VPB-Experteninterview
VPB rät: Verkehrssicherungspflichten ernst nehmen!
"Die Verkehrssicherungspflichten gehen aber erheblich über das Schneeschieben hinaus", erinnert Thomas Penningh, Bausachverständiger und Vorsitzender des VPB. "Nicht nur das Haus, auch das Grundstück und alles darauf, ja selbst die darunter liegenden Gasleitungen sind potenzielle Gefahrenquellen und müssen entsprechend gesichert werden. Der Eigentümer muss dabei mit allem rechnen: So haftet er beispielsweise, wenn sich unbefugt auf seinem Grundstück spielende Kinder dort verletzten, etwa an einem scharfkantigen Blech. Er haftet auch, wenn jemand auf seinem Grundstück abstürzt, weil das Geländer, an das er sich lehnte, nachgab.
"Solche Schäden sind wirklich tückisch", weiß Thomas Penningh. "denn wenn sich tatsächlich Teile eines Gebäudes ablösen und so jemand zu Schaden kommt, dann unterstellt der Gesetzgeber sogar, der Besitzer habe den Schaden verschuldet. Der Immobilienbesitzer muss dann beweisen, dass er alle notwendigen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um den Schaden zu verhindern. Kann er das nicht, haftet er voll."
Schützen kann sich der Immobilienbesitzer nur durch Versicherungen und durch größte Sorgfalt bei der Bauunterhaltung. Geeignete Versicherungen sind die Grundstückshaftpflicht für das Bauland, die Bauherren-Haftpflicht während der Bauzeit, sowie die Haus-Haftpflichtversicherung. Letztere ist bei vielen Einfamilienhausbesitzern in der privaten Haftpflicht enthalten. Besondere Risiken, etwa gegen Gewässerschäden durch auslaufende Öltanks, muss der Hausbesitzer extra absichern. "Aber", warnt der VPB-Vorsitzende, "diese Versicherungen sind kein Freibrief. Wer seine Verkehrssicherungspflichten grob vernachlässigt, büßt seinen Versicherungsschutz unter Umständen ganz oder zumindest teilweise ein."
Was können Hausbesitzer tun, um sich abzusichern? "Es empfiehlt sich zur Beurteilung des Hauses einen Bausachverständigen hinzuziehen. Er kann die Immobilie und die von ihr möglicherweise ausgehenden Gefahren beurteilen und entsprechende Sicherungsvorschläge machen", rät Thomas Penningh. "Der Sachverständige erkennt, in welchem Zustand Dächer, Balkone, Fassaden, Geländer, Mauern, Treppen und Wege sind und wann sie gegebenenfalls erneuert oder repariert werden müssen. Er sieht auch, wo Gasleitungen liegen und kann abschätzen, ob sie durch Baumwurzeln gefährdet sind. Je nach Zustand des Hauses schlägt der Experte auch sinnvolle Intervalle vor, in denen Haus und Grundstück kontrolliert werden sollten. "Diese fortlaufende Dokumentation ist übrigens der beste Entlastungsbeweis, wenn es jemals zu einem Schaden und vielleicht sogar zu einem Gerichtsprozess kommen sollte", weiß Thomas Penningh.
Im Übrigen ist es möglich, Verkehrssicherungspflichten auf Dritte zu übertragen, auf Architekten, Handwerker, Mieter oder Winterdienste. Wer das tut, der muss sich nicht mehr selbst um alles kümmern. Es reicht dann, wenn er die Sicherungsmaßnahmen überwacht und koordiniert. Das allerdings muss er nach wie vor machen.
Checkliste Verkehrssicherungspflichten:
Im Alltag:
- Räum- und Streupflicht auf dem Bürgersteig, auch im Hof- und Garagenbereich, auf allen Wegen und Treppen auf dem Grundstück, die von Fremden, Mietern oder Mitbewohnern genutzt werden können
- Dachkontrolle nach Stürmen - mit allem, was dort montiert ist, vom Schornstein über die Antennen bis hin zum Schneefanggitter und der Solaranlage
- nach Winterfrost Mauerkronen, Balkonbrüstungen, Wege und Wasserleitungen prüfen
- Öltanks regelmäßig vom Fachmann prüfen lassen, defekte Tanks können das Grundwasser verunreinigen
- regelmäßige Instandsetzung und Bauunterhaltung – die Kosten für Handwerkerleistungen können (bis 6.000 Euro Arbeitslohn im Jahr) steuerlich abgesetzt werden
- regelmäßige Baumkontrolle, vor allem nach Stürmen und dem Winter - Bäume und Äste prüfen, gegebenenfalls Baumsachverständigen hinzuziehen
- Wurzelwerk kann Wege, Carport- und Balkonstützen sowie Mauerfundamente hochdrücken und deren Standsicherheit gefährden, Wurzeln können auch Kanäle und Gasleitungen zerstören
Beim Bauen und Sanieren:
- Sichern der Baustelle, speziell sichern von ausgehobenen Gräben und Fundamenten, von auf dem Grundstück lagernden Materialien, Aushub, Bauschutt und Arbeitsgeräten
- Sicherung bei Gerüstarbeiten an Dach und Fassaden und bei der Montage von Solarmodulen
- Sicherung von Deckendurchbrüchen, Treppenaugen und Aufzugsschächten, durch Abdeckung oder Bautreppengeländer