VPB-Experteninterview
Wohnflächenberechnung: Wohnfläche genau berechnen lassen
BERLIN. Wohnflächen spielen eine große Rolle. Beim Bauen werden die Kaufpreise häufig nach der Wohnfläche berechnet, beim Vermieten der Mietzins. Während die Art der Wohnflächenberechnung für Mietwohnungen inzwischen durch Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) weitgehend geklärt ist, wird die Wohnflächenberechnung beim Einfamilienhaus oder der Eigentumswohnung noch immer lax gehandhabt. Zum Schaden der Käufer, kritisiert der Verband Privater Bauherren (VPB). Wer schlüsselfertig baut, der bekommt häufig nur einen Prospekt mit dem knappen Hinweis: "xy qm Wohnfläche".
Solche Angaben sind für Bauherren nichtssagend, denn zwischen den Angaben im Prospekt und der späteren Realität können Welten liegen. Brauchbar wird die Angabe der Quadratmeterzahl erst dann, wenn den Bauherren exakte Pläne vorliegen, in denen sie ihre zukünftige Wohnfläche genau nachmessen können, und wenn sie wissen, nach welcher Verordnung und Methode die Wohnfläche berechnet wird.
Wohnflächen werden mit zwei Verfahren ermittelt: Zum einen nach der DIN 277, zum anderen nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV). Die DIN 277 kann auf Grundlage sogenannter Rohbaumaße ermittelt werden und wird unter anderem für die Flächenberechnung in der Genehmigungsplanung zugrunde gelegt. Solche Berechnungen sind also in erster Linie für die Baubehörde gedacht. Die Bauherren haben wenig von diesen Berechnungen, denn Rohbaumaße sind keine Fertigmaße: Sie werden im Rohbau gemessen, zwischen den nackten Wänden. Putz, hohe Vormauerungen und Türzargen fehlen dann noch. Die tragen aber immer noch einige Zentimeter auf. Eine nackte Wand ist beispielsweise 11,5 Zentimeter dick, mit Putz um die 14 Zentimeter. Das heißt: Wenn das Haus fertig ist, ist die bewohnbare Fläche automatisch kleiner als im Rohbau. Dann stellt sich eventuell die Frage: Passen Küchenzeile oder Einbauschrank noch zwischen die fertig verputzten Wände?
Erschwerend hinzu kommt noch: Die DIN 277 verwendet mehrere Flächenbegriffe, wie beispielsweise die Nettogrundfläche, Verkehrsfläche, Nutzfläche und so weiter. Selbst die Nettogrundfläche, die wieder in Nutzfläche, technische Funktionsfläche und Verkehrsfläche unterteilt wird, ist recht ungenau, wenn es darauf ankommt: Sie schließt nämlich auch die Flächen ein, in denen zum Beispiel freiliegende Installationen oder fest eingebaute Gegenstände – etwa Klimageräte oder Öfen – sowie Einbauschränke oder nicht raumhohe Vormauerungen entstehen sollen. Der Unterschied mag gering scheinen, aber schon die vorgesehene Möblierung könnte er verhindern.
Eine für Bauherren nachvollziehbare Berechnung der Wohnfläche erlaubt die Wohnflächenverordnung. Sie regelt genau, wie und welche Flächen zur Wohnflächenberechnung herangezogen werden können und müssen. Allerdings lässt auch die Wohnflächenverordnung erhebliche Toleranzen zu. So steht es dem Planer frei, die Grundfläche von Terrassen oder Balkonen je nach Qualität entweder zur Hälfte oder auch nur zu einem Viertel der Wohnfläche zuzuschlagen. Bei einem 30 Quadratmeter großen Freisitz beträgt die Differenz immerhin siebeneinhalb Quadratmeter. Das entspricht der Größe eines Badezimmers. Bauherren bezahlen also viel Fläche, die sie einen Großteil des Jahres ohnehin nicht nutzen können. VPB-Sachverständige raten deshalb: In einer seriösen Wohnflächenberechnung muss immer stehen, welche Daten zugrunde gelegt wurden.
Aber auch die recht detaillierte Wohnflächenverordnung schützt nicht vor Problemen: So gestattet beispielsweise § 4 Satz 1 der Wohnflächenverordnung das Einbeziehen von Räumen über zwei Metern Höhe in die Wohnfläche. Das erlaubt aber längst nicht jede Bauordnung. So müssen in einem Bundesland beispielsweise Aufenthaltsräume grundsätzlich eine Mindesthöhe von 2,50 Meter haben. Eine andere Bauordnung schreibt für Aufenthaltsräume mindestens 2,40 Meter Raumhöhe vor, im Dachgeschoss reichen 2,20 Meter. Ein nur zwei Meter hoher Raum wird also in diesen Ländern nicht als Wohnraum genehmigt!
Welche Zimmer als Wohnräume nutzbar sind, das regelt immer die jeweils gültige Landesbauordnung. Sie legt fest, wie hoch die Aufenthaltsräume sein müssen und auch, wie sie belichtet werden müssen. Nur wenn die Vorgaben der Landesbauordnung eingehalten sind, dann dürfen zum Beispiel Keller oder Dachgeschoss auch bewohnt werden, sonst taugen sie allenfalls als Abstellkammer. Darüber denken aber viele Hausbesitzer gar nicht nach, wenn etwa der pubertierende Junior sein Quartier im dunklen Keller aufschlägt. Sie lassen ihn gewähren um des Familienfriedens willen. Eltern sollten in solchen Fällen aber unbedingt an den Brandschutz denken, erinnert der VPB: Hat der Keller, selbst wenn er von Maßen und Belichtung her bewohnt werden darf, wenigstens einen zweiten Fluchtweg? Oder wird er bei Feuer zur Falle? Ist er bauphysikalisch als beheizter Raum vorgesehen?
Bauherren müssen also bereits im Planungsstadium aufpassen und sollten immer auf ordentlich und eindeutig vermaßten Plänen bestehen – nämlich Grundrisse und Schnitte mindestens im Maßstab 1:100. In den Schnitt-Zeichnungen sollten statt der Rohbaumaße die fertigen Raumhöhen in allen Etagen und auch im Dachgeschoss genau eingezeichnet sein. Außerdem sollten Bauherren im Vertrag festschreiben lassen, nach welchen Vorgaben die Wohnfläche berechnet wird. Lassen sie Pläne und Vertrag vor der Unterzeichnung noch vom unabhängigen Sachverständigen kontrollieren, kann nichts mehr schiefgehen. Der Bausachverständige kann auch damit beauftragt werden, während der Bauzeit immer wieder zu prüfen, ob die zugesicherte Wohnfläche und die Höhen wie geplant eingehalten werden.