VPB-Experteninterview
VPB warnt vor Legionellen in Wärmepumpen
BERLIN. Wer etwas für die Umwelt tun möchte, der baut in seiner Immobilie eine Wärmepumpe ein, die Heiz- und Brauchwasser erwärmt. Was viele Bauherren nicht ahnen: Mit der Wärmepumpe holen sie sich unter Umständen Legionellen ins Haus. Dipl.-Ing. Thomas Weber, Sachverständiger beim Verband Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Büros Fulda, kennt das Problem von Mehrfamilienhäusern: "Dort müssen regelmäßig die Wasserleitungen auf Legionellen kontrolliert werden. Die Trinkwasserverordnung schreibt das in § 14 Abs. 3 Satz 2 vor. Häuser, in denen das Warmwasser mithilfe von Wärmepumpen bereitet wird, fallen dabei häufig durch. Grund dafür ist die zu niedrige Wassertemperatur. Gängige Wärmepumpen, mit den Arbeitsmedien R 407 C und R 404 A ohne Dampfeinspritzung (EVI-Zyklus), erzeugen teilweise nur Warmwasser zwischen 45 und 55 Grad Celsius." Das reicht zum Händewaschen und Duschen, aber nicht, um Legionellen im Leitungsnetz verlässlich abzutöten.
Legionellen sind Bakterien und verursachen die sogenannte Legionellose. Das ist eine meldepflichtige Infektionskrankheit, die unter anderem als Legionärskrankheit bekannt ist. Laut Robert Koch-Instituts erkrankten 2016 allein in Deutschland 992 Menschen an Legionellose, Tendenz steigend. Auslöser der lebensbedrohlichen Lungenentzündung ist mit Legionellen verkeimtes Wasser, das in Leitungsnetzen, Boilern oder Klimaanlagen lange steht und nicht regelmäßig erhitzt wird. Mindestens 60, besser 65 Grad Celsius sind nötig, um Legionellen abzutöten. Wird das Wasser aber nicht regelmäßig bis zur kritischen Marke aufgeheizt, entwickeln sich die Legionellen ungestört. Sie bilden in den Geräten einen Biofilm und vermehren sich darin. Gefährlich werden sie, sobald der Mensch sie zum Beispiel beim Duschen als Aerosol einatmet, also der Tröpfchennebel in die Lunge gelangt.
"Das Problem lässt sich lösen, wenn die Temperatur im Wasser erhöht wird", erläutert Thomas Weber. Dazu macht die DIN 1988 Teil 200 konkrete Vorgaben: Innerhalb von 30 Sekunden nach dem Öffnen des Wasserhahns muss das Wasser an der vom Zapfhahn am weitesten entfernten Stelle 55 Grad Celsius haben. "Bei den üblichen Wärmepumpen ist das ausgeschlossen." Abhilfe schafft beispielsweise ein zusätzlicher Elektroheizstab, der mit einem Widerstandsheizelement und Heizstrom das warme Trinkwasser auf die nötige Temperatur erhöht.
"Das ist allerdings energetisch kontraproduktiv und wirtschaftlich unsinnig", kritisiert Energieberater Weber, "denn das zusätzliche Aufheizen des Wassers mit Strom ist mit Abstand die teuerste Methode, um die Keime abzutöten. Strom kostet aktuell 20 bis 29 Cent pro Kilowattstunde. Eine Gastherme liefert die gleiche Energie für nur rund sechs Cent. Hinzu kommen die Anschaffungskosten: Die Wärmepumpe ist etwa dreimal so teuer wie die Gastherme."
Bauherren und sanierungswillige Altbaubesitzer sollten sich also genau überlegen, was sie einbauen wollen und sich gut beraten lassen. "Wer sich der Umwelt zuliebe für eine Wärmepumpe entscheidet, der sollte zumindest darauf achten, dass das Gerät die nötige Temperatur von 65 Grad Celsius im Wärmepumpenprozess gewinnt und nicht über einen zusätzlichen Elektroheizstab", rät Thomas Weber.
Legionellen können sich übrigens auch noch an anderen Stellen im Privathaushalt einnisten, etwa in feuchter Gartenerde, in Luftbefeuchtern, auch im Whirlpool, im Springbrunnen, sogar in Mundduschen und Inhalatoren. Aufpassen sollten auch Bauherren, die in ihren Neubau ziehen. Hat dort das Wasser schon länger in den Leitungen gestanden, können sich Legionellen angesiedelt haben. Dann hilft nur: Das Wasser erst mal kräftig durchheizen und beim Ablaufen lassen möglichst den entstehenden Tröpfchennebel nicht einatmen. Mediziner sind sich nach wie vor nicht ganz einig, ob auch Gesunde wirklich stark gefährdet sind, zumindest aber Personen mit geschwächtem Immunsystem wie Säuglinge und Ältere oder Kranke sollten hier keine Kompromisse eingehen. Keine Chancen haben Legionellen in allen Leitungsnetzen, in denen das Warmwasser regelmäßig auf 65 Grad Celsius aufgeheizt wird. Hausbesitzer sollten hier nicht am falschen Platz sparen, rät der VPB.