VPB-Experteninterview
VPB warnt: Immobilie ist nicht immer eine gute Investition
BERLIN. Die Finanzkrise macht vielen Menschen Sorge. Sie wollen ihr Geld über die unsicheren Zeiten retten und suchen ein geeignetes Investment. Haus- und Grundbesitz, so hoffen viele, seien ein sicherer Hafen. "Grundsätzlich ist das auch so, denn Grund und Boden sind nicht beliebig vermehrbar und behalten deshalb ihren Wert weitgehend. Allerdings gilt das nicht für jede Immobilie", erläutert Dipl.-Ing. Andreas Holtfrerich, Leiter des Regionalbüros Münster im Verband Privater Bauherren (VPB).
Entscheidend sind bei der Auswahl des Objekts mehrere Dinge: Der Zustand der Immobilie, deren Lage und ob sie vermietet oder selbst genutzt werden soll. "Das sind zwar Binsenweisheiten, aber sie werden unserer Erfahrung nach häufig in den Wind geschlagen." Weil viele Käufer zwar investieren, aber möglichst wenig Arbeit mit ihrem Investment haben wollen, kaufen sie nicht nur Neubauten, sondern zunehmend auch gebrauchte Häuser und Bestandswohnungen vom Schlüsselfertiganbieter. Immer öfter schnüren auch Banken Pakete aus Immobilien und Finanzierung. "Hier sollten Käufer besonders aufmerksam sein und nicht die Katze im Sack kaufen", warnt Bauherrenberater Holtfrerich.
"Wer beispielsweise einen Vertrag über den Kauf einer Wohnung unterzeichnet, ohne die Immobilie vorher genau prüfen zu lassen, der riskiert sein Geld." Viele verlassen sich aber nach Beobachtung des VPB bei der Beurteilung der Immobilie auf die Aussagen und Musterrechnungen in Prospekten. "Das ist leichtfertig, denn das ist reine Werbung und sagt über den tatsächlichen Zustand des Gebäudes nichts aus." Wer es genau wissen will, auch was an Reparaturkosten und Nachrüstpflichten in den nächsten Jahren finanziell auf ihn zukommt, der sollte die Immobilie vor dem Abschluss des Kaufvertrags vom eigenen unabhängigen Sachverständigen begutachten lassen.
"Als weiteres wichtiges Kriterium für den Wert einer Immobilie wird immer wieder die "Lage" ins Feld geführt", erläutert der Sachverständige. "Das stimmt nach wie vor. Allerdings geht es dabei in Zukunft nicht mehr nur um den Vergleich von Orten, etwa im Zentrum einer Universitätsstadt wie Münster oder in einem Dorf in der Uckermark, sondern um Innenstadt- und Randlagen. Auch in den bislang teuren Speckgürteln attraktiver Städte stehen mancherorts zunehmend Häuser leer. Die Nachfrage fehlt, folglich sinken dort auch die Preise. Das wird sich angesichts der demografischen Entwicklung noch verschärfen. Wer heute dort zu teuer kauft, der sitzt morgen vielleicht auf einer unverkäuflichen und nicht vermietbaren Immobilie. All dies sollten Immobilienkäufer im Vorfeld bedenken, wenn sie ihr Geld über die Krise bringen wollen. Denn nichts ist teurer als eine leerstehende Immobilie, die finanziert und unterhalten werden muss."
Fast immer lohnt sich der Kauf eines Hauses für den langfristigen Eigenbedarf. Wer also ohnehin mit dem Gedanken spielt, ein Haus zu kaufen, der kann jetzt die günstigen Finanzierungsofferten beim Schopf packen. Allerdings nicht um jeden Preis, rät der VPB-Experte. Der Kaufpreis muss in jedem Fall angemessen sein. "Gerade private Hauskäufer sollte sich keinesfalls auf Preiskriege einlassen", warnt Andreas Holtfrerich. In den USA, Irland und Spanien hat gerade diese Preistreiberei auf dem privaten Wohnungssektor viele Haushalte an den Rand des Ruins gebracht. Besser fährt, wer mit kühlem Kopf bietet. "Es gibt objektive Kriterien für den Wert eines Hauses. Ein unabhängiger Sachverständiger kann diesen Wert ermitteln und die individuell nötigen Umbauten kalkulieren. Der Kaufinteressent hat dann eine solide Grundlage und kann sein Limit realistisch festlegen."
Wer für sich und seine Familie kauft, der muss natürlich auch bedenken: Das Haus muss bezahlbar sein, sowohl in der Anschaffung als auch im laufenden Unterhalt. Und es muss zur Familie passen. Und zwar jetzt und auch noch in einigen Jahren.