Baukontrolle ETW: Laufende Baukontrolle ist auch bei Eigentumswohnungen sinnvoll

BERLIN. Eigentumswohnungen sind oft der erste Schritt in den Immobilienbesitz. Vor allem in Städten sind sie beliebt bei jüngeren Menschen, aber auch bei Älteren, die sich im Ruhestand noch einmal räumlich verkleinern möchten, so der Verband Privater Bauherren (VPB). Entsprechend gefragt sind innerstädtische Neubauanlagen, vor allem in Wachstumsregionen, bei denen die Käufer mit Wertsteigerungen rechnen können.

Wo starke Nachfrage herrscht und die Bauträger sich die Käufer aussuchen können, da bleibt der Verbraucherschutz oft auf der Strecke, konstatiert der VPB. Zum Beispiel bei den Verkaufsmethoden. Oft werden die Wohnungen am Wochenende an Infoständen mitten im Baugebiet angeboten und direkt vermarktet. Die Leute stehen Schlange, und wer Glück hat, der bekommt eine Wohnung.

Bauträger, die große Wohnblöcke errichten, haben kein Interesse daran, sich im Vorfeld mit kritischen Bauherrenfragen auseinanderzusetzen, beobachten VPB-Berater seit langem. Sie müssen es auch gar nicht, solange der Andrang so groß ist und die Käufer bedingungslos alles akzeptieren, um überhaupt eine der begehrten Wohnungen zu ergattern. Allerdings müssen auch Bauträger seit Einführung des Bauvertragsrechts Anfang 2018 mehr Verbraucherrechte beachten als früher.

Sind die Vertragspartner des Bauträgers Verbraucher, dann hat der Bauträger verschiedene Pflichten, die auch im Verbraucherbauvertrag gelten: So muss der Bauträger beispielsweise eine Baubeschreibung liefern, konkrete Angaben zur Bauzeit machen und bestimmte Planungsunterlagen erstellen und den Bauherren übergeben. Das sind Vorteile für Käufer! Allerdings schränkt der Gesetzgeber den Verbraucherschutz gleich wieder ein: Beim Bauträgervertrag gibt es keine freie oder außerordentliche Kündigung, kein einseitiges Anordnungsrecht und kein Widerrufsrecht. Außerdem sind die Abschlagszahlungen nicht bei 90 Prozent gedeckelt, wie beim Verbraucherbauvertrag, und die obligatorische Baubeschreibung wird nicht automatisch Vertragsgrundlage, sondern muss detailliert in den notariellen Kaufvertrag hinein verhandelt werden.

Wichtig ist, dass Käufer diese Baubeschreibung vorab genau prüfen, um zu sehen, ob sie ihren Vorstellungen entspricht. Der unabhängige Sachverständige unterstützt sie dabei. Sollten die Käufer Änderungswünsche haben, müssen diese in den Bauträgervertrag übernommen werden. Auch alles, was den Käufern an der Baubeschreibung zusagt, muss minutiös in den Vertrag übernommen werden. Der VPB rät Käufern, lieber zweimal zu prüfen - einmal die Baubeschreibung und dann den Vertrag direkt vor der Unterzeichnung. Dazu haben Käufer vor der Unterschrift 14 Tage Zeit. Solange vor der Beurkundung muss nämlich der Notar ihnen die Verkaufsunterlagen zukommen lassen. Diese knappe Zeit muss zur Prüfung genutzt werden, ob der Vertrag vollständig ist oder irgendwo noch Fußangeln lauern.

Die Vertragskontrolle durch einen unabhängigen Sachverständigen ist auch dann wichtig, wenn der Bauträger sich nicht auf die Wünsche der Käufer einlässt, denn die Erwerber müssen wissen, auf was sie sich einlassen! Gerade der Kauf vom Bauträger birgt nämlich besondere Gefahren: Bleibt der Bau wegen Insolvenz stecken, kann der Käufer einerseits nicht vom Vertrag zurücktreten, ohne sein bisher gezahltes Geld zu riskieren. Andererseits kann ihn die Bank des Bauträgers in der Regel mit der Auszahlung des Gegenwerts der Bauruine abspeisen, egal, wie viel er tatsächlich schon bezahlt hat. So oder so kann der Käufer die Wohnung also gegen seinen Willen und mit Verlust verlieren. Deshalb ist es wichtig, vorab Vertrag und vor allem Zahlungsplan prüfen zu lassen und Abschlagszahlungen wirklich nur entsprechend dem Baufortschritt zu überweisen, wenn schon nicht eine Sicherheit vereinbart werden kann, die auch die Rücktrittsrisiken umfassend mit abdeckt.

Auch Einzugstermine sind für Bauherren sehr wichtig, denn sie richten ja ihre Pläne danach, etwa die Kündigung der alten Mietwohnung und den Umzug. Verzögerungen sind jedoch nach VPB-Erfahrung Usus, obwohl die Bauträger mit der Baubeschreibung auch einen Fertigstellungszeitpunkt nennen müssen. Oft lassen sie sich dabei geschickt verklausuliert - Hintertürchen offen. Auch das müssen Käufer wissen, damit sie realistisch planen können.

Während Bauherren, die ein Haus bauen, sich in der Regel früh an einen unabhängigen Sachverständigen wenden, melden sich Käufer von Eigentumswohnungen oft erst, wenn es auf der Baustelle hakt, beobachten VPB-Berater. Etwa, wenn sie am Wochenende vorbeischauen und merken, der Bau kommt nicht voran, obwohl sie schon viel Geld überwiesen haben. Oder wenn sie feststellen, ihre Sonderwünsche werden ignoriert. Klassisches Beispiel sind die Steckdosen: Viele Bauherren machen sich Mühe mit der individuellen Planung. Wird die dann ignoriert, werden sie stutzig.

Und wie hilft der Bausachverständige bei der Eigentumswohnung? Gemeinsam mit den Käufern gehen die VPB-Bausachverständigen über die Baustelle und prüfen, ob der Verdacht der Bauherren zutrifft. Ist das der Fall, schreiben sie zunächst ein Protokoll, das die Bauherren an den Bauträger schicken kann, mit der Bitte um Erledigung. Oft klappt das, mitunter auch nicht. Etablierte Firmen sind natürlich eher auf ihren guten Ruf bedacht und bemühen sich, Mängel zu beheben. Voraussetzung ist natürlich, jemand weist sie auf die Probleme hin. Stellt sich eine Firma stur, raten die Experten auch schon einmal dazu, einen Baurechtsanwalt einzuschalten.

Bis zur Bauabnahme kommen so, je nach Objekt um die vier Baukontrollen zusammen. Wichtig ist dabei immer die Abnahme. Sind die während der Bauzeit beanstandeten Mängel bis dahin nicht behoben, raten VPB-Sachverständige dazu, die Wohnung nur unter Vorbehalt abzunehmen. Damit wahren Bauherren ihr Recht auf Nachbesserung. Die laufende Baukontrolle gilt dabei stets dem gesamten Gebäude. Die Käufer haben ja nicht nur am Sondereigentum Interesse, sondern stehen, als Mitglieder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, auch für das Gemeinschaftseigentum gerade. Oft werden dabei mehrere Eigentümer gleichzeitig beraten und betreut. Sie haben in der Regel die gleichen Probleme - und gemeinsam mehr Durchsetzungskraft. Dabei gilt grundsätzlich: Je früher die Bauherren zur Beratung kommen, umso mehr kann der unabhängige Sachverständige für sie tun.