VPB-Sommerserie 2016 || Rund um die Eigentumswohnung VPB rät: Eigentumswohnungen nicht unbesehen kaufen!

BERLIN. "Die Lage, die Lage, die Lage ..." so definierten Makler jahrzehntelang den Wert einer Immobilie. Stimmt die Lage, steigt angeblich der Wert des Wohneigentums quasi von selbst. Das stimmt natürlich nur bedingt. So ist auch in den boomenden Cities längst nicht jede teure Immobilie automatisch eine sichere Wertanlage. "Wer eine Eigentumswohnung kauft, der sollte sich vorher unbedingt in dem Quartier genauer umschauen", empfiehlt Dipl.-Ing. Sandra Queißer vom Verband Privater Bauherren (VPB). Die Leiterin des Berliner VPB-Büros beobachtet seit längerem den Trend zum schnellen Kauf. "Vor allem private Investoren von auswärts, die vermieten und gar nicht selbst einziehen möchten, verlassen sich oft auf Prospekte und kaufen teilweise teure Objekte in schlechten Lagen." Jeder Bezirk ist anders und bei großen Bezirken kommt es oft darauf an, wo die neue Anlage entsteht. Das ist in Berlin, wie in allen angesagten Großstädten. "Ein hoher Preis in schlechter Lage bringt aber keine Rendite."

Auch wer seinen Wohnsitz verlegt, etwa weil der neue Arbeitsplatz in der Großstadt liegt, sollte sich wappnen: "Im Augenblick haben es Käufer schwer. Der Andrang ist so groß, die Bauträger können sich ihre Kunden aussuchen", beobachtet Sandra Queißer. "Entsprechend gering ist die Neigung der Anbieter, auf Sonderwünsche einzugehen." Das schlägt sich im Vertrag nieder wie auch im Umgang mit den Bauherren. "Die Käufer können eine Wohnung nur kurze Zeit reservieren, dann müssen sie sich entscheiden, ob sie kaufen oder nicht."

Mindestens 14 Tage haben aber alle Zeit. Das ist nämlich die gesetzlich vorgeschriebene Frist, in der der Notar den Käufern die Bauunterlagen vor der Protokollierung zur Verfügung stellen muss. Zeit genug also, um den Bauvertrag vom unabhängigen Experten prüfen zu lassen. Danach weiß der Käufer, was beispielsweise in Sachen Ausstattung, Sicherheiten oder Zahlungsmodalitäten auf ihn zukommt. Allerdings bleiben auch dann häufig noch wichtige Fragen offen, wie zum Beispiel der Fertigstellungstermin. Der wird zwar in der Regel im Vertrag explizit genannt, aber oft weit hinausgeschoben oder durch komplexe, schwammige Fristverlängerungsregelungen wieder aufgeweicht. "Mit rund einem halben Jahr Bauzeitverzögerungen müssen Bauherren in Berlin aktuell kalkulieren", moniert die Fachfrau. "Dabei sind verlässliche Einzugstermine wichtig, gerade etwa für Bauherren, die des Jobs wegen in die Hauptstadt kommen und nicht monatelang teuer im Hotel logieren können."

Unterschätzt werden von den meisten Bauherren auch die Probleme beim Gemeinschaftseigentum, für das alle zusammen haften. Viele kümmern sich zwar um ihr Sondereigentum, widmen aber Statik, Haustechnik, Tiefgarage, Entwässerung, Dach oder Abdichtung weiter keine Aufmerksamkeit. "Ideal wäre es, wenn sich die Käufer zusammenschließen und ihre Interessen gegenüber dem Bauträger als Gruppe vertreten würden", empfiehlt Sandra Queißer. Außerdem können sie die Kosten für die laufende Bau- und Qualitätskontrolle gemeinsam übernehmen.

"Allerdings ist es gar nicht so einfach, die Mitstreiter zu finden", weiß VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag", "denn noch existiert die Eigentümergemeinschaft formal ja gar nicht." Keiner weiß, wer in Zukunft dazugehören wird, wer schon einen Kaufvertrag unterzeichnet hat oder sogar bereits mit einem Auflassungsvermerk im Grundbuch steht. Der Bauträger gibt die Adressen natürlich auch nicht heraus und beruft sich dabei auf den Datenschutz. Da bleibt Bauherren nach VPB-Erfahrung oft nur die Möglichkeit, sich am Wochenende am Bauzaun umzusehen und andere Neugierige anzusprechen, ob sie vielleicht zukünftige Mitbewohner sind.

"Erst nach Fertigstellung der Immobilie und der Eintragung aller Wohnungskäufer ins Grundbuch ist die Eigentümerversammlung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) perfekt." Das kann aber dauern, etwa, wenn es Streit um Mängel gibt, die Käufer deshalb die Schlussraten zurückhalten und der Bauträger daraufhin seine Zustimmung zur Eintragung der neuen Eigentümer ins Grundbuch versagt. "In dieser Übergangsphase sprechen die Gerichte von einer sogenannten werdenden Eigentümergemeinschaft", erläutert Holger Freitag. Zu jedem Zeitpunkt können und dürfen sich die angehenden Gemeinschaften als Interessensgruppe zusammenschließen und zum Beispiel - gemeinsam die Baukontrolle für das gesamte Objekt beauftragen. Nach Erfahrung von Sandra Queißer fangen oft einzelne Bauherren damit an, und das spricht sich dann herum.

Mehr zum Thema Eigentümergemeinschaften finden Interessierte unter
http://www.vpb.de/eigentuemergemeinschaften.php.