VPB-Experteninterview
VPB: Sorgfältige Abdichtung des Neubaus hilft gegen Radon
BERLIN. Radon ist ein natürliches Gas, das beim Abbau von Radium im Erdreich entsteht. Auf seinem Weg nach oben dringt es durch undichte Bodenplatten in Häuser ein und reichert sich dort zu ungesunden Konzentrationen an: Radon wird heute für einen Teil der Lungenkrebserkrankungen in Deutschland verantwortlich gemacht. Das Bundesamt für Strahlenschutz geht von jährlich 1.900 Menschen aus, die an Lungenkrebs in Folge von Radon sterben. Radon ist damit der größte umweltbedingte Risikofaktor für Lungenkrebs und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden, rät der Verband Privater Bauherren (VPB).
Unter Experten ist die Gefahr bekannt. Laien, und das sind die meisten Bauherren, wissen selten, ob es sie betrifft. "Radon gibt es überall in Deutschland", erläutert Dr.-Ing. Hartmuth Brunzel, Bausachverständiger und Leiter des VPB-Büros Dresden. "Entscheidend ist jeweils die Konzentration und die ist in einigen Regionen besonders hoch." So zum Beispiel im Erzgebirge im südlichen Sachsen, ebenso im Bayerischen Wald, im Voralpenland und in der Region nördlich von München, des Weiteren im Thüringer Wald und im südlichen Schwarzwald. Erhöhte Radonkonzentrationen treten aber auch im hohen Norden auf, rund um Kiel und zur dänischen Grenze hin. Auch die Region zwischen Mainz und Trier ist unter Experten als Gebiet mit erhöhten Radonkonzentrationen bekannt.
"Verbindliche Richtwerte gibt es noch nicht", erläutert Dr. Brunzel. "Experten gingen bislang davon aus, dass Konzentrationen bis zu 200 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft im Neubau unproblematisch sind und etwa 400 Bq/m3 im Altbau." Demnächst sollen in Europa die Radonschutzregelungen in den nationalen Strahlenschutzvorschriften geregelt werden.
Dort, wo Radon eine Rolle spielt, wird es beim Bauen bereits entsprechend berücksichtigt. "Im Bereich Dresden beispielsweise sind Radongutachten in verschiedenen Baugebieten verbindlich vorgeschrieben. Das wird über den Bebauungsplan geregelt. Damit werden die Untersuchungen routinemäßig erledigt, die Bodenplatten oder Hauskeller entsprechend geplant. "Radon lässt sich bautechnisch relativ einfach beherrschen", erklärt Hartmuth Brunzel. "Wer einen wasserundurchlässigen Keller, also einen WU-Keller gemäß WU-Richtlinie, baut und diesen mit einer bituminösen Abdichtung nach DIN 18195 versieht, der schließt das Radon verlässlich aus. Das funktioniert genau bei Bodenplatten ohne Keller: WU-Bodenplatte plus bituminöse Abdichtung gleich Schutz vor Radon."
Klingt simpel, ist es aber nicht, weiß der VPB-Sachverständige. Manche Baufirmen halten die bituminöse Abdichtung für überflüssig und lassen sie einfach weg. Oder sie erklären, die Bauherren könnten durch Verzicht auf die angeblich überflüssige Abdichtung Geld sparen. Alles in allem handelt es sich dabei nur um etwa tausend Euro. "Aber der Verzicht auf die Bitumenabdichtung ist ungeschickt", warnt Hartmuth Brunzel, "denn ein WU-Keller ist lediglich wasserundurchlässig und nicht wasser- und gasdicht." Fehlt die Abdichtung, gelangt Radon ins Haus.
Ein weiteres Problem sieht der VPB-Sachverständige in den Durchdringungen für Rohre im Kellerboden. Auch diese müssen gasdicht angeschlossen werden. "Dabei kommt es entscheidend auf die handwerkliche Qualität an", beobachtet Bauherrenberater Brunzel. Sinnvoll sind Auffüllungen ums Gebäude mit nicht bindigem Material wie beispielsweise Sand und Kies. Radon kann dann vor der abgedichteten Außenwand nach oben entweichen. Allerdings sollten die Kellerwände keine Löcher haben, in die das Gas eindringen kann.
Für neue Probleme sorgen seit einigen Jahren moderne, kontrollierte Be- und Entlüftungsanlagen. "In automatisch belüfteten Räumen herrscht immer Unterdruck. Entsprechend wird schon durch kleine Lecks Luft von außen angesaugt. Kommen also undichte Keller und moderne Lüftungstechnik zusammen, zieht die Anlage das Radon quasi in die Wohnräume." Vermeiden lässt sich das nur durch sorgfältige Planung und ordentliche Bauausführung. Bauherren sollten deshalb sowohl die Baupläne als auch den Baufortschritt regelmäßig vom unabhängigen Sachverständigen kontrollieren lassen.