VPB-Experteninterview
VPB fordert jetzt schnelle Umsetzung des Bauvertragsrechts: Zehntausende Bauherrenfamilien brauchen Transparenz und Verbraucherschutz
BERLIN. "Jedes Jahr bauen oder kaufen in Deutschland 250.000 Familien ein Haus oder eine Eigentumswohnung, rund 21.000 pro Monat. Die Immobilien sind die wichtigsten Investitionen im Leben dieser Menschen und volkswirtschaftlich von enormer Bedeutung. Dennoch müssen sie nach wie vor mit eklatanten Mängeln im Verbraucherschutz leben", konstatiert Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren (VPB). Sie nahm gestern Abend (22.) als Sachverständige vor dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags Stellung zum Entwurf des neuen Bauvertragsrechts.
Der VPB drängt auf schnelle Umsetzung des neuen Bauvertragsrechts, an dem seit über fünf Jahren gearbeitet wird. "Jeden weiteren Monat, in dem das Gesetz nicht in Kraft tritt, müssen weitere 21.000 Bauherrenfamilien mit den aktuellen, verbraucherunfreundlichen und intransparenten Rahmenbedingungen leben", kritisiert die VPB-Geschäftsführerin und fordert die Abgeordneten auf, die im Koalitionsvertrag genannten Regelungen nun schnell umzusetzen.
"Bauen sollte ein kooperatives Geschehen sein, bei dem eine transparent erkennbare Leistung zu einem transparent erkennbaren Preis in einem transparent erkennbaren Zeitrahmen erbracht wird", appelliert die Verbraucherschützerin. "Das Gegenteil ist aktuell der Fall: Laienbauherren müssen sich mit lückenhaften Baubeschreibungen abspeisen lassen, sie leben mit ungewissen Einzugsterminen, und sie müssen mit Zusatzkosten in Höhe von durchschnittlich gut 16.000 Euro rechnen, weil in vielen Bauverträgen wichtige Dinge einfach fehlen." Der VPB fordert deshalb seit langem entsprechende Regelungen im neuen Bauvertragsrecht.
Bauherren brauchen mehr Sicherheit. Dazu gehören eindeutige Bau- und Leistungsbeschreibungen. "Aktuell sind 97 Prozent aller Verträge im Schlüsselfertigbau mangelhaft und benachteiligen die Bauherren einseitig", erläutert Corinna Merzyn. Außerdem fehlen nach VPB-Erfahrung immer wieder wichtige Unterlagen, Pläne und Berechnungen, die den Bauherren vorenthalten werden. Wer keine Pläne hat, der kann aber auch nicht prüfen, was gebaut werden soll. Die Folge sind schlechte Häuser. "In gut der Hälfte aller Bauten wird beispielsweise konstruktiv mehr oder weniger abweichend von der Energieberechnung gebaut. Diese neuen Immobilien liefern dann nicht den bestellten Erfolg - manchmal entsprechen sie nicht einmal den Förderkriterien oder den gesetzlichen Anforderungen. Prüfen kann der Bauherr das allerdings kaum, solange er keinen Zugang zu den Berechnungen hat und nicht weiß, was eigentlich wie eingebaut sein müsste." Die Energiewende, so fürchte der VPB, bleibt so auf der Strecke.
Trotz aller Widrigkeiten ist der Trend zum Eigenheim ungebrochen: Rund die Hälfte der Privatvermögen in Deutschland steckt in Immobilien, und ein Drittel der privaten Eigentümer sichert mithilfe der Immobilie sogar sein Alter. "Das ist aber noch nicht alles: Private Bauherren buckeln auch den Löwenanteil des Mietwohnungsbaus hierzulande. 80 Prozent aller genutzten Wohnungen werden von privaten Bauherren bereitgestellt. Auch Mietern kommt also die möglichst schnelle Umsetzung des Bauvertragsrechts zugute", erinnert Corinna Merzyn.
Die VPB-Geschäftsführerin appellierte an die Politiker, letzte kleine Änderungen unbürokratisch vorzunehmen und das Gesetz, das privaten Bauherren endlich mehr Transparenz bringen soll, zügig zu verabschieden, statt es immer wieder neu aufzurollen und dadurch wieder aufzuweichen. "Bringen Sie das Gesetz schnell auf den Weg: 21.000 Bauherrenfamilien sind pro Monat davon betroffen."