VPB-Experteninterview
VPB: Bauherren müssen Fragen stellen und Fragen klären
BERLIN. Viele Bauherren klagen über Probleme beim Bauen: unerwartete Zeitverzögerungen, hohe Zusatzzahlungen, Baumängel und vor allem schlechte Kommunikation mit dem Schlüsselfertiganbieter. Nicht selten sind die Bauherren an ihrer Misere mit Schuld, weiß der Verband Privater Bauherren (VPB) - sie verlassen sich allzu sehr auf ihr Glück, statt ihr Vorhaben sorgfältig zu planen.
Gute Planung ist aber beim Bauen in jeder Hinsicht ein Muss! "Wer zwischen 200.000 und 400.000 Euro ausgibt, der sollte sein Investment vorher intensiv prüfen", rät Dipl.-Ing. Thomas Penningh, Präsident des Verbands Privater Bauherren. "Die Lässigkeit, mit der manche Menschen ihr Haus kaufen ist für uns Profis erschütternd. Sie machen sich mehr Gedanken über den Kauf eines Neuwagens oder gar einer Waschmaschine und geben viel Geld für Testberichte aus. Eigentlich müsste ein Hauskäufer bereit sein, prozentual genauso viel in die Prüfung seiner zukünftigen Immobilie zu investieren, wie er für den Auto- oder Waschmaschinentest ausgibt", resümiert der VPB-Präsident. "Kurioserweise scheuen viele Immobilienkäufer davor zurück. Sie kaufen unbesehen die "Katze im Sack", mit allen unentdeckten Zusatzkosten, die nach dem Kauf dann zwangsläufig auf sie zukommen."
Dabei ist Bauen kein Hexenwerk. Drei Schritte sollten Bauherren absolvieren, wenn sie ein eigenes Haus kaufen oder bauen möchten: Zunächst die eigenen Wünsche klären, danach die passenden Bau-Partner suchen und während Planung und Bau stets mit den Partnern kommunizieren. "Jedes Bauprojekt ist ein Unikat. Es muss die Bedürfnisse der Bauherrenfamilie erfüllen." Thomas Penningh rät deshalb allen angehenden Bauherren zur sorgfältigen Vorbereitung: "Die wichtigsten Fragen, die sich Bauherren in der ersten Phase stellen und beantworten müssen, lauten: Was können wir uns finanziell leisten? An welchem Ort möchten wir leben? Wie groß muss unser Haus sein? Welches Raumprogramm benötigen wir? Wann wollen wir einziehen? Welche Materialien oder Haustechnik müssen wir unbedingt haben? Welche Baustoffe dürfen bei uns etwa wegen einer Allergie - auf gar keinen Fall verbaut werden?"
"Mit dieser Art der Grundlagenermittlung beginnt jeder konventionelle Hausbau mit eigenem Architekten, und darauf sollte man auch beim Bauen mit einem Schlüsselfertiganbieter bestehen", erläutert Bausachverständiger Penningh. "Alles, was jetzt festgelegt wird, kann direkt vertraglich vereinbart und umgesetzt werden. Alles, was in der Schwebe bleibt, muss später geklärt werden und verursacht dann immer wieder Zeitverzögerungen." Besonders sorgfältig müssen Bauherren Schlüsselfertigverträge prüfen lassen, denn sie enthalten nach VPB-Erfahrung meist nicht alles, was Bauherren sich wünschen. Häufig bekommen die Bauherren dort auch die Pläne gar nicht ausgehändigt, weil sie oft gar nicht detailliert vorliegen. Das birgt natürlich auch ein entsprechend hohes Mängelrisiko bei der Ausführung. Bauherren können sich hier nur absichern, indem sie nicht nur die Verträge samt Plänen, sondern später auch die Baustelle laufend vom unabhängigen Sachverständigen kontrollieren lassen.
"Geradezu tödlich für jede verlässliche Zeit- und Finanzierungsplanung sind Änderungswünsche", weiß Bausachverständiger Penningh. "Viele Bauherren glauben, es sei kein Problem, während der Bauphase beispielsweise Innenwände zu versetzen", beobachtet der Bausachverständige immer wieder. "Das stimmt aber nicht. Wer eine Innenwand versetzt, der muss prüfen, ob das statisch möglich ist. Das erfordert neue Berechnungen, Prüfung und die Änderung der Baugenehmigung. Außerdem müssen eventuell in der Wand vorgesehene Leitungen anders verlegt, neue Materialienmengen müssen berechnet und bestellt werden. Das Versetzen einer Wand ist auf dem Papier ganz einfach, zieht aber im laufenden Baubetrieb einen Rattenschwanz an Aufwand nach sich. Das kostet Geld. Der Architekt arbeitet nicht umsonst. Auch Bestellungen können nicht gratis storniert werden. Nachträgliche Änderungswünsche führen immer zu Ärger. Schlüsselfertigunternehmer sichern sich deshalb ab: Sie sehen solche Änderungswünsche von vornherein vertraglich vor und lassen sie sich auch teuer vergüten."
Über mangelnde Kommunikation klagt das Gros der Bauherren. Regelmäßig besuchen sie "ihre" Baustelle und entdecken dabei Dinge, die sie als Laien nicht verstehen. Ein Anruf beim Planer oder Bauunternehmer soll Klarheit bringen. Weil die Betreffenden aber ihrerseits oft auf anderen Baustellen unterwegs sind, läuft mancher Anruf ins Leere und auf den Anrufbeantworter. Bleibt dann die schnelle Reaktion noch aus, ist der Frust groß. "Viele Bauherren ahnen Probleme, wo es eigentlich gar keine gibt. Sie befürchten, Opfer von Pfusch zu werden", beobachtet Thomas Penningh. "In der Tat ist die Kommunikation nicht überall ideal. Es gibt Firmen, die schwer zu erreichen sind. Dies ist aber eher die Ausnahme. Auch deshalb sollten sich Bauherren auf ihre eigenen Berater verlassen und nicht unnötig Konflikte herbeireden."
Der Bau eines Hauses ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Natürlich gehen dabei auch Dinge schief. Entscheidend für die Qualität des Bauens ist, wie schnell und verlässlich diese Probleme behoben werden. Der Bauherr kann dazu viel betragen, indem er früh festlegt, was er will, seine Wünsche mit Hilfe eines Bausachverständigen oder Architekten vertraglich festlegt und sich dann konsequent an seine eigenen Vorgaben hält", rät Thomas Penningh. "Vereinbaren die am Bau Beteiligten dann noch regelmäßige Besprechungen, können Probleme schnell gelöst und Missverständnisse ausgeräumt werden. Bauherren müssen wissen: Bauen kann man nicht nebenbei! Angesichts der enormen Summen, die hier auf dem Spiel stehen, sollten sie sich viel Zeit für ihren eigenen Bau nehmen."