VPB-Experteninterview
VPB: Neue HOAI bei Honorarverhandlungen mit Architekten als Richtschnur nutzen
BERLIN. Private Bauherren, die künftig einen Architekten oder Ingenieur beauftragen, stehen vor einer neuen Herausforderung: Ab Inkrafttreten der angepassten Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) am 1. Januar 2021 werden die Honorare von in der Verordnung erfassten Leistungen, die so genannten Grundleistungen, frei zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verhandelt. Ganz alleine gelassen werden Bauherren damit nicht: Die neue HOAI enthält Empfehlungen. Der Verband Privater Bauherren (VPB) rät Verbrauchern, diese als Richtschnur zu nutzen und mehrere Architekten anzufragen, um vom freien Preiswettbewerb profitieren zu können.
Das Honorar richtet sich nun grundsätzlich nach der Vereinbarung, welche die Vertragsparteien treffen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 HOAI). Anders als bisher muss es sich nicht zwingend im Rahmen von verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen bewegen, sondern ist vielmehr frei verhandelbar.
Dabei sind unterschiedliche Herangehensweisen möglich. Als Grundlage für die Berechnung des Honorars können zum einen die Regelungen der HOAI vertraglich vereinbart werden. Dabei werden die in der Verordnung enthaltenen unverbindlichen Regelungen zu den anrechenbaren Kosten, der Honorarzone, den Honorartafeln und die Honoraranteile für Teile der beauftragten Architektenleistung herangezogen. Das Berechnungssystem der HOAI selbst ist nämlich unverändert geblieben. Denkbar ist darüber hinaus eine vertragliche Vereinbarung, welche die Regeln der HOAI nur für einzelne Bestandteile zu Grunde legt. Und schließlich können die Vertragsparteien auch vollständig von der HOAI abweichen und pauschal oder aufwandsbezogen Honorare vereinbaren, die unter, zwischen oder über dem von der HOAI früher zwingend vorgegebenen Rahmen liegen.
Neu sind die formalen Anforderungen an eine wirksame Honorarvereinbarung: Sie muss nicht mehr zwingend schriftlich getroffen und eigenhändig unterschrieben werden. Künftig genügt die Textform (§ 7 Abs. 1 Satz 1 HOAI) etwa in Form von E-Mails. Zum anderen muss die Honorarvereinbarung nicht mehr bei Auftragserteilung erfolgen. Eine einmal geschlossene Vereinbarung kann jederzeit einvernehmlich in Textform abgeändert werden. Wenn keine oder keine formwirksame Honorarvereinbarung – also etwa nur eine mündliche Abrede – vorliegt, gilt der jeweilige untere Honorarsatz, der Basishonorarsatz, als vereinbart (§ 7 Abs. 2 Satz 1 HOAI).
Private Bauherren werden nach der neuen HOAI künftig besonders geschützt: Planer sind verpflichtet, private Bauherren darauf hinzuweisen, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln enthaltenen Werte vereinbart werden kann (§ 7 Abs. 2 Satz 1 HOAI). Verletzt er diese Hinweispflicht, so gilt wieder der Basishonorarsatz als maßgeblich für die Berechnung des Honorars – wenn das ohne oder bei zu spät erteiltem Hinweis vereinbarte Honorar darüber liegt. Liegt es dagegen darunter, dann bleibt es dabei. Architekten sollen aus einer Verletzung der Hinweispflicht keinen wirtschaftlichen Verteil ziehen.
Ob die Abschaffung des Preisrechts und der vermehrte Wettbewerb zu sinkenden Baukosten führen, ist nach Einschätzung des VPB noch nicht absehbar. Eine hohe Auslastung der Planungsbüros könnte Honorare über den bislang verbindlichen Höchstsätzen nach sich ziehen. Die größere Freiheit bei der Honorargestaltung sollten Bauherren jedoch in jedem Fall nutzen, indem sie mehrere Angebote einholen. Bei der Vorauswahl sind Referenzen anderer Bauherren ein wichtiges Kriterium. Darüber hinaus können die VPB-Experten beraten. Schließlich werden die Vorstellungen der Bauherren nur dann optimal umgesetzt, wenn Bauherr und Architekt zusammenpassen. Ein Vergleich von Angeboten mit dem Blick auf den Preis reicht also nicht.
Die Neufassung der HOAI war notwendig, weil das Preisrecht der bisherigen Verordnung nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen EU-Recht verstieß. Die Neufassung tritt am 1. Januar 2021 in Kraft und gilt für alle nach dem 31. Dezember 2020 begründeten Vertragsverhältnisse (§ 57 Abs 2 HOAI). Unklar ist, ob für Verträge, die zwischen dem EuGH-Urteil und dem Inkrafttreten der angepassten HOAI geschlossen wurden, die bisherige HOAI weiterhin angewendet werden kann. Die Rechtsprechung der deutschen Gerichte ist dazu uneinheitlich. Nun muss der Europäische Gerichtshof entscheiden.