VPB-Experteninterview
Winterbaustelle: Rohbauten im Winter gut schützen!
VPB: Die Baustelle sicher über den Winter bringen!
BERLIN. Winterwetter setzt nicht nur Menschen zu, sondern auch Bauten, vor allem, wenn sie noch nicht fertig sind. Dann schneit es in ungeschützte Kellerabgänge und regnet in offene Mauerkronen. Dabei entstehen schnell teure Schäden. Baufirmen sind zwar auch im wohlverstandenen Eigeninteresse verpflichtet, die Baustelle im Winter abzusichern, aber nicht alle tun das auch, so die Erfahrung des Verbands Privater Bauherren (VPB). Zwischen Vertrag und Wirklichkeit klaffen hier oft Welten. Wenn Firmen in finanziellen Schwierigkeiten stecken oder zu viel zu tun und nicht genügend Mitarbeiter haben, dann verlassen sie oft die Baustelle und kümmern sich nicht mehr so, wie sie es eigentlich tun sollten.
Bauherren sollten sich deshalb im Winter nicht allein auf die Sorgfalt ihrer Baufirmen verlassen, sondern regelmäßig prüfen, ob ihr Rohbau ausreichend geschützt ist. Im Zweifel, so rät der VPB, hilft nur eines: Nicht zusehen, wie sich das eigene Haus in eine Bauruine verwandelt, sondern selbst Folien besorgen und die neuralgischen Punkte abdecken. Das lohnt sich, denn im Rohbau steckt bereits viel Eigenkapital der zukünftigen Bewohner.
Je nachdem, wie weit der Bau bereits gediehen ist, empfiehlt der VPB unterschiedliche Schutzmaßnahmen. Stehen Keller und das Erdgeschoss und das Dach fehlt noch, sollten die Bauherren zwei Dinge erledigen (sofern das die Baufirma nicht tut): zum einen den offenen Kellertreppenausschnitt schließen, zum anderen die Mauerkronen abdecken. Wenn Regen und Schmelzwasser in den Keller rinnen und dort wochenlang stehen, ist das später der beste Nährboden für Schimmel. Deshalb Keller trocken legen, Wasser und Schnee mit Eimern und Schaufeln entfernen und dann den Kellerabgang abdichten. Dazu eignen sich nach Erfahrung der VPB-Bausachverständigen Folien, die mit Dielen und Brettern beschwert und befestigt werden. Die Dielen sichern das offene Kellerloch auch, damit niemand abstürzt.
Regenwasser und Schnee dringen aber nicht nur über den Kellerausschnitt ein, sondern sickern auch durch Kellerschächte und Deckendurchbrüche, die die Rohbauer für Wasser- und Heizungsrohre ausgespart haben. Auch diese Löcher sollten an der ruhenden Baustelle alle sorgfältig verschlossen werden.
Unentbehrlich ist der Schutz der offenen Mauerkronen. Dringt dort über Wochen Wasser ein, laufen die Steine voll. Gefriert dann das Wasser im Stein, dehnt es sich aus und zerstört den Stein. Verhindern lässt sich das nur, wenn die Mauerkrone mit Folie sicher abgedeckt ist.
Wird das Haus bereits von einem Dach geschützt, sollten Bauherren prüfen, ob alle Dachluken und Fenster dicht sind. Falls nicht: Offene Fensterlöcher mit Folie sichern. Ist das Dach bereits gedeckt, sind meist auch schon Regenrinnen und Fallrohre montiert. In diesem Fall sollten die Bauherren schauen, wohin die Fallrohre entwässern. Auf gar keinen Fall darf das Wasser einfach neben der Hauswand ins Erdreich sickern. Wasser muss immer weg vom Haus. VPB-Experten empfehlen: Am unteren Ende des Fallrohres ein Kunststoffrohr aufstecken und das Regenwasser ins Gelände umleiten - möglichst weit vom Haus! Kunststoffrohre gibt es in passender Größe für wenige Euro im Baumarkt.
Achten sollten angehende Hausbesitzer auch auf die bereits verlegten Wasser- und Heizungsrohre im Haus. Sind sie gefüllt und die Heizung läuft noch nicht, drohen Frostschäden. Die werden richtig teuer, denn wenn Rohre platzen, müssen zur Reparatur in der Regel die Wände wieder aufgestemmt werden. VPB-Sachverständige raten deshalb: Entweder das Haus heizen oder die Wasserrohre wieder entleeren.
