VPB-Experteninterview
VPB rät zur individuellen Lösung: Statt Umzug im Alter lieber Barrieren im Haus abbauen
BERLIN. "Viele Menschen hängen am eigenen Heim und möchten im Alter nicht umziehen, sondern möglichst lange in ihrem Zuhause leben", konstatiert Dipl.-Ing. Irmtraud Swoboda, Sachverständige des Verbands Privater Bauherren (VPB) und Leiterin des VPB-Büros Wetzlar. "Das ist sinnvoll, denn die Bewohner kennen ihr Haus in- und auswendig, finden Schalter im Dunkeln und sind in der Nachbarschaft bestens integriert." Außerdem ist die ambulante Versorgung zu Hause angesichts der demografischen Entwicklung erste Wahl.
"Die meisten Häuser können mit der entsprechenden fachlichen Beratung gut umgebaut und fürs Alter angepasst werden", weiß Irmtraud Swoboda aus langjähriger Erfahrung. "Der erste Schritt ist immer die Besichtigung vor Ort. Dabei kläre ich mit den Bewohnern, welche Barrieren ihr Leben beinträchtigen. Das ist sehr unterschiedlich. Barrierearm heißt ja nicht automatisch rollstuhlgerecht, denn nicht jeder Senior sitzt im Rollstuhl." Die Umbaumaßnahmen sollten sich nach den zu erwartenden Einschränkungen der Bewohner richten. "Vorausschauende Bauherren fragen ihren Arzt, wie sich ihre Gebrechen voraussichtlich entwickeln werden. Diese Prognose sollte in die Planungen einfließen", gibt die Sachverständige zu bedenken. Bei großen Umbauten muss eventuell auch ein Architekt die Statik prüfen und die behördlichen Genehmigungen einholen. Auch dazu werden Bauherren im VPB beraten.
"Viele Umbauten lassen sich aber direkt mit dem Handwerker bewerkstelligen", weiß die Expertin. "Ein Klassiker ist der Badumbau. Die Wanne wird entfernt und durch eine bodengleiche Dusche ersetzt. Das ist heute auch bei geringem Bodenaufbau machbar. Mehr als sechseinhalb Zentimeter brauchen wir nicht, um die Ablaufrinne herzustellen." Allerdings sollten Hausbesitzer diesen Schritt genau abwägen, denn Pflegebedürftige sind oft in der Wanne mit entsprechendem Lifter besser aufgehoben als unter der Dusche. Wannenlifter werden von den Krankenkassen bezuschusst. Badumbauten fördert die KfW-Bank.
"Keine Schwierigkeiten bereiten in der Regel die Türbreiten", weiß Irmtraud Swoboda. "In den meisten Altbauten haben wir 85 Zentimeter Durchgangsbreite. Moderne Rollstühle passen da durch. Allerdings zahlen die Kassen diese speziellen Rollstühle nicht. Hausbesitzer müssen dann abwägen zwischen der Investition in den schmalen Rolli oder in die Verbreiterung der Türen."
Wer seine alte Küche herausreißt und durch eine rollstuhlgerechte Einrichtung ersetzt, der muss tief in die Tasche greifen. Deshalb gilt auch hier: "Wir prüfen erst, was wirklich gebraucht wird. Meist lässt sich die Küche nämlich von einem guten Schreiner zu vernünftigen Preisen anpassen."
Nicht nur in der Küche, sondern in allen Räumen müssen die Bewegungsflächen ausreichend groß bemessen sein. Zum Rangieren beispielsweise brauchen Rollstuhlfahrer rund 1,5 Meter mal 1,5 Meter freien Raum. Auch Senioren, die am Stock gehen, benötigen Platz. "Die Wege im Haus sollten einfach sein. Nicht nur Stufen, Schwellen und Teppichkanten bilden Barrieren, sondern auch Türen, die in die falsche Richtung aufschlagen, oder Kommoden und Sofas, die unglücklich platziert sind und die Bewohner ständig zum Ausweichen zwingen", weiß die Expertin und fügt hinzu: "Der gerade, ebene Weg ist immer der sicherste."
Treppen bilden Hindernisse. Treppenlifte und Aufzüge helfen, sie zu überwinden. Allerdings sind diese technischen Hilfsmittel teuer. "Mitunter ist es sinnvoller, dem Pflegebedürftigen einen barrierefreien Wohnraum im Erdgeschoss einzurichten, als einen Lift einzubauen", rät die Bausachverständige. Küche und Bad liegen in der Regel übereinander und lassen sich meist tauschen. So entsteht im Erdgeschoss ein zusammenhängender Pflegebereich.
VPB-Berater unterstützen Hausbesitzer aber nicht nur mit ihrer unabhängigen, individuellen Beratung, sondern auch durch die laufende Qualitätskontrolle bei den Umbauarbeiten. Außerdem helfen die Experten den Bauherren bei der Beantragung von KfW-Mitteln, die es als Zuschuss oder Darlehen gibt. Für die Auswahl technischer Hilfsmittel wie Rollstühle, Rollatoren oder Wannenlifter empfiehlt Irmtraud Swoboda Krankenkassen, Pflegedienste und Sanitätshäuser als erfahrene Ansprechpartner.