (Infrarotfotografie) feststellen. Diese Art der Qualitätskontrolle wird aber längst nicht bei allen Bauten gemacht. Im Gegenteil: Nach Erfahrung des VPB wird der Blower-Door-Test gerade einmal bei der Hälfte aller Neubauten durchgeführt, die Thermografie nicht einmal bei 20 Prozent. Besonders ärgerlich: In vielen Verträgen wird der Blower-Door-Test als Leistung zugesichert. Der Hauskäufer bezahlt ihn auch. Nur gemacht wird der Test später nicht, so beobachtet der VPB.
In jedem Fall sollten Blower-Door-Test und Thermografie weder vom Schlüsselfertiganbieter noch von einer von ihm beauftragten Firma gemacht werden, sondern von unabhängigen Experten, die auch ein Interesse daran haben, eventuelle Mängel aufzudecken. Werden Mängel gefunden, müssen sie auch beseitigt werden. Auch bei der Kontrolle eventuell nötiger Nachbesserungsarbeiten sollten private Bauherren nicht auf die Baufirma vertrauen, sondern den eigenen, unabhängigen Sachverständigen hinzuziehen.
Ärger auf der Baustelle ist immer programmiert, wenn mehrere Firmen aufeinander treffen. Dann stehen sich die Mitarbeiter gegenseitig im Weg. Geschimpft wird schnell und derb, kleine Problem werden oft dem jeweils anderen Unternehmen angelastet. Keiner fühlt sich zuständig. Der Bauherr ist in diesem Trubel häufig überfordert und tut gut daran, seinen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen. Der Experte weiß nämlich, welche Firma für welches Gewerk verantwortlich zeichnet und letzten Endes auch für eventuelle Mängel haftet.
Unstimmigkeiten zwischen Handwerksfirmen kann es auch beim Schlüsselfertighaus geben, das ja theoretisch "aus einer Hand" kommt. Auch dort arbeiten häufig Subunternehmer, um die Kosten zu senken. Die Qualität bleibt dann oft auf der Strecke. Denn die Handwerker wollen vor allem schnell fertig werden. Der Hauskäufer dagegen erwartet gute Arbeit für sein Geld. Auch in diesem Konflikt wahrt der unabhängige Sachverständige die Interessen des Bauherrn.
Wer neu baut oder ein Haus schlüsselfertig kauft, der sollte sich vom unabhängigen Sachverständigen baubegleitend beraten lassen und zwar von der Vertragskontrolle vor Unterschrift über die gesamte Bauzeit hinweg bis zu Abnahme. Das schützt vor Überraschungen und Mängeln.