Geschützt werden muss auch Material, das auf der Baustelle lagert. Liegen Zementsäcke, Mauersteine, Holz oder Dämmstoffe wochenlang im Nassen, sind sie nicht mehr viel wert! Die VPB-Bausachverständigen raten auch zur Sicherung der Baustelle – gegen leichtsinnige Neugierige und kriminelle Langfinger. Ein solider Bauzaun mit Kette und Schloss hält ungebetene Gäste fern.
Auch wenn die Baustelle läuft und nicht verwaist liegt, ist Bauen im Winter eine besondere Herausforderung. Rund die Hälfte aller Neubauten ist heute von Schimmel betroffen, so hat der Verband Privater Bauherren (VPB) in internen Untersuchungen festgestellt. Als Hauptursache dafür sieht der VPB die zunehmenden Winterbaustellen, die außerdem nicht ordentlich betreut werden. Früher wurde im Winter überhaupt nicht gebaut. 1886 etwa war das Bauen im Winter – beispielsweise – in Leipzig sogar baupolizeilich verboten! Heute ist das unvorstellbar: Bauunternehmer wollen möglichst das ganze Jahr arbeiten, Schlüsselfertiganbieter müssen Zeitpläne erfüllen, Bauherren drängen auf schnellen Einzug, egal, wie das Wetter ist.
Hinzu kommen neue Baustoffe, die das Bauen im Winter erlauben. Aber das wiegt Handwerker wie Bauherren nach VPB-Erfahrung in falscher Sicherheit. Zwar sind moderne Baumaterialien – beispielsweise – bis plus 5 Grad einsatzfähig, aber dieses Limit markiert die Mindesttemperatur. Wenn es tagsüber fünf Grad warm ist, dann kann es trotzdem nachts frieren und damit die nötige Aushärtungszeit viel zu früh unterbrechen. Der Schaden lässt dann nicht lange auf sich warten. Nach VPB-Erfahrung werden solche wichtigen Herstellerhinweise aber nicht ausreichend beachtet.
Das Hauptproblem auf Winterbaustellen ist die Feuchtigkeit. Eine Baustelle muss trocknen können. Wenn Estrich aufgebracht oder die Innenwände verputzt werden, dann entsteht im Haus viel Feuchtigkeit. Die muss raus. Das geht nur durch konsequentes Heizen und Lüften. Weil aber die meisten Häuser in dieser Bauphase noch gar keine funktionierende Heizung haben, wird elektrisch geheizt - oder, weil das relativ teuer ist, aufs Heizen ganz verzichtet. Das ist falsch und führt zu Schäden.
Ein spezielles Problem beobachten VPB-Experten immer wieder im Winter: Im Erdgeschoss und im ersten Stock wird verputzt und geheizt, während die Luke zum noch nicht ausgebauten und ungedämmten Dachgeschoss sperrangelweit offen steht. Das ist bauphysikalisch fatal, warnen Fachleute, denn die Feuchtigkeit aus dem unteren Bereich zieht wie in einem Kamin nach oben und schlägt sich dort an den kühlen Dachsparren nieder. Diese Feuchtigkeit führt fast immer zu Schimmelbefall, der später teuer saniert werden muss. Im schlimmsten Fall müssen Balken sogar ausgetauscht werden. Das Problem ließe sich vermeiden, wenn das Treppenloch zum unausgebauten Dach vor dem Ausbau geschlossen würde. Damit wären kühler und beheizter Bereich baulich getrennt. Die Feuchte aus Putz und Estrich könnte nicht ins Dach ziehen, sondern über die Fenster entlüftet werden.
Wer im Winter baut, muss also besonders sorgfältig arbeiten und die Baustelle schützen. Gut machen das die Schweizer: Sie schützen offene Bauten mit festen Notdächern. Deutsche Bauherren, so rät der VPB, sollten das auch erwägen. Bauphysikalisch wäre es ohnehin am besten, auf Winterbaustellen ganz zu verzichten. Und wenn sich das nicht machen lässt, dann muss der Bau zumindest gut geheizt und richtig belüftet werden.