VPB-Experteninterview
Familie: Beim Haus bereits familiäre Veränderungen einplanen
BERLIN. "Die meisten Häuser sind für vierköpfige Familien konzipiert. Verändert sich diese Konstellation, lassen sich die wenigsten Immobilien sinnvoll umnutzen", konstatiert Dipl.-Ing. Katrin Voigtländer-Kirstädter, Sachverständige beim Verband Privater Bauherren (VPB) und Leiterin des VPB-Regionalbüros in Ebersberg. Immer häufiger berät sie Hauseigentümer, die ihr Einfamiliendomizil nach einer Trennung oder dem Tod eines Partners aufgeben müssen, weil sich die Immobilie nicht an ihre neuen Lebensumstände anpassen lässt.
Besonders hart trifft eine Trennung ihrer Beobachtung nach Mütter: Weil sie nach der Geburt der Kinder meist nur noch in Teilzeit arbeiten, können sie sich die Übernahme der Immobilie in der Regel nicht leisten. Die Übernahme wäre für sie aber wünschenswert, um den Kindern das gewohnte Umfeld und sich selbst das Dach über dem Kopf zu erhalten. Außerdem ist für Frauen, die in Teilzeit entsprechend weniger fürs Alter ansparen, die Immobilie ein noch viel wichtigerer Baustein in der eigenen Altersvorsorge als ohnehin schon.
Muss die Immobilie verkauft werden, ist das oft der wirtschaftlich schlechteste Weg, denn in der Regel liegen noch hohe Schulden auf dem Haus, für die Ablösung des Kredits werden außerdem Vorfälligkeitszinsen fällig. Der Erlös ist entsprechend gering. Muss unter Zeitdruck verkauft werden, senkt auch das den Verkaufspreis.
Übrig bleiben zwei Einzelhaushalte, die über Bargeld verfügen, das aber wiederum nicht für die Anschaffung einer neuen, kleineren Immobilie reicht. Weil Teilzeitbeschäftigte in der Regel auch keinen Immobilienkredit für ein Haus bekommen oder bedienen können, bleibt nur der Umzug in die Mietwohnung – und die sind gerade in den teuren Ballungsgebieten im Augenblick rar. "Die hohen Mieten zehren in Verbindung mit dem geringeren Verdienst im Laufe der Zeit das Polster aus dem Immobilienverkauf oder einem Zugewinnausgleich auf", konstatiert die Expertin.
"Sobald den getrennten Partnern bewusst wird, welche Werte sie in den Sand setzen, suchen manche doch nach Alternativen zum Verkauf", beobachtet Katrin Voigtländer-Kirstädter. "Eine Möglichkeit ist die Übernahme des Hauses durch den Partner, der die Kinder bei sich hat – sofern finanziell möglich." Eine andere Chance bietet sich, wenn der eine Expartner sein Geld im Haus lässt, und der andere ihm für seinen Anteil Miete zahlt. "So bleibt das Haus als Heim und Wert erhalten, und Mietkosten fielen nach einem Verkauf ohnehin an. Außerdem profitiert der ehemalige Partner so noch von der guten Geldanlage und kann auch seine Kinder besser unterstützen."
Eine weitere Chance sieht die Bausachverständige darin, mit dem Haus Geld zu verdienen, beispielsweise durch die Teilvermietung der Immobilie oder die Abtrennung einer Einliegerwohnung. Spätestens zu diesem Zeitpunkt suchen Trennungswillige dann die VPB-Expertin auf. "Es ist nämlich gar nicht so einfach, ein Standard-Einfamilienhaus vernünftig zu trennen. Grundrissänderungen sind schwierig. Über der Fußbodenheizung können nicht einfach Wände eingezogen werden. Wer vermieten will, braucht separate Heizungs-, Wasser- und Stromkreisläufe, zusätzliche Messuhren, ein zweites Bad, am besten auch einen separaten Eingang. Auch der Schallschutz wird zum Thema. Die heute üblichen Einfamilienhäuser mit offenen Wohnbereichen sind nicht sehr flexibel."
Angesichts der heutigen Trennungsraten empfiehlt die Sachverständige jungen Paaren, ihr Traumhaus gleich in Hinblick auf wechselnde Lebensumstände zu konzipieren. Sie skizziert zwei Konzepte: "Variante 1: Das Haus wird so kompakt geplant, dass es auch der schlechter verdienende Partner im Fall eines reduzierten Einkommens noch alleine finanzieren kann. Variante 2: Das Haus wird von Anfang an als Zweiparteienhaus konzipiert, das sich durch das Einziehen neuer Wände im Ernstfall leicht teilen lässt. Unter Umständen können die getrennt Lebenden mit der Veräußerung der separaten Wohneinheit Geld einnehmen oder sie können sie als Wohnung oder Büro selbst nutzen oder vermieten. Eventuell kann sogar der ehemalige Partner in die zweite Wohnung einziehen."
Häuser, die flexibel geplant sind, lassen sich in jeder Lebenslage einfacher anpassen. "Veränderungen beim Raumbedarf ergeben sich ja beispielsweise auch, wenn die Kinder größer werden und ausziehen oder die Schwiegermutter zum Pflegefall wird und im Haus mit betreut wird. "Deshalb ist es auch sinnvoll, von Anfang an barrierefrei zu planen", gibt die Bausachverständige Voigtländer-Kirstädter zu bedenken.
"Wichtig ist es, und zwar für alle, die Immobilie möglichst zu erhalten und abzubezahlen, damit sie später als Altersversorgung zur Verfügung steht", konstatiert Katrin Voigtländer-Kirstädter und rät dazu, den Hausbau sehr nüchtern anzugehen: "Solider Nestbau beginnt immer mit ausführlicher Finanz-, Renten-, Steuer- und Bauberatung."