VPB-Experteninterview
VPB-Ombudsmann hilft bei vertraglichen Problemen
BERLIN. Bauen ist komplex. Deshalb gibt es beim Bauen auch Streit - mit Behörden, Planern, Baufirmen, Nachbarn. Und weil Streiten immer Zeit und Geld kostet, lohnt es sich, Streit zu vermeiden - das zumindest empfehlen die Sachverständigen des Verbands Privater Bauherren (VPB), die täglich mit Ärger und Missverständnissen auf der Baustelle zu tun haben.
"Viele Streitigkeiten lassen sich vermeiden, wenn die am Bau Beteiligten rechtzeitig und in Ruhe miteinander sprechen", gibt Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des VPB zu bedenken. "Aber Gesprächsbedarf und Kommunikationsbereitschaft sind gerade bei Laien und Profis individuell sehr unterschiedlich. Missverständnisse sind deshalb an der Tagesordnung."
Damit diese nicht eskalieren und in zeitraubenden, teuren Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang enden, bietet der Verband Privater Bauherren und der Immobilienverband Deutschland (IVD) seit Anfang Februar dieses Jahres den "Ombudsmann Immobilien IVD/VPB – Grunderwerb und -verwaltung" an. Dabei handelt es sich um eine Schlichtungsstelle speziell für Verbraucher. Sie ist vom Bundesamt für Justiz anerkannt und kann von allen privaten Bauherren kostenlos angerufen werden.
"Sinnvoll ist die Schlichtung immer dann, wenn die Kommunikation zwischen Bauherren und Auftragnehmern stockt", erläutert Corinna Merzyn. Das passiert oft, wenn beide die Verträge unterschiedlich interpretieren. Klassische Probleme sind Fragen zum Zahlungsplan, Terminvereinbarungen, ungenaue Leistungsbeschreibungen, fehlende Berechnungen und Nachträge. Gerade in solchen Fällen ist der Ombudsmann sehr hilfreich, denn er kann vertragliche Fragen klären und juristische Sachverhalte erläutern.
Nicht klären kann der Ombudsmann bautechnische Fragen. Und er kommt nicht auf die Baustelle, um zum Beispiel Mängel zu begutachten. "Das sind die klassischen Aufgaben der freien Architekten", erläutert Corinna Merzyn. "Weil heute aber neun von zehn Bauherren schlüsselfertig bauen, haben sie gar keinen eigenen Architekten mehr. In solchen Fällen kontrolliert sich der Bauunternehmer dann selbst, was nach Erfahrung der VPB-Berater nicht gut geht. Schlechte Handwerksarbeit und Mängel sind die regelmäßigen Folgen, die unsere Berater täglich auf den Baustellen sehen."
Der VPB empfiehlt deshalb seit über 40 Jahren die laufende Bau- und Qualitätskontrolle durch einen unabhängigen Sachverständigen. Ein solcher Experte übernimmt neben der bautechnischen Vertragskontrolle auch die laufende Qualitätskontrolle auf der Baustelle. "Das Problem dabei ist, einen seriösen, erfahrenen Experten zu finden, der wirklich unabhängig agiert und nicht von den Baufirmen finanziert wird. Gerade letzteres ist eine jüngere Entwicklung, der viele Bauherren arglos aufsitzen: Ihre Baufirmen empfehlen ihnen, Experten zur Baukontrolle hinzuzuziehen. Und weil die Bauherren schon einmal irgendwo gehört haben, das sei sinnvoll, willigen sie ein", erläutert Corinna Merzyn, gibt aber gleichzeitig zu Bedenken: "Was die Bauherren nicht mehr hinterfragen, ist dann die Verbindung zwischen Baufirma und Berater."
Aber wie finden Bauherren unabhängige Berater? "Zunächst einmal sollten sie ihre Berater unbedingt selbst aussuchen, selbst beauftragen und natürlich auch selbst bezahlen", rät die VPB-Geschäftsführerin. Seriöse Bausachverständige beraten individuell, persönlich und vor Ort. Sie beurteilen ein Bauwerk nicht nach Checklisten oder vom Schreibtisch aus. Sie arbeiten strikt firmen- und produktneutral, sind wirtschaftlich unabhängig von Lieferanten, Unternehmern, Architekten, Fachplanern, Baufinanzberatern oder Maklern. Bei der Klärung, wie unabhängig ein Experte wirklich ist, hilft der Blick in die Statuten der Vereine, bei denen er Mitglied ist. Ein guter Bausachverständiger weist stets auch auf mögliche Interessenkonflikte hin. Er nimmt keine Provisionen an, sein Honorar richtet sich immer nach dem Aufwand. Die Bauherren zahlen für den Sachverstand des Experten – der im Übrigen haftpflichtversichert ist, falls er sich doch einmal irrt.
"Bauherren sollten grundsätzlich misstrauisch sein", rät Corinna Merzyn: "Beim Bauen gibt es nichts umsonst. Gratis-Beratungen sind immer Verkaufsgespräche. Empfehlungen einer Baufirma dienen in allererster Linie der Firma und nicht den Bauherren."