VPB-Experteninterview
VPB: Immobilienkäufer müssen nachrüsten
BERLIN. Weil Bauland rar ist und neu bauen teuer, suchen sich immer mehr Familien einen Altbau im Bestand. Was viele nicht ahnen: Neben den nötigen Schönheitsreparaturen und eventuellen Umbauten müssen die Käufer ihre Immobilie oft nachrüsten.
Wer wann wie nachrüsten muss, regelt die Energieeinsparverordnung (EnEV). Im Paragraph 10 Abs. 4 der EnEV heißt es dazu: Bei Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen der Eigentümer eine Wohnung am 1. Februar 2002 selbst bewohnt hat, sind die Pflichten … im Falle eines Eigentümerwechsels nach dem 1. Februar 2002 von dem neuen Eigentümer zu erfüllen. Die Frist zur Pflichterfüllung beträgt zwei Jahre ab dem ersten Eigentumsübergang, also der Eintragung ins Grundbuch.
"Kaufinteressenten müssen genau hinsehen", rät Holger Freitag, Vertrauensanwalt des Verbands Privater Bauherren (VPB). "Denn für die Nachrüstpflichten gibt es bei Wohngebäuden mit einer oder zwei Wohnungen eine Ausnahme: Wer sein Haus vor Februar 2002 selbst nutzte, musste nichts tun. Damit wollte der Verordnungsgeber 2002, als er die Nachrüstung einführte, vor allem ältere Eigentümer finanziell schonen. Aber die Pflicht zur Nachrüstung ist nur aufgeschoben und trifft den nächsten Eigentümer – eventuell die jetzigen Kaufinteressenten."
"Käufer älterer Häuser sollten deshalb immer konkret nachfragen", empfiehlt der VPB-Vertrauensanwalt: "Wann haben die Verkäufer selbst die Immobilie übernommen, vor oder nach dem Stichtag? Mussten sie entsprechend nachrüsten oder nicht? Und falls ja, sind sie ihren Pflichten auch nachgekommen? Längst nicht alle haben das getan, weil es niemand kontrollierte. Manche haben nur auch teilweise nachgerüstet, etwa die veralteten Heizungskessel ausgetauscht. Darauf hatten die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger meist ein Auge. Wem sein Haus schon vor dem Stichtag 2002 gehörte, musste aber nicht einmal das erledigen."
Käufer, die die Immobilie nach dem 1. Februar 2002 erworben haben oder jetzt erwerben, mussten und müssen folgende Nachrüstpflichten erfüllen: Den veralteten Heizkessel erneuern. Darunter fallen alle Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden, keine Niedertemperatur-Heizkessel oder Brennwertkessel sind, deren Nennleistung weniger als vier Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt beträgt, und die nicht nur Warmwasser bereitstellen oder hauptsächlich den Raum heizen, in dem sie aufgestellt sind. Sie alle müssen grundsätzlich nach Ablauf von 30 Jahren erneuert werden. Wurde der Kessel im Haus vor dem 1.1.1990 eingebaut, darf er ab 1.1.2020 nicht mehr betrieben werden. "Weil die Tauschpflicht jedes Jahr neue Anlagen betrifft, ist das Alter der Heizung bei einem Eigentümerwechsel immer ein Thema, das besprochen werden sollte", gibt Holger Freitag zu bedenken.
Unter die Nachrüstpflichten fallen auch die nachträgliche Dämmung nicht gedämmter Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen, die in unbeheizten Räumen liegen, wie etwa im Keller. Auch nicht gedämmte oberste Geschossdecken, sprich klassische Speicherböden, müssen ebenfalls gegen Wärmeverluste nachgerüstet werden – oder das Dach. Ist das noch nicht geschehen, müssen die neuen Eigentümer das innerhalb von zwei Jahren nach Eintragung im Grundbuch erledigen lassen.
Nachrüstpflichten betreffen im Übrigen nicht nur Käufer, sondern auch Erben und Kinder, die eine Immobilie von ihren Eltern übernehmen. Sobald sie offiziell neue Eigentümer sind, läuft die Uhr.
Wer sich für einen Altbau interessiert, sollte also früh über vorgeschriebene und sinnvolle Sanierungsmaßnahmen nachdenken und diese eventuell sogar kombinieren. Bei der Beurteilung der Substanz und sinnvoller Sanierungsmaßnahmen berät der VPB-Berater die Käufer. Oft lohnt es sich, nicht erst den alten Speicherboden zu dämmen, sondern gleich das ganze Dach zu sanieren und zum zusätzlichen Wohnraum auszubauen. Bei der energetischen Sanierung helfen ab 2020 voraussichtlich auch die geplanten Steuererleichterungen.