VPB-Experteninterview
Endlich mehr Verbraucherschutz auf dem Bau: Bundestag setzt VPB-Empfehlungen im neuen Bauvertragsrecht um
BERLIN. Der Deutsche Bundestag wird heute, in seiner 221. Sitzung, das neue Bauvertragsrecht beschließen. Er folgt dabei den Vorschlägen von Verbraucherschützern wie dem Verband Privater Bauherren (VPB). Schlüsselfertigunternehmer müssen künftig Verbrauchern vor Vertragsschluss eine Baubeschreibung zur Verfügung stellen, die die wichtigsten Regelungen des Bauprojektes enthält. Außerdem müssen sie im Bauvertrag einen verbindlichen Fertigstellungstermin nennen. Und der Gesetzgeber stellt nun endlich sicher, dass Bauherren alle nötigen Unterlagen zu ihrem Bauprojekt erhalten, denn nur so können sie beispielsweise prüfen und belegen, ob ihr Haus geltenden Bauvorschriften entspricht.
"Mit dieser dringend nötigen Reform beschränkt der Gesetzgeber die negativen Auswirkungen des Machtungleichgewichts am Wohnungsbaumarkt", so Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des VPB. "Grundlegende Daten und Unterlagen zum Eigenheimbau sind für jeden Bauherren essentiell. Aber bisher wurden solche Informationen im Schlüsselfertigbereich oft gar nicht oder nur widerwillig von den Bauunternehmen zur Verfügung gestellt. Diese Praxis wird nun beendet."
"Der Gesetzgeber würdigt damit auch endlich die Verantwortung, die private Bauherren bei der Bereitstellung von Wohnraum übernehmen: Über die Hälfte aller Bürger wohnt in den eigenen vier Wänden, mehr als 80 Prozent aller Wohnungen in Deutschland werden von privaten Bauherren gekauft. Bauherren nehmen damit ihre Altersvorsorge selbst in die Hand und entlasten gleichzeitig den Wohnungsmarkt ganz enorm", konstatiert Corinna Merzyn.
"Ein Rundum-Sorglos-Paket ist das neue Bauvertragsrecht aber nicht", warnt die VPB-Hauptgeschäftsführerin. "Private Bauherren müssen sich nach wie vor gut informieren, genau aufpassen und die nötigen Sachverständigen hinzuziehen, um den Bauunternehmen auf Augenhöhe begegnen zu können!" Nach Erfahrung des VPB sind gerade im aktuellen Bauboom die neuen Regelungen besonders wichtig: Allein 2016 wurden rund 310.000 Wohnungsbaugenehmigungen erteilt. Rund die Hälfte davon entfallen auf private Bauherren, die damit auch weiterhin das Rückgrat des Wohnungsbaus in Deutschland bilden. Etwa 90 Prozent von ihnen bauen ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung schlüsselfertig mit einer Baufirma als zentralem Ansprech- und Vertragspartner. Diese Baufirmen haben aber häufig den Zugriff auf den Baugrund und können allein dadurch ihre Interessen durchsetzen. Zudem haben nach VPB-Erfahrung professionelle Baufirmen immense Informationsvorsprünge gegenüber Eigenheim-Bauherren: Profis stehen Laien gegenüber, die mit dem Bau einer Immobilie ein einmaliges, mit großem finanziellen Aufwand verbundenes Projekt angehen. Dieses Machtgefälle zwischen Baufirmen und Bauherren wird nun durch Klarstellungen im Bauvertragsrecht korrigiert.
"Wir haben den politischen Verantwortlichen in intensiven Gesprächen die schwache rechtliche Situation der Eigenheim-Bauherren erläutert und für die gesetzliche Klarstellung gekämpft. Wir sind glücklich, dass der Gesetzgeber nun auch gegen einige Widerstände den Empfehlungen des VPB folgt", resümiert Corinna Merzyn das Resultat des langjährigen Gesetzgebungsprozesses.
"Allerdings ist die Wohnungsbaupolitik für private Bauherren bei Weitem noch nicht ideal ausgerichtet. Für die kommende Legislaturperiode muss die Bundesregierung die Förderung von Wohneigentumsbildung auf die Agenda setzen", fordert die VPB-Hauptgeschäftsführerin. "Vor allem für junge Familien und Haushalte ab einem mittlerem Einkommen und darunter ist die Bildung von Wohneigentum unter derzeitigen Bedingungen enorm erschwert: Die immer höheren Erwerbsnebenkosten benötigen viel zusätzliches Eigenkapital, dessen Ansparung angesichts der langen Niedrigzinsphase außerdem immer schwerer wird. Die weniger Wohlhabenden einer ganzen Generation werden dadurch von der Bildung von Altersvorsorge – die einzige, in der man im Alter auch sicher wohnen kann - ausgeschlossen. Eine Absenkung der Grunderwerbsteuer für selbstgenutztes Wohneigentum, die Einführung von Eigenkapitalersatzprogrammen und das Angebot von verlässlichen Zinsbindungen über die gesamte Finanzierungszeit sind Maßnahmen, mit denen die Politik auch diesen Gruppen den Umzug ins Eigenheim ermöglichen kann."
Alle wichtigen Fragen und Antworten zum neuen Bauvertragsrecht haben wir auf der Seite FAQ Bauvertragsrecht für Sie zusammengestellt.