VPB-Experteninterview
VPB-Sommerserie 2016 || Rund um die Eigentumswohnung VPB: Spezielle Probleme vor allem bei kleinen Wohneigentumsanlagen - Ausstattung des Sondereigentums immer knapp kalkuliert
BERLIN. Wer eine Eigentumswohnung kauft, der kann am Gebäude in der Regel nichts gestalten. Lediglich an seinem Sondereigentum, sprich der eigenen Wohnung, darf er individuelle Wünsche verwirklichen. Allerdings sind die Einflussmöglichkeiten überschaubar. Und jedes Extra kostet grundsätzlich Geld, warnt der Verband Privater Bauherren (VPB). Das kann sich im Laufe der Bauzeit auf mehrere tausend Euro Zusatzkosten addieren.
Ein Kostenfaktor ist die Elektroplanung. Dipl.-Ing. Rainer Lohr, Bauherrenberater im VPB-Büro Stuttgart, schaut sich immer Küche und Wohnzimmer genauer an, um zu beurteilen, ob der Bauträger realistisch plant oder nicht. Oft sind in der Küche nur zwei Doppelsteckdosen vorgesehen. Das reicht aber nicht für die Vielzahl der modernen Geräte. Der Experte empfiehlt mindestens zwei Dreifachsteckdosen, eher mehr. Auch im Wohnzimmer sind zwei Doppelsteckdosen nicht ausreichend für heutige Licht- und Unterhaltungstechnik. Im Idealfall planen die Bauherren vorab die genaue Lage und Anzahl der Dosen. Zumindest sollten sie vor Vertragsabschluss zusätzlich 20 Steckdosen in den Vertrag hinein verhandeln, empfiehlt der Bausachverständige. Am Anfang ist das meist kein Problem. Später kostet jede zusätzliche Dose 40 bis 50 Euro extra.
Gestaltungsspielraum haben Bauherren bei der Auswahl von Sanitärobjekten, Fliesen und Bodenbelägen. Hier kalkulieren die meisten Bauträger nach VPB-Erfahrung aber viel zu niedrig. Zwanzig Euro pro Quadratmeter Fliesen sind die übliche Kalkulationsbasis, weiß Dipl.-Ing. Andreas Garscha, Leiter des Stuttgarter VPB-Büros. Das reicht aber allenfalls für ganz einfache Fliesen. Moderne Wandbeläge, wie sie sich die Menschen natürlich wünschen, kosten deutlich mehr. Wer bei der Fliesenauswahl mit dem Trend kauft, der legt also drauf. Wer sich mit dem Angebotenen begnügt, wohlwissend, dass sich die Mode ohnehin bald wieder ändert, der bleibt im Budget.
Problematisch und teuer wird es, wenn Bauherren während der Bauzeit ihre Wünsche ändern, etwa, weil sie ein anderes Parkett haben möchten. Grundsätzlich sind Änderungen möglich, räumt Rainer Lohr ein. Nimmt beispielsweise der Bauherr den vom Bauträger vorgesehenen Bodenbelag aus dem Vertragsentwurf heraus, weil er einen anderen legen möchte, so vergütet ihm der Bauunternehmer dafür einen bestimmten Satz. Allerdings müssen Bauherren ihre Extrawünsche immer vor der Vertragsunterzeichnung mit dem Bauträger vereinbaren und entsprechend schriftlich fixieren. Entscheiden sie sich erst nach Vertragsschluss für alternative Materialien oder andere Handwerker, können sie den Auftrag nur dann in Eigenregie vergeben, wenn sie den geschlossenen Vertrag teilkündigen. Aber der teilgekündigte Bauträger hat dann nicht nur Anspruch auf den Gewinn, den er mit der teilgekündigten Leistung gemacht hätte. Vor allem ist er für diese Arbeit dann nicht mehr verantwortlich! Das heißt er muss sich weder darum kümmern, ob die neue Firma ordentlich arbeitet, noch übernimmt er später die Gewährleistung für deren Gewerk. Mangelhafte oder verspätete Ausführung des neuen Auftragnehmers kann sogar zu Ersatzansprüchen des Bauträgers gegenüber den privaten Bauherren führen, wenn er dadurch bei der Bauausführung behindert wird.
Manche Bauherren unterschätzen das Problem und vergeben auch während der Bauzeit Aufträge in Eigenregie. Dem Bauträger kann das nur recht sein, denn für diese Dinge haftet er nicht. Der Ärger kommt meist hinterher. Rainer Lohr kennt eklatante Fälle. Beispielsweise, wenn sich Bodenfliesen lösen und die Bauherren dies beim selbst beauftragten Handwerker monieren. Der schiebt es auf den Estrich, für den der Bauträger zuständig ist. Der wiederum weist jede Schuld zurück und macht den Kleber des Handwerkers für den Mangel verantwortlich. Ähnliches widerfuhr Bauherren, die das im Schlüsselfertigpreis enthaltene Parkett nachträglich aus dem Baupaket herausnahmen und sich in eigener Regie einen Parkettleger suchten. Der legte zwar den gewünschten Boden, kümmerte sich aber nicht darum, ob er in der Höhe zum anschließenden Fliesenbelag passte. Für die Stolperschwelle zwischen den Belägen fühlte sich dann niemand verantwortlich.
In jedem Fall empfiehlt sich die laufende Baukontrolle durch den unabhängigen Experten, denn die Qualität lässt oft zu wünschen übrig. Gerade bei kleinen Anlagen mit drei bis zehn Wohnungen finden wir besonders viele Mängel, resümiert Andreas Garscha. Vor allem die Oberflächen haben Mängel - unebene Fliesen, schlechter Putz, wellige Tapeten und unsaubere Malerarbeiten sind verbreitet. Da sparen die Bauträger an der Qualität ihrer Subunternehmer. Das Stuttgarter VPB-Büro berät entsprechend viele kleine Eigentümergemeinschaften. Oft kommt einer mit Problemen und die anderen ziehen dann mit.Im Idealfall begleiten die Berater den gesamten Bau, von der Vertragskontrolle bis zur Abnahme.
Mehr zum Thema Eigentümergemeinschaften finden Interessierte unter http://www.vpb.de/eigentuemergemeinschaften.php.