VPB-Experteninterview
VPB: Bodenklassen sind abgeschafft, spielen aber immer noch eine Rolle
BERLIN. "Offiziell gibt es keine "Bodenklassen" mehr. Sie wurden mit der Überarbeitung der DIN 18300 im September 2016 abgeschafft. Anstelle der Bodenklassen sind sogenannte Homogenbereiche getreten", erläutert Dipl.-Ing. Raik Säbisch, Bauherrenberater beim Verband Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Büros Leipzig/Halle. "Bodenbeschaffenheiten, die in verschiedenen Schichten stark differieren können, lassen sich mit Hilfe von Homogenbereichen sehr viel genauer definieren. Das erleichtert vor allem bei Großprojekten und im Straßenbau Planung und Kalkulation. Beim Einfamilienhausbau spielen die neuen Definitionen keine so große Rolle. Auf kleinen Grundstücken, unter dem geplanten Einfamilienhaus, ist die Bodenzusammensetzung an sich gegenüberliegenden Ecken meist ähnlich."
Folglich haben die meisten Baufirmen, die sich mit dem schlüsselfertigen Einfamilienhausbau beschäftigen, noch nicht viel Erfahrung mit der überarbeiteten DIN und greifen in den Ausschreibungen und Abrechnungen noch immer zu den althergebrachten Bodenklassen. "Das ist nicht mehr aktuell, erleichtert aber gerade beim Einfamilienhaus immer noch die Orientierung", räumt Raik Säbisch ein.
Früher unterschieden Fachleute sieben verschiedene Bodenklassen, die waren in der DIN 18300 entsprechend beschrieben. Sie reichen vom lockeren Mutterboden bis hin zu solidem Fels. Jede Bodenklasse hatte eine entsprechende Nummer. Bodenklasse 3 beispielsweise war definiert als leicht lösbare Bodenarten, nichtbindige bis schwachbindige Sande und Kiese. Das sind Böden, die sich problemlos mit dem Bagger ausheben, abtransportieren und anderweitig verwenden lassen. Kurz gesagt: Mit dieser Bodenklasse war wenig Ärger zu erwarten. Deshalb wurden sie auch für die meisten Baubeschreibungen zugrunde gelegt. Das Problem dabei: Solange die Bodenklasse nicht wirklich belegt war, ließ sich auch nicht seriös kalkulieren, was der Aushub kostet und wie das Haus gegründet werden muss. Manche Firmen behielten sich daher die Möglichkeit vor, später, sobald die Bodenbeschaffenheit dann bekannt war, Zusatzkosten geltend zu machen.
Das ist heute jedenfalls nicht mehr so versteckt möglich. Denn Baufirmen müssen bereits in der vorvertraglich zu übergebenden Baubeschreibung, die allen Verbraucherbauherren zusteht, die ohne eigenen Architekten aus einer Unternehmerhand einen Neubau errichten lassen, auch Preisrisiken erwähnen. Das sind Unwägbarkeiten, die während des Bauens auftreten und zu Extrakosten führen können, die das geplante Objekt über den angebotenen "Festpreis" hinaus verteuern.
"Diese Preisvorbehalte werden dann oft als Bedingungen zu den Festpreisen im Kleingedruckten erwähnt", erläutert VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag. Auch er findet bei der Kontrolle von Bauverträgen immer noch die alten Bodenklassen. "Das ist zwar veraltet, aber DIN-Normen sind ja bekanntlich erst einmal nur Empfehlungen und keine rechtlichen Vorgaben. In der Baubeschreibung aber kommt es vor allem auf Transparenz an. Die Bauherren müssen erkennen, was sie für ihr Geld bekommen und ob sie mit Zusatzkosten rechnen müssen. So gesehen ist es unerheblich, ob über "Bodenklassen" oder "Homogenbereiche" gemutmaßt wird", erklärt der Rechtsanwalt und fügt die dringende Empfehlung hinzu: "Da es sich bei den bodenbezogenen Kalkulationsgrundlagen ohne konkrete Grundstückskenntnis stets um Mutmaßungen handelt, kann ich Bauherren nur eines raten: Lassen Sie sich unbedingt zunächst ein Baugrundgutachten machen. Erst dann haben Sie belastbare Informationen."
Das hält auch Bauherrenberater Raik Säbisch für unabdingbar: "Wir raten unseren Bauherren grundsätzlich immer zuerst zu einem Baugrundgutachten. Das sollten sie in jedem Fall am Anfang und auf eigene Kosten machen lassen. Nur so können sie mehrere Angebote objektiv vergleichen. Außerdem erfahren sie so frühzeitig, auf was sie bauen: Fels oder hohe Grundwasserspiegel haben schließlich erheblichen Einfluss auf Planung, Konstruktion und Preis. Ein solch schwieriger Baugrund kann den Keller um bis zu 40.000 Euro verteuern - und im Extremfall sogar noch mehr."
Raik Säbisch hat noch einen weiteren wichtigen Tipp: "Bauherren sollten das Baugrundgutachten unbedingt von Experten aus der eigenen Region machen lassen. Sie kennen sich mit den Gegebenheiten vor Ort aus und haben viel Erfahrung." Ein Baugrundgutachten kostet nach seiner Erfahrung je nach Aufwand etwa zwischen tausend und zweitausend Euro. "Ohne Baugrundgutachten", resümiert Bauingenieur Säbisch, "ist eine seriöse Kostenplanung nicht möglich."