VPB-Experteninterview
VPB: Hausbesitzer sollten Immobilie vor der Rente prüfen lassen
BERLIN. Das eigene Haus gilt als die ideale Altersvorsorge. "Das trifft zu, vorausgesetzt, die Besitzer haben es bei Renteneintritt abbezahlt, das Haus ist in gutem Zustand, und sie können sich die laufende Unterhaltung auf Dauer finanziell leisten", weiß Dipl.-Ing. Andreas Holtfrerich vom Verband Privater Bauherren (VPB). "Die meisten Hausbesitzer unterschätzen allerdings die Kosten für den laufenden Unterhalt der Immobilie." Darunter fallen nicht nur kommunale Abgaben und Verbrauchskosten, sondern der ganz normale Verschleiß am Haus.
Der Leiter des VPB-Büros in Münster begutachtet regelmäßig Altbauten; meistens, wenn junge Käufer sich für ein solches Haus interessieren und wissen möchten, was an Sanierungskosten auf sie zukommt. Käufer müssen in der Regel nicht nur modernisieren, sondern auch bestimmte Nachrüstpflichten erfüllen. Wer dagegen schon seit Jahrzehnten in seinem Haus lebt, der ist in der Regel mit der Aufteilung und Ausstattung zufrieden. Teure Nachrüstpflichten betreffen ihn als Altbesitzer ebenfalls nicht.
"Die meisten Häuser sind bei Eintritt der Besitzer in den Ruhestand auch 30 oder 40 Jahre alt", gibt Bausachverständiger Holtfrerich zu bedenken. Je nachdem, wie gut die Besitzer die Immobilie in Schuss gehalten haben, und ob sie zwischenzeitlich sogar modernisiert haben, kommen mehr oder weniger hohe Unterhaltskosten auf die Rentner zu. "Im Idealfall beauftragen uns die Hausbesitzer mit der großen Inspektion zwei oder drei Jahre vor dem eigentlichen Ruhestand. Stehen dann größere Investitionen an, können sie noch aus dem laufenden Einkommen bezahlt werden, das ja deutlich über der späteren Rente liegt", empfiehlt Andreas Holtfrerich. So berät er Hausbesitzer unter anderem auch zum Abbau von Barrieren und zum Einbau von Sicherheitstechnik; beides wird aktuell von der KfW gefördert. Er kann auch beurteilen, ob die Immobilie an ihrem Standort voraussichtlich an Wert gewinnt oder verliert. Auch das ist ein wichtiger Aspekt, wenn die Entscheidung ansteht: modernisieren, eventuell für die Erben, oder lieber rechtzeitig verkaufen und den Erlös in ein anderes Objekt investieren.
Bei der Kontrolle prüft der Experte den Zustand des Hauses innen und außen. Er untersucht Putz, Anstrich und eventuell vorhandene Wärmedämmung auf Schäden. Der Bausachverständige prüft auch die Dacheindeckung und Dachüberstände. Dachüberstände mit Holzverkleidung sollten auf der Wetterseite alle vier bis acht Jahre frisch gestrichen werden. Dachsteine halten 60 bis 80 Jahre. Entscheidend ist, ob sie richtig sitzen. "Kaum jemand achtet auf den Schornstein", weiß Bauherrenberater Holtfrerich. "Dabei ist der Witterung und thermischer Belastung ausgesetzt. Schornsteinköpfe halten deshalb oft nur rund 30 Jahre." Auch Regenrinnen und Fallrohre haben erfahrungsgemäß nur eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren."
Nichts altert aber so schnell, wie die Haustechnik, weiß der Experte. Im Schnitt hält Haustechnik 15 Jahre. Der Sachverständige schaut besonders auf die Heizung: Wie lange wird sie es noch machen? Muss alles raus, oder lassen sich Einzelteile modernisieren, wie etwa die Pumpe oder der Brenner? Lässt sich die Heizung auf regenerative Brennstoffe umstellen? Kann die Warmwassergewinnung im Sommer über eine Wärmepumpe oder eine Solaranlage laufen, damit die Heizung nicht ganzjährig laufen muss? Der Check lohnt auch bei den Heizungs- und Wasserrohren. Je nach Qualität des Wassers haben sie unter Umständen nur eine begrenzte Lebensdauer.
"Die Hauselektrik von 1970 oder 1980 ist heute grundsätzlich überholt. Wir haben heute viel mehr Geräte in Gebrauch", beobachtet Sachverständiger Holtfrerich. "Viele Hausbesitzer haben sich schleichend angepasst und einfach überall Mehrfachstecker installiert. Das ist auf Dauer keine sichere Lösung und sollte geändert werden. Dazu muss auch nicht gleich das ganze Haus neu verkabelt werden." Neue Leitungen bringen auch Vorteile, etwa bei der Steuerung der Haustechnik.
Neben der Heiztechnik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kein Bauteil im Einfamilienhaus so radikal verändert, wie das Fenster. Zehn Jahre Entwicklung gelten unter Experten als Quantensprung in der Fenstertechnik. Natürlich wirft niemand seine Fenster alle zehn Jahre raus, aber der Einstieg in die Rente ist eine gute Gelegenheit, Fenster und Außentüren auf Vordermann zu bringen. Damit wird auch die Sicherheitstechnik angepasst, zumal auch die heutigen Mehrfachverglasungen nur eine Lebensdauer von rund 25 Jahren haben. Experten empfehlen außerdem, die Beschläge der Fenster jährlich zu schmieren und alle zwei bis drei Jahre vom Fensterbauer kontrollieren zu lassen.
Beim Kontrollgang durchs Haus inspiziert der Experte auch alle sichtbaren und zugänglichen Holzteile auf Schädlingsbefall. Nicht, dass sich da unbemerkt über die Jahre etwas eingenistet hat. Bei der Überprüfung fallen auch feuchte Stellen auf, an die sich Besitzer längst gewöhnt haben, die aber doch besser beseitigt würden. "Der Eintritt ins Rentenalter ist eine gute Gelegenheit, die eigene Immobilie noch einmal in Schuss zu bringen. Wer sie über Jahre regelmäßig gewartet hat und alle Reparaturen immer erledigen ließ, der muss auch keinen Sanierungsstau befürchten", erklärt Andreas Holtfrerich. "Wer allerdings in Zukunft mit hohen Reparaturkosten rechnen muss, der sollte genau abwägen, ob er nicht lieber verkauft und noch einmal umzieht. Denn das Haus gibt zwar Sicherheit im Alter, aber es kostet auch Geld. Der VPB empfiehlt Rücklagen von einem Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat. Das sind bei einem 160-Quadratmeterhaus 1.920 Euro im Jahr. Das langt, aber nur, wenn zum Stichtag x die Immobilie wirklich in Schuss ist.