VPB-Experteninterview
VPB kritisiert: Neue EnEV kommt Bauherren teuer zu stehen!
BERLIN. "Mit der neuen Energieeinsparverordnung wird Bauen wieder einmal erheblich teurer", befürchtet Thomas Penningh, Vorsitzende des Verbands Privater Bauherren (VPB). Die neue Verordnung EnEV 2009 tritt am 1. Oktober in Kraft und bringt Änderungen für Bauherren und sanierungswillige Hausbesitzer. Im Vergleich zur bislang geltenden EnEV 2007 werden mit der EnEV 2009 die energetischen Anforderungen an Gebäude nochmals erheblich verschärft. So wird beispielsweise bei der Errichtung neuer Wohngebäude die Obergrenze für den zulässigen Jahres-Primärenergiebedarf durchschnittlich um weitere 30 Prozent gegenüber erst seit zwei Jahren geltendem Recht gesenkt. Die Wärmedämmung der Gebäudehülle von Neubauten muss in Zukunft noch einmal um durchschnittlich 15 Prozent besser ausfallen als bisher.
"Das ist nicht nur mit erheblichen Mehrausgaben für die privaten Bauherren verbunden", kritisiert Bausachverständiger Penningh, "sondern technisch auch schwer umsetzbar." Bauherren müssen sich in Zukunft sorgfältig beraten lassen, damit sie ihr Geld sinnvoll ausgeben und nicht in den Wind schießen." Der Verbraucherschutzverband rät deshalb besonders beim Kauf schlüsselfertiger Häuser zu großer Vorsicht: "Viele Anbieter werden die Unsicherheit der potenziellen Käufer ausnutzen und mit Komplettlösungen werben."
"Die Entscheidung über die richtige Haus- und Heiztechnik müssen die Bauherren aber letzten Endes selbst treffen, und zwar nach ihren finanziellen Mitteln, den technischen Möglichkeiten und ihren persönlichen Vorlieben. Dazu brauchen sie firmen- und produktneutrale Beratung. "Das ist eine Abwägung zwischen Wirtschaftlichkeit, gesunden Wohnen und nachhaltigem Bauen."
Das Problem beim Energiesparen im Neubau ist die Wahlfreiheit. Wer neu baut, der kann sich weitgehend frei entscheiden, wie er Energie einsparen will, entweder durch den Einsatz regenerativer Energien, durch moderne Anlagentechnik, durch hervorragende Dämmung oder durch einen Mix aus mehreren Varianten. "Die bestmögliche Lösung wird daher immer individuell und maßgeschneidert sein müssen", erklärt Architekt Penningh. Die Entscheidungen dazu muss jeder selbst treffen. Dabei ist der Anteil an regenerativen Energien zu berücksichtigen, die seit Jahresbeginn ohnehin vorgeschrieben sind .
Bei der Auswahl des neuen Heizsystems spielen nicht nur die Kosten eine Rolle, sondern auch der CO2-Ausstoß der neuen Heizung. Umweltbewusste Bauherren beziehen auch die Energiebilanz bei der Herstellung der Anlagen oder Solarpaneele in die Rechnung ein. Einige bevorzugen Pelletheizungen, die allerdings Feinstaub verursachen und als Einzelöfen im Wohnbereich die Innenraumluft belasten. Das ist nichts für empfindliche Menschen, für Allergiker oder Asthmatiker. Keine Immissionen gehen von Erdsonden und Solaranlagen aus. Dafür sind beide Techniken nach wie vor recht teuer. Es darf auch nicht überall nach Erdwärme gebohrt werden. Und nicht jedes Grundstück liegt optimal zur Sonne. "Es ist also höchst fragwürdig, ob bei schlüsselfertigen Komplettangeboten wirklich das Optimum erreicht werden kann", gibt Verbraucherschützer Penningh zu bedenken.
Der VPB kritisiert nicht nur die erwarteten hohen Kosten im Neubau, sondern auch die Auswirkungen der neuen ENEV auf den Bestand. "Manche Vorschriften sind finanziell unsinnig", erläutert der Bausachverständige und fügt hinzu: "Experten befürchten in Zukunft außerdem erhebliche Bauschäden, die durch die Umsetzung der neuen Forderungen überhaupt erst verursacht werden." Die ab sofort vorgeschriebenen Dämmstärken dichten nämlich jedes Haus nahezu hermetisch ab. Wird es dann nicht sorgfältig und regelmäßig gelüftet, kommt es unweigerlich zu Feuchte- und Schimmelschäden. "Wir erwarten in Zukunft noch mehr Probleme mit dem Schimmel als bisher schon. Vermeiden ließe sich das nur durch den Einbau von kontrollierten Lüftungsanlagen. Die sind aber teuer und müssen regelmäßig gewartet werden. Spätestens beim nächsten Schritt, der jetzt schon vorgesehen EnEV-Novelle 2012, kommen Bauherren und Sanierer um Lüftungsanlagen gar nicht mehr herum", rechnet Thomas Penningh und ahnt: "Die Zeche für das gute Klima-Gewissen der Politiker zahlen auch in Zukunft weiter die privaten Bauherren."