VPB-Experteninterview
VPB fordert neues Bauvertragsrecht noch in dieser Legislaturperiode
BERLIN. Der Verband Privater Bauherren (VPB) begrüßt den heutigen (10. Juni 2016) Entschluss des Bundestags, das neue Bauvertragsrecht nicht länger aufzuschieben, sondern zügig umzusetzen. "Wir brauchen das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode, weil es für wichtige Probleme der privaten Bauherren endlich eine Lösung bereithält", erklärt VPB-Hauptgeschäftsführerin Corinna Merzyn.
Der Entwurf für das neue Bauvertragsrecht enthält elementare Verbesserungen für private Bauherren. Aktuell haben 97 Prozent aller Verbraucherverträge am Bau zum Teil eklatante Mängel. Mit dem Gesetz könnten sich drei zentrale Punkte verbessern, die der VPB schon lange fordert:
Die Bauunternehmer wären verpflichtet, wenigstens die wichtigsten Eckpunkte des Schlüsselfertigbauprojekts zu beschreiben. Sie müssten den Bauherren verbindliche Angaben zur Bauzeit machen, damit diese wissen, wann sie ihre alte Wohnung kündigen können. Und die Schlüsselfertigbauer müssten, sofern die Bauherren keinen Architekten beauftragt haben, die für den Bau des Hauses nötigen Pläne und Berechnungen den Bauherren übergeben, damit diese sie prüfen lassen können und notfalls auch nachweisen können, dass ihr Haus den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
"Diese Vorgaben sichern lediglich die berechtigten Informationsansprüche von Eigenheim-Bauherren ab", erläutert Corinna Merzyn. "Sie sind die Voraussetzung für das Wahrnehmen der verantwortungsvollen Aufgabe als Bauherren, die damit nicht nur einen großen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot leisten, sondern auch ihre Altersvorsorge mit dieser Investition in die Hand nehmen. Die Informationen ermöglichen damit den objektiven Vergleich von Preisen und Leistungen verschiedener Anbieter und fördern damit den qualitativen statt nur den ruinösen preislichen Wettbewerb. Und sie ermöglichen den Bauherren die verlässliche Planung ihres Bauvorhabens."
Bislang haben Bauherren und Käufer von schlüsselfertigen Häusern oder Eigentumswohnungen beispielsweise keinen rechtlichen Anspruch, die Planunterlagen einzusehen, nach denen ihr Haus entsteht. Und das, obwohl sie die Auftraggeber sind und letzten Endes für die Rechtmäßigkeit des Bauwerks haften. Elementare Dinge, wie die Statik oder der Wärmeschutznachweis können nach derzeitigem Stand von den Bauherren gar nicht geprüft werden. "Das ist untragbar, das muss sich jetzt bald ändern", fordert Corinna Merzyn.
Der VPB setzt sich außerdem für eine detailliertere gesetzliche Regelung auch für Bauträgerverträge ein. "Das Bauträgerrecht ist in diesem Gesetzesentwurf nur ansatzweise berücksichtigt und muss noch gesondert angegangen werden. Erwerber von Bauträgerobjekten sind in der Regel auf Gedeih und Verderb an den Bauträger gebunden. Wird er insolvent, sind die bereits bezahlten Gelder soweit verloren, wie der Wert der Bauruine hinter den Zahlungen zurückbleibt", erläutert Corinna Merzyn. "Das ist absolut inakzeptabel, gerade in den Großstädten. Dort entstehen vor allem Eigentumswohnungen und in einer WEG ist eine Bauträgerinsolvenz der Super-GAU! Bis der Insolvenzverwalter bestellt ist und entschieden hat, dass er nicht weiterbaut, bis die Bauträgerbank die Ruine freigibt, bis das Eigentum umgeschrieben ist, verfällt der ungeschützte Bau. Und dann müssen alle Käufer – übrigens zusammen mit dem Insolvenzverwalter, der die unverkauften Einheiten hat – zusammen überlegen, wie es weitergeht, und ob ihr Geld dafür noch reicht, das durch weiterlaufende Mieten und Raten aufgezehrt wurde. Es wird Zeit, dass auch hier die Interessen der privaten Bauherren geschützt werden."
Private Bauherren sind keine Randgruppe, sondern die Mehrheit: Sie stellen 77 Prozent der Wohnungen in Deutschland zur Verfügung; 37 Prozent als Mietwohnungen, 40 Prozent als private, selbstgenutzte Immobilien. Lediglich 23 Prozent des Wohnungsbestandes gehört professionellen Anbietern. Allein 2012 finanzierten private Bauherren 56 Prozent aller Neubauwohnungen (Statistisches Bundesamt 2012).