VPB-Experteninterview
VPB rät: Vor dem Grundstückskauf immer erst zum Bauamt!
BERLIN. "Wer ein Haus bauen möchte und dazu ein Grundstück sucht, der muss vor dem Kauf einiges klären", gibt Rüdiger Mattis zu bedenken, Vorstandsmitglied des Verbands Privater Bauherren (VPB) aus Leipzig. "Zunächst einmal ist es recht schwierig geworden, überhaupt ein freies Grundstück zu finden", weiß der Bausachverständige aus langjähriger Erfahrung. "Heutzutage überlassen die meisten Kommunen neues Bauland Bauträgern und Investoren, damit diese es erschließen und vermarkten. Private Bauherren, die nach eigenen Wünschen planen und bauen möchten, haben dabei oft gar keine Chance."
Am häufigsten finden junge Familien Bauland über Makler und Zeitungsannoncen. Dabei bekommen sie oft Grundstücke mit Nachkriegshäusern zum Abbruch angeboten. Die sind aber meist zu groß und zu teuer. Deshalb müssen sie sie teilen, um sich Kauf und Bebauung leisten zu können. Wer ein solches Grundstück ins Auge fasst, der muss zunächst prüfen, ob er den Altbau abbrechen, das Terrain teilen und dort anschließend mit ein oder zwei Partnern gemeinsam mehrere Häuser neu bauen darf. "Der erste Weg führt deshalb immer zum zuständigen Bauamt", erläutert Rüdiger Mattis. Nur dort kann der Interessent klären, was er auf dem Grund baurechtlich tatsächlich machen kann und was nicht.
"Bauen ist in Deutschland sehr unterschiedlich geregelt. Im Rahmen des Baugesetzbuches und der einzelnen Landesbauordnungen liegt die Planungshoheit vor Ort immer bei den Gemeinden. Sie regeln mit Hilfe eines Bebauungsplanes, wie wo im Detail gebaut werden darf. Wer sich für ein Grundstück interessiert, der sollte also zunächst immer bei dem betreffenden kommunalen beziehungsweise Kreisbauamt einen Blick in den gültigen Bebauungsplan für dieses Gebiet werfen", rät Bausachverständiger Mattis. Die so genannten B-Pläne sind jedermann zugänglich.
Aus den Festsetzungen im Bebauungsplan lassen sich alle für den Neubau wichtigen Details herauslesen, angefangen von der Art der Bebauung, über Größe, Höhe und maximal bebaubare Fläche, über Abstandsflächen zum Nachbarn und Baufenster, bis hin zur Firstrichtung und Traufhöhe des neuen Hauses. Manchmal regelt der Bebauungsplan auch, wie die Einfriedung auszusehen hat, gelegentlich wird er durch eine Gestaltungssatzung ergänzt, die unter Umständen sogar Dachfarben oder ähnliches festlegt.
"Je nach den Festsetzungen im Bebauungsplan zeigt sich auch, ob das betreffende Grundstück überhaupt geteilt und mit mehreren Häusern bebaut werden kann. Nicht immer ist das möglich", weiß Rüdiger Mattis. Weil der Bebauungsplan aber kommunales, geltendes Recht ist, kann er nicht umgangen werden. Befreiungen sind so gut wie nicht zu erlangen, Ausnahmeregelungen müsste der Plan selbst vorsehen. Viele Bebauungspläne erlauben heute allerdings ausdrücklich die so genannte Nachverdichtung, also die Bebauung großer Parzellen mit mehreren Reihen- oder Doppelhäusern. "Ausschlaggebend ist immer, was im B-Plan steht."
"Gibt es für das betreffende Wohngebiet keinen gültigen Bebauungsplan, muss das neue Haus nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches geplant werden", erläutert Bausachverständiger Mattis. Dieser Paragraf regelt die Bebauung in Gebieten ohne gültigen Bebauungsplan. Wird nach Paragraf 34 gebaut, müssen sich Neubauten nach den vorhandenen Bestandsbauten richten. "In solchen Fällen muss die zuständige Baubehörde den Einzelfall abwägen", weiß der VPB-Sachverständige. Um rechtsverbindlich Auskunft zu bekommen, muss der zukünftige Bauherr dazu in der Regel eine kostenpflichtige Bau-voranfrage beim Amt einreichen.
Kann das Grundstück geteilt werden, müssen die neuen Grenzen eingemessen werden. Fachleute sprechen heute von der "Zerlegung". Das ist in jedem Fall eine hoheitliche Aufgabe, die, je nach Bundesland, entweder vom Vermessungsamt oder einem amtlich bestellten Vermessungsingenieur übernommen wird. Beide werden nach Gebührenordnung bezahlt. Die Listen der zugelassenen Vermessungsingenieure werden in der Regel bei den Bau- beziehungsweise den Vermessungsämtern geführt.