VPB-Experteninterview
VPB: Nachbesserung von Mängeln auch später oft die beste Lösung
BERLIN. Nicht nur auf Schuhe oder Autos, sondern auch auf Häuser gibt’s "Garantie". Sie heißt korrekt Gewährleistung und dauert bei privaten Bauherrenvorhaben in der Regel fünf Jahre, erinnert der Verband Privater Bauherren (VPB). Weil sich viele Mängel erst nach und nach zeigen, hat der Gesetzgeber bei Arbeiten an Bauwerken und Planungsleistungen für diese eine verlängerte Gewährleistungsphase vorgesehen. Die fünf Jahre beginnen mit der Abnahme.
Typische Schäden, die oft erst einige Zeit nach dem Einzug sichtbar werden, sind beispielsweise feuchte Kellerwände oder Fliesen, die von der Wand fallen. In solchen Fällen rügen die Bauherren den Mangel beim Unternehmer und setzen ihm eine angemessene Frist, um die Schadensursache zu beseitigen. "Das ist das sogenannte primäre Mängelrecht auf Nachbesserung des Werks", erklärt VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag. "Kommt der Unternehmer der Aufforderung nicht fristgemäß nach, dann eröffnen sich den Bauherren sekundäre Mängelrechte. Eines der attraktivsten Mängelrechte war früher das Recht auf Schadensersatz statt Leistung, also auf Geld statt Nachbesserung des Mangels."
Diese Option sagte vor allem Bauherren zu, die bereit waren, mit einem bestimmten Mangel zu leben. "Sie konnten die kompletten Kosten der Nachbesserung durch einen Drittunternehmer verlangen und gegebenenfalls noch weitere Schadensposten geltend machen, wie zum Beispiel die Übernachtung im Hotel während der Sanierungsarbeiten. Dieses Geld konnten – und durften - die Bauherren anschließend nach eigenen Wünschen verwenden. Das geht heute nicht mehr", konstatiert Holger Freitag: "Der BGH hat der Praxis der fiktiven Schadensberechnung 2018 einen Riegel vorgeschoben - jedenfalls für Verträge, die ab dem 01.01.2002 geschlossen worden sind.
Wer einen Mangel am auf eigenem Grund gebauten Eigenheim nicht beheben lassen will, kann als Schaden nur noch die Wertminderung verlangen, also die Summe, um die der Mangel den Wert des Hauses reduziert. Aber: Der für Bauträgerverträge zuständige V. Senat des BGH sieht das anders: Er hat im März dieses Jahres beim VII. Senat angefragt, ob dieser an seiner Rechtsprechung festhalten will. Hier könnte sich also wieder etwas ändern.
Bis es soweit ist, sollten Bauherren aber sicherheitshalber davon ausgehen: Für sie bleibt es bei der Wertminderung. Und weil die tatsächliche Wertminderung in der Regel weit unter den fiktiven Schadenskosten liegt, die Bauherren früher ansetzen konnten, lohnt es sich unter diesem Gesichtspunkt in der Regel, den Mangel tatsächlich beseitigen zu lassen, statt das Geld zu kassieren und den Mangel zu ignorieren. Aber unabhängig davon ist die Beseitigung natürlich immer dann sinnvoll, wenn es sich bei dem gerügten Mangel um bauliche Fehler handelt, die wahrscheinlich im Laufe der Zeit schlimmer werden, beziehungsweise die Gesundheit und Sicherheit der Bewohner beeinträchtigen können. Feuchte Wände etwa sind oft Vorboten von Schimmel. "Manche Mangelsymptome scheinen harmlos, haben aber gravierende Ursachen", weiß Holger Freitag. "Bei der Klärung der Frage, was die eigentliche Mangelursache ist, brauchen Bauherren oft den fachlichen Rat des unabhängigen Sachverständigen."
Was tun, wenn der für die Mangelbeseitigung verantwortliche Unternehmer der Aufforderung der Bauherren nicht folgt und den Mangel nicht beseitigt? Dann können Bauherren mit Hilfe ihres sekundären Mängelrechts bei der Baufirma auf Kostenvorschusszahlung pochen und den Mangel von einer Drittfirma ihrer Wahl erledigen lassen. "Das alles gelingt am besten mit Unterstützung des eigenen Bausachverständigen", erläutert Rechtsanwalt Freitag.
Allerdings gibt es einen kleinen rechtlichen Stolperstein, den Bauherren beachten müssen, wenn sie einen Mangel rügen und dessen Beseitigung fordern: Nur der Unternehmer, der den Mangel verursacht hat, ist auch zur Beseitigung verpflichtet. "Wenden sich die Bauherren aus Unkenntnis an den falschen Unternehmer - obwohl sie das hätten erkennen können -, dann kann der Unternehmer gegenüber den Bauherren Schadensersatz verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof ebenfalls entschieden (BGH VIII ZR 246/06)", erklärt der VPB-Vertrauensanwalt. "Auch hier können unabhängige Sachverständige helfen, den Mangel, wie auch den für die Beseitigung zuständigen Unternehmer korrekt zu benennen." Hilfreich sind die Bauherrenberater auch, wenn es um die Behebung des Mangels geht: "Schließlich ist niemandem damit gedient, wenn nur die Symptome ausgebessert werden und nach einiger Zeit alles wieder von vorne losgeht."
Mehr zum Thema im VPB-Ratgeber "Gutachter hilft bei Mängeln" - kostenloser Download
VPB-Ratgeber_Gutachter.pdf