VPB-Experteninterview
VPB: Ökologisch bauen - aber richtig!
BERLIN - Ökologisch ist "in"! Jeder will ökologisch bauen, wohnen, modernisieren. Aber was genau ist eigentlich "ökologisch"? Und vor allem: Wie findet ein Bauherr einen Unternehmer, der nicht nur mit dem Etikett "ökologisch" wirbt, sondern tatsächlich entsprechend baut? "Der Markt ist groß und für Laien undurchsichtig. Deshalb geht es nicht ohne die Beratung versierter Fachleute", weiß Dipl.-Ing. Dieter Leukefeld, Sachverständiger des Verbands Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Büros in Nienburg. "Leider gibt es auf diesem Sektor bislang keine verbindlichen Kriterien, nach denen man einteilen könnte, was gut ist und was nicht. Ein Naturwollteppich mag besonders ökologisch sein, aber wenn er mit lösungshaltigem Kleber verlegt wird oder mit einem Flamm- oder Mottenschutzmittel behandelt ist, dann ist der ökologische Wert fragwürdig", erklärt der Experte. "In jedem Fall muss der Bauherr selbst viel recherchieren und sich kompetente Beratung holen."
"Zunächst einmal sollten Bauherren klären, was sie möchten und wie viel sie ausgeben können. Was verstehen sie selbst unter "ökologisch bauen"? Möchten sie ein Haus ganz aus Naturmaterialien oder soll es ausschließlich mit regenerativer Energie betrieben werden? Soll das Haus aus Holz bestehen? Und wenn ja, kommt das Holz aus nachhaltigem Anbau oder von Übersee? Manche wünschen sich ein "gesundes" Haus, weil die zukünftigen Bewohner unter Allergien und wohnraumbedingten Erkrankungen leiden", weiß Dieter Leukefeld. "In solchen Fällen muss zunächst geklärt werden, worauf die Bauherren allergisch reagieren, und welche Baumaterialien dann für die Familie geeignet sind und welche ausscheiden."
Am Anfang stehen also immer die Analyse der Wünsche und die Festlegung des Budgets. Die Bauherren müssen aus dem vielfältigen Angebot das richtige für sich herausfiltern. Für Laien kaum zu leisten, zumal "nur wenige, die sich aufs ökologische Bauen spezialisiert haben auch tatsächlich Experten sind", wie Bausachverständiger Leukefeld immer wieder beobachtet. "Vor allem bei Schlüsselfertiganbietern ist Vorsicht geboten. Sie werben zwar mit Attributen wie "nachhaltig" oder "ökologisch", bleiben aber den Beweis schuldig; ihre Baustoffe und Materialien legen sie in der Regel nicht offen." Vermeiden lassen sich solche Reinfälle übrigens durch die Kontrolle des Bauvertrags beim unabhängigen Sachverständigen. Natürlich vor der Unterzeichnung.
"Auch beim Modernisieren zäumen Bauherren das Pferd gerne von hinten auf: Sie kaprizieren sich auf bestimmte Materialien oder Produkte, von denen sie gelesen haben, statt erst einmal in einem Modernisierungskonzept die wesentlichen Fragen zu klären: Was muss eigentlich gemacht werden und wie? Erst danach kommen Material- und Firmenwahl", rät Experte Leukefeld.
Ein echtes ökologisches, gesundes und sogar nachhaltiges Haus gibt es noch nicht von der Stange. Es muss individuell geplant und gebaut werden. "Ökologisches Bauen verlangt den Bauherren viel eigenes Engagement ab. Sie müssen selbst aktiv werden, viel fragen und sich informieren. Dazu sind viele gar nicht bereit", beobachtet Dieter Leukefeld. "Ökologisches Bauen ist außerdem immer noch teurer als konventionelles Bauen. Die wenigsten Bauherren möchten aber mehr Geld als nötig investieren."
Es gibt aber auch gute Nachrichten: "Wer es ernst meint mit dem ökologischen Bauen, der findet inzwischen auch schon kompetente Experten, etwa bei den einschlägigen Verbänden, wie beispielsweise beim VPB. Es gibt auch zahlreiche Beratungs- und Informationsstellen bei den Architektenkammern der Länder und natürlich beim VPB. Im Augenblick ist das ökologische Bauen noch Pionierarbeit. Belastbare und für Bauherren von Einfamilienhäusern auch nützliche Zertifizierungen oder Siegel gibt es nicht und sie sind auch kaum sinnvoll, da vieles sehr individuell vom Nutzer abhängt", resümiert der Experte und gibt noch zu bedenken: "Wirklich hilfreich ist die Volldeklaration. Firmen, die bei ihren Produkten alle Inhaltsstoffe lückenlos offenlegen, ermöglichen es dem Verbraucher, sich genau zu informieren, was er da kauft und in seinem Haus verarbeiten lässt. Aber auch hier gilt: Der ökologisch beste Teppich wird fragwürdig, wenn er mit lösungsmittelhaltigen Klebern verlegt wird. Und was nutzt ein naturbelassener Holzboden, wenn ein Familienmitglied Naturstoffallergiker ist?"
Weitere Informationen und Details im Experteninterview mit Dipl.-Ing. Dieter Leukefeld zum Thema Ökologie und Nachhaltigkeit
Einen Überblick über "Qualitätssiegel beim Bauen" bietet der gleichnamige VPB-Ratgeber.